Um die Seine als Wettkampfstätte bei Olympia 2024 gibt es weiter große Diskussionen. Zwei Probleme könnten die Rennen im Freiwasserschwimmen dort verhindern.
Schwimm-Bundestrainer Bernd Berkhahn hält olympische Freiwasserrennen in der Seine derzeit nicht für möglich. "Die Kulisse ist toll. Da wollen wir alle schwimmen, das ist gar keine Frage. Aber die Bedingungen geben es gerade noch nicht her", sagte Berkhahn. Ein großes Problem ist aus seiner Sicht die Strömung. "Die Triathleten werden Probleme haben, zurückzukommen. Die Schwimmer werden es vielleicht schaffen, aber werden lange brauchen." Bei den Wettkämpfen schwimmen die Athleten zeitweise mit der Strömung und zeitweise gegen sie.
"Wenn es bei einem Meter pro Sekunde bleibt, haben wir eine schnelle Hin-Bahn und zurück möchte das eigentlich gar keiner sehen, weil es Steher-Rennen sind", sagte Berkhahn. "Das macht aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn, und das wird auch dem Sport nicht gerecht. Das finde ich halt schade."
Die Freiwasserrennen sind für den 8. und 9. August geplant. Sollten die Bedingungen in der Seine bis dahin nicht passen, könnte an die Wettkampfstätte der Ruderer ausgewichen werden.
Saving the Seine: Wie reinigt man eigentlich einen Fluss? 6:20
Auch die Verschmutzung des Flusses im Herzen von Paris ist ein Thema. "Scheinbar haben sie es jetzt so ein bisschen im Griff, dass die gröbste Verschmutzung rauskommt aus der Seine", sagte Berkhahn. "Aber da gab es halt auch Bilder die letzten Tage, wo dann Paletten durchschwammen und Äste. Heute Morgen war es ein Autoreifen. Das wird auch dem Anspruch eines Olympiarennens nicht gerecht."
Eine Prognose wagte der Coach von Freiwasser-Olympiasieger Florian Wellbrock nicht: "Ob sie das noch unter Kontrolle kriegen? Ich weiß es nicht."
Am Sonntagmorgen wurde das erste Training für den Triathlon-Schwimmwettbewerb kurzfristig abgesagt, wie das Olympia-Organisationskomitee und der Triathlon-Weltverband erklärten. Die Organisatoren begründeten dies mit der mangelhaften Wasserqualität. Nur das Lauf- und Radtraining auf der olympischen Strecke sollte stattfinden.
Lukas Märtens Gold Schwimmen 08:21
Die am Samstag durchgeführten Tests hätten nicht die vom Triathlon-Dachverband geforderten Garantien für eine ausreichende Sauberkeit des Wassers geliefert, um das Schwimmen erlauben zu können, hieß es. Grund seien die Regenfälle der vergangenen Tage in Paris. "Paris 2024 und World Triathlon bekräftigen, dass die Gesundheit der Athleten Priorität hat", teilten die Olympia-Macher mit.
Lange Zeit war in Paris darüber diskutiert worden, ob die Qualität des Wassers in der Seine wirklich gut genug ist, damit dort Wettkämpfe stattfinden können. 1,4 Milliarden Euro waren im Großraum Paris in den vergangenen Jahren in Kläranlagen und das Abwassersystem investiert worden, um die Wasserqualität zu verbessern. Verhindert wird nun unter anderem, dass bei Starkregen mit den Wassermassen auch Toilettenabwässer in den Fluss gelangen.
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hatte die Seine zum Angelpunkt der Pariser Olympia-Bewerbung gemacht: Mehrere Schwimmwettbewerbe sollen in dem mitten durch die Stadt fließenden Fluss ausgetragen werden, auf dem am Samstag die Eröffnungsfeier stattgefunden hatte. Mitte Juli schwamm Hidalgo selbst in der Seine, um zu demonstrieren, dass die Säuberung des Flusses gelungen sei.
Paris: Anne Hidalgo geht in der Seine schwimmen 17:02
Bei Kontrollen in den vergangenen Monaten ließ die Wasserqualität dennoch zu wünschen übrig. Dies begründete die Stadt mit der ungewöhnlichen feuchten Witterung und niedrigen Temperaturen. Denn bei höheren Temperaturen und einem niedrigeren Wasserstand der Seine würden Krankheitserreger dort schneller abgebaut.
Die Wettervorhersagen mit viel Sonne in den nächsten Tagen stimmen die Organisatoren derzeit noch optimistisch, die Wettbewerbe nicht verlegen zu müssen. Man sei zuversichtlich, dass die Grenzwerte bis zur ersten Triathlon-Entscheidung am Dienstag wieder unterschritten werden.