"Deadpool & Wolverine" ist der mit Spannung erwartete nächste Film im Marvel-Filmuniversum – und schreibt Geschichte. Im launigen Interview sprechen die beiden Stars über besondere Herausforderungen beim Dreh, gewagte Vergleiche – und einen kritischen Moment. Wahnwitzige Wendungen, detailverliebte Easter Eggs, zahlreiche Überraschungen – und als Gipfel eine minutenlange Szene, die von einem Pop-Hit der Jahrtausendwende untermalt wird: Die 37 Minuten, die t-online vorab von "Deadpool & Wolverine", der am 24. Juli in den deutschen Kinos anläuft, sehen durfte, passten zum Thema rund um den letzten Trailer: "Das ist nicht der Film, den Ihr erwartet". Dabei sind die Erwartungen tatsächlich hoch: Nach zwei Produktionen von 2016 und 2018, die keine Verbindung zur "großen" Marvel-Filmreihe hatten, wird Deadpool, der maskierte, verrückte Superheld mit übermenschlichen Regenerationskräften, mitten in den Kanon des nun 34 Filme umspannenden Filmuniversums geworfen. Und das ist in vielerlei Hinsicht eine Zäsur. Denn der von Ryan Reynolds in den Comic-Adaptionen herausragend verkörperte Wade Wilson alias Deadpool spricht immer wieder direkt zum Publikum, flucht, zelebriert vulgäre und krude Bemerkungen fast schon und richtet in trauter Regelmäßigkeit grotesk überzeichnete Blutbäder an – unter den Bösewichten, selbstverständlich. All das, was im bisher jugendfreien "Marvel Cinematic Universe" um Iron Man, Captain America und Spider-Man tabu war. Und: An Reynolds‘ Seite feiert Hugh Jackman sein Comeback als Wolverine – die Figur, die der Australier nach insgesamt neun Filmauftritten und ihrem dramatischen Heldentod in "Logan" (2017) eigentlich nicht mehr spielen wollte. Die überraschende Ankündigung seiner Rückkehr in einem Social-Media-Clip von Reynolds vor einem Jahr sorgte für ekstatische Jubelstürme unter Fans. Es ist ein Zusammentreffen, das sich schon in den ersten beiden "Deadpool"-Filmen durch ständige Anspielungen des von Wolverine offenbar besessenen Helden anbahnte, perpetuiert auch über die Social-Media-Kanäle der engen Freunde Reynolds und Jackman, die dort regelmäßig kreativste Beleidigungen austauschen. Die Informationen zum Plot blieben vor Veröffentlichung vage: Deadpools Welt steht durch eine unbekannte Gefahr vor der Auslöschung. Über die Umwege des Multiversums, in dem theoretisch unendlich viele Universen mit unendlich vielen Versionen jedes einzelnen Lebewesens existieren, holt er sich die Hilfe eines Wolverine – der aber offenbar ein dunkles Geheimnis hat. t-online traf Reynolds und Jackman in Berlin zum Interview. Es entwickelte sich eine launige Unterhaltung über besondere Herausforderungen beim Dreh, gewagte Vergleiche – und einen kritischen Moment. t-online: Zuerst einmal muss ich sagen: Nach Sichtung der 37 Minuten verstehe ich, dass nicht noch mehr gezeigt wurde. Stichwort: Keine Spoiler. Ryan Reynolds (47): Ja, absolut. Das mussten wir so machen, uns blieb keine andere Wahl – wir haben noch so viele weitere Überraschungen eingebaut, dass wir nicht riskieren wollten, etwas im Vorfeld zu verraten. Ein Dienst an den Fans? Ryan Reynolds: Auf jeden Fall. Wir wollten einen Film machen, in dem unendlich viele kleine Details und Easter Eggs stecken. Ein dauerndes "Moment mal, war das nicht…?" – und schon geht es weiter. Details und Easter Eggs, die man vielleicht erst beim zweiten oder dritten Anschauen erkennt… Ryan Reynolds: Oder auch erst beim 19. Mal. Ich glaube, das war die empfohlene Dosis "Deadpool & Wolverine"… Ich kann Ihnen einen Namedrop nicht ersparen: Vergangenes Jahr durfte ich mit Michael Douglas zu "Ant-Man & The Wasp: Quantumania" sprechen… Ryan Reynolds: Das waren jetzt aber schon drei Namen! Ja gut… auf jeden Fall verglich er den Film mit einem Trip auf halluzinogenen Pilzen . Hugh Jackman (55): Hat er nicht wirklich… (lacht) Hat er. Und womit würden Sie nun "Deadpool & Wolverine" vergleichen? Ryan Reynolds: Sag nicht PCP, Hugh… Es muss ja nicht unbedingt ein Drogen-Vergleich sein… Ryan Reynolds: Billiges Crystal Meth von der nächsten Straßenecke. Oder wir bleiben beim Drogen-Vergleich… Hugh Jackman: Auch wenn ich nichts über Drogen weiß: Irgendetwas, das ein absolutes Hochgefühl erzeugt. Ecstasy wahrscheinlich. Und auch jetzt, auf unserer Tour für den Film, spüre ich dieses Hochgefühl. Ryan Reynolds: Er ist einfach auf einer ganzen Menge Zeug. Lassen Sie sich von seinem Saubermann-Image nicht täuschen. Und Sie? Ryan Reynolds: Für mich fühlt sich das alles wie ein Geschwür an. Mit