Rückendeckung für den Kanzler, aber deutliche Kritik an der Bundesregierung: Niedersachsens Ministerpräsident Weil fordert eine "völlig andere Zusammenarbeit in der Ampel".
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) weist den Eindruck zurück, dass Bundeskanzler Olaf Scholz in der SPD an Rückhalt verliere. "Olaf Scholz ist die Nummer eins in der SPD. Ich glaube, dass ich mir darin auch mit einer sehr großen Mehrheit der SPD-Mitglieder einig bin", sagte Weil der Deutschen Presse-Agentur in Hannover.
"Jetzt haben wir mit der Einigung zum Bundeshaushalt die Chance, auch in der Ampel-Koalition neu zu beginnen. Aber wenn sich die Ampel-Koalition weiter so viel streitet wie bisher, dann wird auch der Bundeskanzler alleine relativ wenig bewegen können. Wir sind ja keine Monarchie."
Kritik an der Ampel
Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP habe ihre Erfolge, sagte der niedersächsische Regierungschef. "Dazu gehört unbestritten, dass sie sich jetzt auf einen Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 geeinigt hat. Aber manche dieser Erfolge sind in den letzten Jahren untergegangen in einem großen Getümmel von Streitigkeiten."
Das müsse sich ändern. "Ich wünsche mir eine völlig andere Zusammenarbeit in der Ampel: eine Ampel, in der man miteinander redet und die Pläne danach geschlossen nach außen vertritt. Dann wird man auch eine andere Wirkung erzielen", forderte Weil.
SPD soll Niederlage bei der Europawahl aufarbeiten
Die Europawahl, bei der die SPD auf 13,9 Prozent abrutschte, bezeichnete der SPD-Landeschef als eine schwere Niederlage für seine Partei. "Dass die AfD vor der SPD liegt, ist für mich nicht gut zu ertragen", sagte er. Gerade bei jungen Menschen und bei Arbeitern, einer Kerngruppe der SPD, habe seine Partei wirklich schlecht abgeschnitten.
"Daraus werden wir unsere Schlussfolgerungen ziehen müssen. Ich finde, man darf nach diesem Ergebnis nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", sagte Weil. "Es ist deutlich zu sehen, dass die soziale Frage in Deutschland einen größeren Stellenwert einnehmen muss, als sie das bislang tut. Das muss der Kern unserer Politik sein."
Die SPD brauche daher eine stärkere Konzentration auf Themen, die die Menschen für sich selbst als wichtig ansehen. "Die SPD ist immer dann stark, wenn die Leute den Eindruck haben, die befassen sich mit unseren Problemen und nicht mit irgendwelchen anderen Dingen. Und natürlich werden von der SPD auch konkrete Fortschritte erwartet, zum Beispiel beim Mindestlohn", sagte der Ministerpräsident.