Es sei das vorgezogene Finale: So hatten die Paarung zwischen Real Madrid und Manchester City nach der Auslosung für das Viertelfinale am 15. März von nicht wenige bezeichnet. Zum einen, weil die sicher größten Schwergewichte der Champions League eben bereits in der zweiten Runde der K.o.-Phase aufeinandertrafen. Andererseits, da es auf ihrer Seite des Turnierbaums im weiteren Verlauf vermutlich vielmehr leichter und nicht noch schwieriger weitergehen würde. So macht es auch weiter den Anschein.
Dass ein Viertelfinale gegen ManCity auf dem Papier um einiges herausfordernder ist als ein Halbfinale gegen den spielerisch seit langem alles andere als überzeugenden FC Bayern München, steht außer Frage – all das natürlich trotzdem noch auf einem hohen Niveau. Selbiges gilt sogar für das mögliche Endspiel, in dem sich Real am 1. Juni mit Paris Saint-Germain oder Borussia Dortmund duellieren würde. Der größte Brocken ist beseitigt, das Gröbste erledigt. Insofern wäre es irgendwie seltsam und paradox, sollte Real den Titel trotz dieses Viertelfinal-Triumphs nun nicht holen. Vorgezogenes Finale eben.
Carlo Ancelottis Starensemble hat den „Skyblues“ nicht nur die Teilnahme an der Runde der letzten Vier verbaut, sondern ihnen mit dem gewonnenen Schlagabtausch (3:3 und 5:4 n. E.) auch die Rolle des Top-Favoriten auf den Henkelpokal abgenommen – ganz abgesehen davon, dass mit dem 14-fachen Triumphator ohnehin immer gerechnet werden muss.
Die einhellige Meinung vor dem Viertelfinale: Als amtierender Champion ist allen voran ManCity der primäre Anwärter auf den Pott, dicht gefolgt von ebenjenem Real – das sich nun gegen Bayern darüber freuen kann, am 30. April erst in München anzutreten und das Rückspiel am 8. Mai im Estadio Santiago Bernabéu zu absolvieren. Und das potentielle Finale würden die Madrilenen dann ohnehin nicht bestreiten, sondern gewinnen – wie es das Sprichwort im Verein besagt. Endspiele sind einzig und allein dafür da, um erfolgreich gestaltet zu werden. Nichts anderes. Von 17 Finals waren satte 14 von Erfolg gekrönt.
Spätestens nach dem Coup gegen Pep Guardiolas Team ist Real im europäischen Geschäft alles zuzutrauen. Diesmal nicht nur nach der Ära von Cristiano Ronaldo, sondern zugleich auch nach Karim Benzemas. Und erneut vor der vermeintlich baldigen von Kylian Mbappé.
Wer solche Hürden meistert, der hat auch eine überaus realistische Chance auf den europäischen Thron. Fürchten muss Real niemanden – auch diese unter Thomas Tuchel seit eh und je so wackligen, fragilen, wechselhaft auftretenden Bayern nicht. Tuchel befindet sich seit Januar auf Abschiedstournee, nach dann etwas mehr als einem Jahr muss er seinen Posten im Sommer schon wieder räumen. Er ist ein launischer, nach außen hin zu ehrlich auftretender Trainer, der sich nach Rückschlägen oftmals ratlos zeigt, eigene Spieler öffentlich schwächt und sich mit seiner bockigen, manchmal unsouveränen Art für einen Real-Job – dazu gab es mal Spekulationen – disqualifiziert haben dürfte.
Es passt in München sowohl spielerisch als auch zwischenmenschlich einfach nicht zwischen ihm und der Mannschaft, die trotz eines Harry Kane in ihren Reihen (40 Pflichtspiele, 39 Tore) zwar alles andere als angsteinflößend wirkt, aber gewillt ist, eine verkorkste Spielzeit über wenige K.o.-Partien noch irgendwie zu retten und das erste titellose Frühjahr seit 2012 abzuwenden. Die Münchner sind gegen Lazio (0:1, 3:0) und den FC Arsenal (2:2, 1:0) unter dem Strich souverän weitergekommen. Mit dem schier unerschütterlichen Real wartet nun aber ein anderes Kaliber: der neue Top-Favorit.
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