Seit rund zwei Wochen nehmen in NRW bei Rinder- und Schafbeständen Fälle von Blauzungenkrankheit rasant zu. Tierhalter müssen Verdachtsfälle melden.
In Nordrhein-Westfalen nehmen Fälle der Blauzungenkrankheit bei Rinder- und Schafbeständen rasant zu. Das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) sprach von einer explosionsartigen Ausbreitung mit anhaltend steigenden Fallzahlen in ganz NRW. Die Virus-Erkrankung bei Wiederkäuern werde über blutsaugende Mücken weitergegeben - und die feuchte und warme Witterung der vergangenen Wochen sei ideal für diese Gnitzen, sagte eine Sprecherin auf dpa-Anfrage.
Die erkrankten Tiere - vor allem die Schafe - zeigen Symptome wie Lahmheit, Fieber, gestörtes Allgemeinbefinden mit verminderter Futter- und Wasseraufnahme, Nasenausfluss, vermehrter Speichelfluss und Ödem- und Krustenbildung, insbesondere im Kopfbereich. Die Infektion könne zum Tod der Tiere führen, betonte das Lanuv. Für Menschen ist der Erreger nicht gefährlich. Der Name kommt daher, dass Zungen von erkrankten Schafen manchmal blau gefärbt sind. Experten empfehlen Impfungen gegen das Virus des Serotyps 3 (BTV-3).
Mehrere hundert Infektionen sind bestätigt
Laut Landesamt Lanuv sind im Jahr 2024 bisher 504 BTV3-Ausbrüche gemeldet worden. Und 27 Verdachtsfälle befinden sich derzeit noch in Abklärung. Von den Ausbrüchen entfallen 227 auf Rinderbestände, 267 auf Schafbestände - und auch zehn Ziegenbestände seien betroffen. Auch in den angrenzenden Niederlanden komme es zu erheblichen Zunahmen.
Die Stadt Bielefeld hatte am vergangenen Montag berichtet, dort sei man mit einem kleinen Schafbestand und einem größeren Milchviehbetrieb betroffen. Der Kreis Lippe hatte von vereinzelten Verdachtsfällen bei Schafen berichtet. Einen Ausbruch der Blauzungenkrankheit im Kreisgebiet halte man für möglich. Vor gut einer Woche hatte der Rhein-Sieg-Kreis im Umkreis von Bonn mehrere Fälle der Blauzungenkrankheit gemeldet. Am 12. Juli sei BTV-3 erstmals in einem Rinder- und Schafbestand nachgewiesen worden. Laut Lanuv kommen die Meldungen aus dem gesamten Land NRW.
Verdachtsfälle müssen gemeldet werden
Die Krankheit wird ausschließlich über Gnitzen übertragen. "Gnitzen können selbst mehrere Kilometer pro Tag fliegen und werden vom Wind weitergetragen", hieß es beim Lanuv. Bei feuchtem, warmem Klima könnten sich die Mücken erfolgreich vermehren. Und: "Ihre bei diesem Wetter optimalen Stoffwechselbedingungen sorgen zudem dafür, dass sich das Virus hervorragend in den Gnitzen vermehren kann."
Den Behörden sind Verdachtsfälle zu melden. Der Tierhalter muss bei einem Verdacht einen Hoftierarzt rufen, der Blutproben nimmt, um zu klären, ob es wirklich BTV3 ist oder eine andere Erkrankung. "Sobald die Blauzungenkrankheit nachgewiesen ist, wird die Sperrung des Betriebes aufgehoben. Grund der Sperrung ist es, abzuwarten, ob das Testergebnis möglicherweise eine von Tier zu Tier innerhalb der Herde übertragbare Erkrankung ergibt." Da die Blauzungenkrankheit ausschließlich von den Gnitzen übertragen werde, bringe eine Sperrung in diesem Fall nichts.
Dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zufolge war die Blauzungenkrankheit nach 2021 in Deutschland zunächst nicht mehr nachgewiesen worden. Bis Herbst 2023 galt Deutschland offiziell als frei von der Erkrankung. Nach einem Ausbruch in den Niederlanden mit über 1.000 Fällen hatte der Kreis Kleve aber dann im Oktober 2023 über den Befall eines Schafes am Niederrhein berichtet. Seitdem ist ganz NRW als betroffenes Gebiet - Sperrgebiet - ausgewiesen. Es gibt laut FLI auch Ausbrüche in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen.