Es waren nur zwei Posts auf Twitter, die El Hotzo vom gefeierten Internet-Clown zum Mittelpunkt eines Skandals machten. Wer ist der Mann, den plötzlich selbst Elon Musk angreift?
Nur wenige Zeilen waren es, die gereicht haben. Wenige Zeilen, die den Vollzeitempörten und Berufsmoralisten den Schaum vor den Mund getrieben haben. "Den letzten Bus – Donald Trump: Leider knapp verpasst". Gefolgt von dem Satz: "Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben." Eine Entgleisung zweifelsohne, geschmacklos noch dazu. Plötzlich stand ein Mann im Kreuzfeuer der Kritik, der bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich so etwas wie Everybodys Darling war: Sebastian Hotz, im Internet nur bekannt als "El Hotzo".
Seit einigen Jahren postet der 28-Jährige täglich kleine Beobachtungen, gesellschaftskritische Anekdoten und Witze auf Sozialen Netzwerken. Knapp 700.000 Nutzer folgen ihm auf X, vormals Twitter, 1,4 Millionen auf Instagram. Sein Humor brachte ihm Jobs als Gag-Autor bei Jan Böhmermanns "ZDF Magazin Royale" und Radiomoderator beim RBB ein. Doch nun ist ausgerechnet dieser so harmlos wirkende junge Mann, der seine Fangemeinde mit kleinen Banalitäten an seinem Alltag teilhaben lässt, zum Politikum geworden. X-Eigentümer Elon Musk forderte gar Kanzler Olaf Scholz auf, sich zu "El Hotzos"-Trump-Posts zu verhalten. Was ist da passiert?
Hotz wird 1996 in Forchheim geboren und wächst in einem Dorf zwischen Bamberg und Bayreuth auf. Seinen fränkischen Zungenschlag hört man bis heute. Nach seinem Abitur absolviert er ein Duales BWL-Studium bei Siemens in Erlangen und Nürnberg. Alles läuft auf ein unaufgeregtes, bürgerliches Leben hinaus. Noch Jahre später schildert er in Social Media-Beiträgen, wie diese Arbeit ihn geprägt habe – im negativen Sinne. Schon damals ist er auf Twitter aktiv. Bis er 2018 gesperrt wird, weil er die Band "The Bosshoss" beleidigt hatte. Der Bann sei "völlig berechtigt" gewesen, erklärte er später dem "Spiegel". Zur Kritik der Musik stehe er zwar bis heute, aber die Wortwahl sei "so mittelmäßig" gewesen. PAID El Hotzo er macht ihn rein 12.23
Der Tristesse der Bürowelt entflieht er nach Bielefeld und beginnt das fachfremde Master-Studium "History, Economics and Philosophy of Science", weit weg von Excel-Tabellen und Nine-to-Five-Job im Großraumbüro. Wegen der Twitter-Sperre fängt er an, seine Gedanken, Witze und Anekdoten vermehrt auf Instagram zu posten. Mehr und mehr Nutzer werden auf ihn aufmerksam. Hotz gibt ihnen Futter. Viel Futter. Zwischen zehn und 20 Beiträge postet er täglich. Die meisten sind Nussschalen-Beobachtungen, mit denen so gut wie jeder etwas anfangen kann: "Du kannst so oft 'Overnight Oats' sagen wie du willst, am Ende isst du ein 12h altes Müsli", ist nur ein Beispiel.
Der erste Lockdown während der Corona-Pandemie 2020 ist sein großer Durchbruch. Hotz macht weiter das, was er schon seit Monaten macht: Er veröffentlicht lustige Beobachtungen, gepaart mit teils kapitalismuskritischen Posts. Jetzt aber erreichen sie innerhalb kürzester Zeit Millionen von Menschen. "Ich darf nicht zu viele Witze über Corona-Gewinnler machen", so Hotz zum "Spiegel". "Ich bin schließlich auch einer."
Wenn seine Gags einen politischen Hintergrund haben, zielt er nicht auf Minderheiten, er tritt nach oben: Die FDP, AfD, Investmentbanken und Millionäre bekommen ihr Fett weg. "Deutsche Leitkultur ist an Weihnachten 50€ an soziale Projekte spenden und den Rest des Jahres eine Partei wählen, die diese Projekte einstampfen will".
Seine Reichweite, sein Humor verfängt in der Corona-Zeit. TV-Autoren werden auf ihn aufmerksam. Er wird freier Gag-Autor für das "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann. Später startet er einen Podcast mit der "aspekte"-Moderatorin Salwa Houmsi, wird Radiomoderator bei Radio Fritz vom RBB, gewinnt den Bayrischen Kabarettpreis 2023 und schreibt sein erstes Buch "Mindset".
Die Arbeit für die öffentlich-rechtlichen Sender macht ihn nach seinem Kommentar zum Attentat auf Donald Trump angreifbar. Jemand, der dem Ex-Präsidenten der USA den Tod wünscht, dürfe nicht für gebührenfinanzierte Anstalten arbeiten, hieß es in zahlreichen Wortmeldungen. Der RBB beugte sich der Kritik und erklärte, man habe die Zusammenarbeit mit Hotz beendet. Donald Trump El Hotzo 15.17
Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Sogar X-Besitzer Elon Musk äußerte sich auf seiner Plattform zu dem Fall, fragte offensiv Bundeskanzler Scholz: "Jemand, der dem führenden US-Präsidentschaftskandidaten und mir den Tod wünscht, wird von der deutschen Regierung dafür bezahlt? @Bundeskanzler, was ist das?"
Einmal mehr teilt Musk damit eine Fehlinformation. Er ist der rechten Youtuberin Naomi Seibt aufgesessen, die wie viele andere aus ihrem politischen Lager die Mär vom "Staatsfunk" verbreitet. Die Regierung bezahlt öffentlich-rechtlichen Sender nicht, doch das scheint für Musk nebensächlich.
Hotz nahm den Skandal unterdessen in einigen eigenen Posts aufs Korn. Schrieb unter anderem: "Ich bin Deutschlands frechster Arbeitsloser." Ob der geschmacklose Witz für Hotz noch weitere Konsequenzen haben wird, wird sich zeigen. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) wies beispielsweise daraufhin, dass die öffentliche Billigung von Straftaten strafbar ist. So oder so wird El Hotzo sicherlich einen Weg finden, daraus einen Witz zu machen.
Quellen: Der Spiegel,Süddeutsche.de, stern.de
