Mit einer "Wachstumsinitiative" will die Bundesregierung die Konjunktur ankurbeln. Wirtschaftsverbände aber sind skeptisch. Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft halten das geplante Wachstumspaket der Bundesregierung für nicht ausreichend. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Viele Ideen der Bundesregierung gehen in die richtige Richtung, aber im Ergebnis ist das alles viel zu wenig. Es sind Reförmchen. Dafür aber ist die Lage zu ernst." Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte der dpa: "In kleinen Schritten geht etwas voran. Das ist besser, als wenn nichts passiert, aber es wäre noch entschlosseneres Handeln notwendig." Regierung erwartet Konjunkturimpulse Für dieses Jahr wird nur ein Mini-Wachstum in Deutschland erwartet. Die Bundesregierung will mit einer "Wachstumsinitiative" gegensteuern. Geplant sind zum Beispiel Verbesserungen bei Abschreibungen von Investitionen und bei der Forschungszulage. Außerdem will die Ampel Bürokratie abbauen und energieintensive Firmen bei den Strompreisen entlasten. Arbeitnehmer sollen Anreize bekommen, mehr und länger zu arbeiten. Geplant sind insgesamt 49 Maßnahmen, dazu soll es bis Ende des Jahres verschiedene Gesetzesänderungen geben. Das Wachstumspaket könnte nach Einschätzung der Regierung im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von mehr als einem halben Prozent führen. Industrie: Vorsichtig bei Ankündigungen "Erfreulich ist, dass die Bundesregierung offensichtlich einvernehmlich dringenden Handlungsbedarf erkennt und nicht mehr erwartet, dass sich Wachstum von selbst einstellt", sagte Russwurm als Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie. "Die Wachstumsinitiative adressiert eine ganze Reihe von Punkten, die wir seit langem fordern. Das ist das Positive. Offen bleibt, wann aus dieser Wachstumsinitiative am Ende ein Gesetz wird. Die Erfahrungen mit dem Wachstumschancengesetz, das nach sechs Monaten Befassung auf allen Ebenen ein Gesetzchen geworden ist, lassen uns bei Ankündigungen zunächst noch vorsichtig sein." Das Wachstumschancengesetz der Bundesregierung mit Entlastungen für Firmen war nach einem Vermittlungsverfahren von Bundesrat und Bundestag im Frühjahr vom Volumen her deutlich geringer ausgefallen als geplant. Industrie für dauerhafte Verbesserungen Russwurm nannte geplante verlängerte Abschreibungsmöglichkeiten bis Ende 2028 besser als nur bis Ende 2024. Mit Blick auf ein höheres Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft aber wäre es wünschenswert, dass solche Abschreibungsregeln dauerhaft festgelegt werden. "Dasselbe gilt für die Forschungszulage, die dauerhaft auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau ausgeweitet werden muss." Es sei eher ein Konjunkturpaket als eine strukturell wirksame Initiative für mehr dauerhaftes Wachstum. "Auch ein Konjunkturpaket ist etwas Gutes, aber ob damit das Trendwachstum von den sehr derzeit geringen 0,5 Prozent signifikant steigt, muss sich erst noch zeigen." Dulger: Unsicherheit bei Unternehmen "Wenn Vertrauen mal beschädigt ist, ist es ganz schwer, es wieder zurückzugewinnen", sagte Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. "Das geht nicht mit einem Mini-Paket. Wir werden 10 oder 20 Pakete brauchen, um diesen Standort wieder in Schwung zu bekommen." Die Verantwortlichen müssten die Wettbewerbsfähigkeit zum Zentrum ihres politischen Denkens und Handelns machen. Erst dann werde die Wirtschaft wieder Vertrauen schöpfen. "Die Bundesregierung muss uns etwas liefern, mit dem wir in die Betriebe gehen und sagen können: Da schaut, das bringt uns jetzt alle voran, das hat uns echt was genützt." Dulger sagte mit Blick auf mehr Wettbewerbsfähigkeit: "Dazu gehören bezahlbarer Strom für alle, dazu gehört bezahlbarer Wohnraum für alle, dazu gehört mehr Netto vom Brutto für alle. Und Erleichterungen für die Betriebe und Beschäftigten, was die Bürokratie angeht. Dazu gehört, dass wir verstehen, dass Digitalisierung eine Chance ist und keine Last." Arbeitgeberpräsident: Weit entfernt von Spitzenklasse "Es ist nicht so, dass die Bundesregierung ein Programm aufsetzt und Deutschland statt Regionalliga plötzlich wieder Champions League spielt", sagte Dulger. "Davon sind wir weit entfernt, das muss man einfach deutlich sagen. Dazu braucht es einen Trainer und einen Manager, der die Mannschaft jetzt mal über Jahre, Stück für Stück, wieder neu aufbaut. Und den sehe ich im Moment in der Bundesregierung nicht."