ausgewachsenem Migräne-Anfall dazu. Denn – um einen Moment lang ernst zu werden - eines darf man nicht vergessen… Ja? Ryan Reynolds: Die Arbeit an den "Deadpool"-Filmen ist so schwer und herausfordernd. Es hat ja einen Grund, warum seit dem letzten Teil sechs Jahre vergangen sind. Mein ganzes Leben dreht sich dann nur noch um "Deadpool", das ist immer wieder eine unglaublich intensive Erfahrung. Aber soll ich Ihnen etwas sagen? Jede Sekunde davon war es wert – denn nicht nur waren diese Dreharbeiten die besten, die ich erleben durfte, es ist auch der beste Film geworden, den ich machen durfte. Weil Sie mit Freunden arbeiten konnten? Sie beide sprechen gerne über Ihre jahrelange, enge Freundschaft, im Film geht es auch um die Hassliebe zwischen Deadpool und Wolverine. Gab es im Rückblick auf die Dreharbeiten etwas, das Sie vom anderen noch nicht wussten? Ryan Reynolds: Puh, oh Gott, ja, wenn Sie wüssten… Etwas, das Sie überrascht hat? Ryan Reynolds: Was mir aufgefallen ist: Eigentlich müsste Hugh einen Credit als Co-Drehbuchautor bekommen. Wieso das? Ryan Reynolds: Er sieht alles mit dem Blick von jemandem, der nicht nur seit 25 Jahren Wolverine spielt, sondern auch noch auf so vielen anderen Gebieten Erfahrung hat. Es gibt nicht viele Filmstars, die neben einer so fordernden Rolle quasi nebenbei auch noch ganz andere Kunstwerke wie "Greatest Showman" schaffen können. Und er hat uns schon zu einem ganz frühen Zeitpunkt der Dreharbeiten auf Dinge im Skript hingewiesen, die uns wirklich neue Welten erschlossen haben. Auch, weil Sie selbst an einem Punkt waren, an dem Sie mit der Geschichte nicht vorankamen, wie Sie im Vorfeld erzählt haben? Ryan Reynolds: Genau. Shawn (Regisseur Shawn Levy, Anm. d. Red.) und ich waren schon dabei, zum gefühlt 55. Mal das Drehbuch umzuschreiben. Dann brachte Hugh seine Ideen mit ein: Hier eine Änderung, da eine Änderung – und plötzlich kam alles zusammen. Das war unglaublich. Aber ich muss auch noch etwas anderes sagen… Bitte. Ryan Reynolds: Diese Wut, die Hugh auf Knopfdruck ausdrücken kann, ist mit nichts zu vergleichen, das ich bisher erlebt habe. Und Sie haben zahlreiche Kampfszenen gegeneinander… Ryan Reynolds: Richtig, ich konnte das also aus der ersten Reihe mitanschauen. Und so etwas kannte ich bisher noch nicht. Als Schauspieler weißt du ja eigentlich: Keine Angst, alles ist gesichert, da passiert nichts, mein Drehpartner passt auf. Aber als Hugh in seiner ganzen Wucht auf mich zukam – da war ich mir sicher, dass ich absolut keine Chance habe, das irgendwie zu überleben. Ich dachte: Der bringt mich jetzt wirklich um. Ich hatte schon die Klarheit: Okay, das war es also. So gehe ich. Ganz offensichtlich haben Sie Ryan aber noch mal verschont. War diese "Wut auf Knopfdruck" auch ein Weg für Sie, wieder in die Rolle zu finden, von der Sie sich ja eigentlich bereits verabschiedet hatten? Hugh Jackman: Ja, insofern war das nicht neu für mich. Es hat mich dann beim Dreh auch nichts überrascht, ich würde eher sagen: Alles, was ich bereits über Ryan wusste, wurde noch mal auf ein neues, höheres Level gehoben. Sein Arbeitsethos, das nicht zu vergleichen ist mit irgendeinem anderen, das ich bisher gesehen habe. Für ein besonderes Arbeitsethos sind Sie beide bekannt, von der physischen Vorbereitung und dem Training für Ihre Charaktere als auch für den Umgang mit ihnen im Film… Hugh Jackman: Das ist noch ein Punkt: Sein Respekt vor den Figuren, die wir spielen. Ich hatte fast den Eindruck, dass er "Wolverine" mit noch größerer Vorsicht behandelt als ich selbst. Das war so inspirierend, und ich kann nicht in Worte fassen, was mir das bedeutet. Aber auch sein Humor, seine Großzügigkeit, die Art und Weise, wie er sich um alle am Set kümmert – ganz gleich, was gerade los war. Haben Sie ein Beispiel? Wenn er bemerkte, dass jemanden etwas beschäftigt, nahm er sich sofort die Zeit für ein intimes Gespräch und widmete seine ganze Aufmerksamkeit dieser Person. Das war einfach wunderbar. Ich habe Ryan schon immer geliebt, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn sogar noch mehr lieben könnte. Ryan Reynolds: Das wird übrigens auch meine Grabrede. Das passende Schlusswort. Ich bin übrigens ein wenig stolz auf mich selbst, der Versuchung widerstanden zu haben, Ihnen Fragen zu Wrexham (walisischer Fußballklub, Reynolds ist Co-Eigentümer, Anm. d. Red.) und Norwich City (Jackmans Lieblingsverein, Anm. d. Red.) zu stellen. Ryan Reynolds: Gott sei Dank. Ich hasse Norwich. Hugh Jackman: Äh…