Der Rekord für das schnellste Elektroauto der Welt geht nach Großbritannien. Um die wahnwitzige Beschleunigung auf die Straße zu kriegen, machen sich die Ingenieure eine Art Staubsauger zunutze.
2022 war ein gutes Jahr für Rekordjäger. Der Rimac Nevera holte sich mit 412 km/h den Titel als schnellstes Elektroauto in puncto Endgeschwindigkeit, die flotteste Beschleunigung meldeten im Oktober Studierende der Universität Stuttgart – und setzten mit 1,461 Sekunden eine Bestmarke. Kurz vor Jahresende wechselt der Titel für das schnellst beschleunigende Elektrofahrzeug inoffiziell nochmal den Besitzer und geht zu McMurtry nach Großbritannien.PAID Interview Ferdinand Dudenhöffer E-Mobilität 17.25
Der Speirling schafft es von 0 auf 100 km/h in unglaublichen 1,4 Sekunden – und damit nochmal schneller als die Stuttgarter. Für die Viertelmeile benötigt das Auto im Batmobil-Design 7,97 Sekunden – und schlägt damit auch den Rimac, der 8,58 Sekunden braucht. In einem Video des Neuwagen-Vergleichsportals "Carwow" kann man sehen, was diese irre Kraft mit dem Fahrer macht – entspannt ist anders.Video McMurtry
Um die enorme Kraft der Elektromotoren, die rund 1000 PS leisten, effizient auf die Straße zu kriegen, haben sich die Ingenieure von McMurtry einen besonderen Trick zunutze gemacht. Der Hersteller nennt es "Downforce-on-Demand-System", was soviel bedeutet wie "Anpressdruck auf Abruf"-System. Das Prinzip erinnert – vereinfacht gesprochen – sehr an einen Staubsauger.
Quasi auf Knopfdruck springen zwei große Ventilatoren an, die das Fahrzeug an die Straße pressen, sich quasi an ihr festsaugen. Chefentwickler Kevin Ukoko-Rongione vergleicht die Technik mit einem Hovercraft – nur, dass der Luftstrom andersrum arbeitet. Die Technik hat mehrere Vorteile: Erstens geht beim McMurtry Speirling auch dann der Anpressdruck nicht verloren, wenn sich das Fahrzeug dreht. Zweitens kann das Auto äußerst schnell beschleunigen, ohne dabei abzuheben. Ähnliche Systeme gab es Ende der Siebziger auch in der Formel 1 oder beim Canadian-American Challenge Cup – in beiden Rennserien wurden sie verboten.
Durch das Ventilatoren-System wirkt es fast, als hätte der McMurtry Speirling einen Auspuff – was für Elektroautos ein ungewöhnlicher Anblick ist. Tatsächlich braucht der Hersteller aber am Heck zwei Auslässe, die den Luftstrom des Gebläses durchleiten. Das führt dazu, dass sich hinter dem Auto bei aktiven Ventilatoren ein regelrechter Sturm zusammenbraut, der sogar in der Lage ist, eine Person auf einem Skateboard anzuschieben. Bei voller Kraft emittieren die Lüfter 120 Dezibel – was mit der Lautstärke eines Jets vergleichbar ist.
Anders als das recht spartanische Rekordauto aus Stuttgart, kann man im Falle des McMurtry Speirling sogar von einem vollwertigen Fahrzeug sprechen. Der Wagen hat Türen, ein Dach, einen Innenraum und ließe sich – theoretisch – im Alltag fahren. Obwohl im Einsitzer kaum Platz ist und es keinen Becherhalter gibt. Sofern man dem "Gewittersturm", das bedeutet der Produktname auf Irisch, nicht alles abverlangt, soll die Batterie für rund 480 Kilometer reichen. Im Rennbetrieb ist mit maximal 240 km/h nach 25 Minuten schon Schluss.Die teuersten Neuwagen der Welt 14.01
Im nächsten Schritt will McMurtry das Auto serienreif machen – und als Version für öffentliche Straßen verkaufen. Offizielle Angaben zum Preis gibt es bisher nicht, ebensowenig die angepeilte Stückzahl dieses recht wilden Renners. "Carwow" spricht von einem Wert von rund zwei Millionen Pfund Sterling, was umgerechnet rund 2,3 Millionen Euro wären. Hochoffiziell, wenn man das Guiness Buch der Rekorde als Messlatte nimmt, bleibt der Rekord der Stuttgarter jedoch bestehen – denn bei der Rekordfahrt der Briten war keine Jury anwesend.