In ihrem Buch schreibt sie kritisch über Luxus, Reichtum und Superjachten. Trotzdem sei Glamour nichts per se Schlechtes. Katja Eichinger über das gute Leben im Überfluss. Katja Eichinger sieht in Superjachten eine große Gefahr für die Umwelt. Trotzdem würde die Filmproduzentin und Autorin sie nicht verbieten. Warum und was sie an der Welt der Schönen und Reichen fasziniert, verrät sie im Gespräch mit t-online. t-online: Frau Eichinger, was haben Sie eigentlich gegen Superjachten? Katja Eichinger: Eine Superjacht ist ein großes "Fuck You" an die Welt. Das hat nichts Subtiles. Neben Privatjets sind sie die umweltschädlichste Form der Fortbewegung. Den Menschen auf den Superjachten scheint unsere Umwelt völlig egal zu sein. Das mag daran liegen, dass einige Superjachten-Besitzer ihr Geld mit fossilen Brennstoffen verdienen. Würden Sie Jachten gern verbieten? Nein, aber mittlerweile gibt es Technologien, wie diese Jachten umweltschonend angetrieben werden können. In Italien gibt es einen Bootsbauer, der sich darauf spezialisiert. Ich wünsche mir Anreize und Auflagen wie bei Autos, die erfüllt werden müssen, damit die Umwelt weniger belastet wird. Bei Menschen mit Superjachten ist das Geld dafür vorhanden. Seit 29 Jahren fahren Sie regelmäßig an Südfrankreichs Küste. Waren Sie je selbst auf einer Superjacht? Ja, manche Filmfirmen mieten bei den Filmfestspielen große Jachten, um darauf Empfänge zu veranstalten. Früher war das recht normal, heute kommt es seltener vor. Ich bin gerne in Häfen. Sei es nun ein großer industrieller Hafen wie in Hamburg oder die Jachthäfen an der Côte d’Azur. Ich liebe Segeljachten und das Gefühl, auf einem Boot zu sein. Wie fühlt es sich an? Wenn ich auf einem Schiff bin, bin ich weg von der Welt. Es fühlt sich nach der großen Freiheit an. Alles ist möglich. Ich kann überall hinfahren. Glauben Sie, die Menschen auf den Superjachten haben manchmal ein schlechtes Gewissen? Ich glaube nicht. "Nichts nervt", so beschreiben Sie die freiheitliche Atmosphäre an der Côte d'Azur. Wie geht das? Dieses schwirrende Champagner-Gefühl und der Wunsch danach, das Leben zu genießen, kann alles andere ausblenden. Das macht die Côte d'Azur so besonders. Die Côte d'Azur funktioniert wie ein Fluss des Vergessens. Die Probleme der Welt existieren da auch – und zwar oft frappant. Sie werden aber unter einer Schicht Glamour versteckt. Wie meinen Sie das? Die Probleme sind da, wenn man genau hinsieht: Das Staatsoberhaupt von Saudi-Arabien hat dort eine riesige Villa und ein paar Kilometer weiter leben Geflüchtete – junge Männer aus arabischen Ländern, die kein Öl produzieren und die wenig Zukunftsaussichten haben. Es ist ein Ort der Extreme. Diese Extreme haben wir in anderen Formen auch in unserem Alltag. An der Côte d’Azur ist alles exzessiver und exzessiv abgründig. Gibt es eine Verbindung zwischen diesen Welten, zwischen arm und superreich? Natürlich gibt es Überschneidungen beziehungsweise Begegnungen. Es gibt eine riesige Service-Industrie, bei denen Menschen unterschiedlichster Herkunft für Menschen mit enormen Vermögen arbeiten. Dazu kommen Prostitution oder Drogenhandel. Sehen Sie sich selbst als Teil der Welt der Superreichen? Wenn das "Bling-ometer" zu weit nach oben knallt, muss ich nicht dabei sein. Darauf habe ich keine Lust, das interessiert mich nicht. Für Luxus und Glamour interessieren Sie sich aber … Ich habe nichts gegen Glamour. Glamour macht Spaß. Im Luxus liegt ein Versprechen von Schönheit und von Glück. Dabei habe ich aber nicht das Gefühl, dass ich innere Zufriedenheit erreiche, wenn ich meinen Körper mit Designer-Logos dekoriere. Ich interessiere mich für Mode, für Konsumkultur und für ihre Spannungsfelder voller Widersprüche. Ich bewege mich gerne in diesen Grauzonen. Da fühle ich mich am Leben, denn Widersprüche sind zutiefst menschlich. Sie schreiben in Ihrem Buch über den Schönheitswahn und darüber, dass Sie sich auf der Jachten-Messe als Frau nicht ernst genommen gefühlt haben. Wie steht es um die Geschlechterrollen an der Côte d'Azur? Es gibt genügend mächtige oder wohlhabende Frauen an der Côte d’Azur, die selbstbestimmt leben. Die trifft man nicht unbedingt auf einer Superjachten-Messe, wo es eher krass zugeht und Klischees bedient werden. Superjachten sind ähnlich wie Sportwagen stereotypische Männerspielzeuge. Man sieht an der Côte d’Azur viele sehr gepflegte, alleinstehende Damen, die in sich zu ruhen scheinen und weit ab vom Patriarchat ihr Leben genießen. Ich finde es inspirierend, sie zu beobachten. Gleichzeitig ist Prostitution allgegenwärtig, die einem ein sehr altertümliches Mächteverhältnis vor Augen führt. Mögen Sie die Menschen an der Côte d'Azur? Sie meinen, die Reichen der Côte d’Azur? Soll ich jemanden nicht mögen oder keinerlei Empathie für diese Person empfinden, weil sie in extremes Privileg hineingeboren wurde? Ich vermeide solche Verallgemeinerungen. Ich habe durch meinen Beruf schon Kriminelle oder Menschen im Gefängnis interviewt und finde es wichtig, dass man bei jedem Menschen versucht, seine Komplexitäten anzuerkennen und ihn nicht vorverurteilt. Niemand führt ein vermeintlich "gesegnetes Leben" – jeder kennt Verzweiflung, Schmerz und Angst. Aber es gilt das Grundgesetz. Eigentum verpflichtet. Sind Menschen mit Superjachten glücklichere Menschen? Es hilft, wenn man sich keine Sorgen über Grundbedürfnisse wie Wohnen oder gesundheitliche Verpflegung machen muss. Armut ist extrem stressig. Aber Geld kann keine glücklichen Beziehungen kaufen. Im Gegenteil – viele Menschen scheint es einsam zu machen. Wann wird Luxus zu Verschwendung? Verschwendung ist so ein deutsches, protestantisches Wort. Ich finde, man sollte ultimativ verschwenderisch mit der Liebe, mit Großzügigkeit, einem positiven Lebensgefühl und mit Offenheit umgehen. Deshalb ist es etwas Gutes, ein verschwenderisches, großes Leben zu führen. Wenn ich Größe aber nur über Geld und mit Zahlen definiere, dann wird mein eigenes Leben kleiner, als es ist. Ich möchte ein möglichst großes Leben führen und verschwenderisch viel lieben und geliebt werden.