Eine im Exil lebende Mitbegründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial ist diesmal Schirmherrin des Kunstfests Weimar. Eine Schau zeigt Objekte, die von Terror in der Sowjetunion zeugen.
Die russische Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa hat die Schirmherrschaft für das Kunstfest Weimar in diesem Jahr übernommen. Das gab der Künstlerische Leiter des Festivals, Rolf C. Hemke, am Freitag in Weimar bekannt. Die Kulturwissenschaftlerin Scherbakowa hat die inzwischen in Russland verbotene Menschenrechtsorganisation Memorial mitbegründet und lebt im deutschen Exil. Die Ausstellung "Das andere Russland" widmet sich ab dem 21. August im Bauhaus Museum Weimar (ab 21.8.) der Organisation.
Treibende Kraft hinter der Zusammenarbeit von Kunstfest und Scherbakowa ist der frühere Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge. Ihm zufolge werden bei der Schau auch Objekte aus der gefährdeten Sammlung von Memorial zu sehen sein, die von den Repressionen und Terror in der Sowjetunion zeugen. Es sei gelungen, wenige dieser Objekte aus Russland nach Deutschland zu bringen. Die Schau soll später als Wanderausstellung durch Deutschland reisen.
"Es gibt einen globalen Feldzug gegen demokratische Kultur", sagte Knigge am Freitag. Auch deshalb sei es wichtig daran zu erinnern, "wofür wir kämpfen". Unter diesem Motto bietet das spartenübergreifende Kunstfest in diesem Jahr 48 Projekte, darunter 22 Ur- und Erstaufführungen. Dabei nimmt das Festival deutlich Bezug zu politischen Themen, auch mit Blick auf den Zeitpunkt: Das Kunstfest beginnt am 21. August, also eineinhalb Wochen vor der Landtagswahl am 1. September. Es endet wenige Tage danach am 8. September. In jüngsten Umfragen kommt die vom Thüringer Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD auf 29 bis 30 Prozent.
Hollywood in Weimar
Vor diesem Hintergrund ist etwa eine "Konzertante Wahlerinnerung im Galaformat mit Starbesetzung" am 31. August geplant. Bei dem Konzept, das der Autor, Regisseur und Sänger Schorsch Kamerun erdacht hat, wirkt auch die aus Thüringen stammende Hollywood-Schauspielerin Sandra Hüller mit. Der Abend ist Teil der Performance-Reihe "Bevor wir kippen".
Zu den Höhepunkten in diesem Jahr dürfte die Uraufführung "S wie Schädel" zählen. Für das Theaterprojekt stellte der Autor und Thomas-Mann-Preisträger Navid Kermani Texte zusammen, die der 90-jährige Theaterregisseur Roberto Ciulli und die Schauspielerin Eva Mattes auf die Bühne bringen - als "szenische Reflektion einer ungreifbaren Welt."
Das Kunstfest ist eigenen Angaben zufolge das größte Festival für zeitgenössische Künste in Ostdeutschland. Internationale Projekte aus Theater, bildender Kunst, Tanz, Literatur und aus weiteren Sparten werden dabei gezeigt. Im vergangenen Jahr kamen rund 41.000 Menschen zum Kunstfest. Für die kostenpflichtigen unter den rund 160 Veranstaltungen seien rund 8100 Tickets verkauft worden.