Fußball-Experte Dietmar Hamann wirft gern einen kritischen Blick auf den FC Bayern. Der stern hat ihn gefragt, wie er die Absage Ralf Rangnicks bewertet, als Trainer nach München zu gehen, und was jetzt auf Sportvorstand Max Eberl zukommt.
Herr Hamann, welche Bedeutung hat die überraschende Absage von Ralf Rangnick für die Bayern?
Es ist für die Außendarstellung nicht gut, wenn Du drei Trainer anfragst und sich alle dagegen entscheiden, nach München zu kommen. Auch wenn man betonen muss, dass alle drei Kandidaten jeweils unter Vertrag stehen und es dadurch schwieriger war, sie zu bekommen. Es war sicherlich nicht vorteilhaft, dass sich alle Verantwortlichen sehr unterschiedlich nach dem Spiel gegen Real Madrid zu Wort gemeldet haben. Insgesamt gibt der FC Bayern da kein gutes Bild ab.
Was könnte der Grund für die Absage gewesen sein?
Rangnick hätte einiges aufgegeben. In Österreich hat er sich eine hervorragende Position erspielt und erarbeitet. Er fährt mit der Nationalelf zur Europameisterschaft. Dann steht in zwei Jahren die WM vor der Tür, für die sich die Österreicher qualifizieren können. Rangnick steht eine Mannschaft mit vielen Bundesliga-Profis zur Verfügung, sportlich ist es also interessant. Hinzukommt die Unruhe in München und damit eine gewisse Ungewissheit – ich kann mir vorstellen, dass das das zur Absage beigetragen hat.Welcher Trainer steht noch auf der Liste der Bayern? 12:37
Welche Rolle haben die Aussagen von Uli Hoeneß gespielt, in denen er Thomas Tuchel die Fähigkeit absprach, junge Spielern zu fördern?
Ralf Rangnick ist so lange dabei. Ich glaube nicht, dass Hoeneß' Äußerungen ausschlaggebend waren für seine Absage. Aber die Außenwirkung ist natürlich nicht gut. Wenn der FC Bayern jetzt andere Trainer anfragt, denken die sich vielleicht: Was ist, wenn in einem oder zwei Jahren so über mich gesprochen wird?
Welche Kandidaten kommen für die Bayern noch in Frage?
Es gibt einige Namen. Das Problem ist, wenn die Bayern jetzt einem Mourinho oder Zidane erzählen, wir wollen Dich unbedingt haben, könnte es schwierig werden. Die werden sich denken: Warum habt ihr mich nicht vor sechs oder acht Wochen angefragt? Es ist auch selten hilfreich, wenn zu viele Leute mitreden. Dennoch bin ich mir sicher, dass sie bald einen Trainer finden werden, einen Roger Schmidt von Benfica Lissabon zum Beispiel. Die Bayern sind immer noch ein großer Verein und ein großer Name.
Für den neuen Sportvorstand Max Eberl ist die Trainersuche eine große Herausforderung. Ist sein Ruf durch die Absagen schon ramponiert?
So, wie es bis jetzt gelaufen ist, hat es ihm nicht geholfen. So eine Situation ist für die Bayern überhaupt ungewohnt. Hinzu kommt, dass ein großer Transfersommer ansteht. Je länger die Trainersuche dauert, desto schwerer könnte es werden, Spieler nach München zu holen. Aber deswegen ist der Ruf von Max nicht ramponiert. Es ist ein wenig zu früh, dass zu behaupten.
Was halten Sie von der Idee, dass Thomas Tuchel Trainer bleibt – trotz allem?
Uli Hoeneß hat sich ja ganz klar geäußert, da kann ich mir schwer vorstellen, dass das funktioniert. Ich halte das auch für keine gute Idee, weil so viel passiert ist. Dafür kann ich mich nur schwer begeistern.