Von Anjoulih Pawelka
Epfenbach. Noch nie zuvor standen die Chancen für Laura Ueberrhein so gut wie gerade, dass ihr Traum bald Wirklichkeit wird. Es ist der Traum vom Eigenheim, den sie sich auf einem Grundstück in der Epfenbacher Friedhofstraße ermöglichen möchte. Für dieses Unterfangen braucht Ueberrhein allerdings nur wenig Platz, denn der große Traum ist der eines "Tiny Houses". 2,55 Meter breit und 7,20 Meter lang soll das Haus werden. Dann würde Ueberrhein auf rund 34 Quadratmetern auf zwei Ebenen wohnen – mit Küche, Badezimmer, Wohnbereich und Schlafzimmer. Sogar für einen Arbeitsbereich wäre noch Platz. Das besondere Etwas ist der kleine Erker, der als Essbereich dient und natürlich das "Sternenfenster" im Obergeschoss direkt über dem Bett. Doch ob das realisierbar und richtig dicht ist, zeigt sich erst beim Bau.
Auf die Frage, was der Reiz an einem solch kleinen Haus ist, antwortet Ueberrhein: "Tatsächlich der Minimalismus." Derzeit wohnt sie auf 86 Quadratmetern und nutze effektiv fünf davon. Und auch das Thema Umweltschutz beschäftigt die Schreinermeisterin. "Man hinterlässt einfach einen viel kleineren ökologischen Fußabdruck", sagt sie und erklärt, dass es bei dem Bau ihrer Traumimmobilie keine Bodenversiegelung gibt. Das liegt daran, dass das Haus auf Rädern steht. Man könne es zwar theoretisch permanent verschieben, praktisch mache das aber eigentlich niemand, der ein "Tiny House" besitzt. Dafür sei es gar nicht geschaffen. "Aber es ist schön, für sich im Kopf zu wissen: Im Notfall kann man es." Und auch ein Anbau wäre möglich, falls sie in dem Haus irgendwann nicht mehr alleine wohnen möchte. "Ein Loch in der Wand hat man schnell."
Wenn sie in ihr neues Haus einzieht, dann muss sie vieles aus ihrer alten Wohnung zurücklassen, Schwierigkeiten scheint sie damit nicht zu haben. Sie sei noch nie so die Sammlerin gewesen und nutze Dinge generell lange, erzählt Ueberrhein. Am liebsten würde sie alles an ihrem neuen Haus mit recyceltem Nutzholz bauen, doch: "Das ist leider noch nicht ganz machbar." Also nutzt sie zumindest Holz aus nachhaltiger und umweltgerechter Waldbewirtschaftung. Die Außenhülle des Haues baut ein Fünf-Mann-Betrieb in der Nähe, der auf "Block- und Tiny Houses" spezialisiert ist, denn sie selbst hat die Maschinen dazu nicht. Und auch die Anschlüsse für Wasser und Strom, so wie es sie in jedem Haus gibt, machen Experten. Den Innenausbau übernimmt sie dann aber wieder selbst.
Um überhaupt zu wissen, ob dieses Wohnmodell wirklich zu ihr passt, hat sie für zwei Wochen auf der Schwäbischen Alb in einem solchen Haus gewohnt, mitten im Winter bei minus zehn Grad Celsius. Da konnte sie dann am eigenen Leib erfahren, was ihr gefällt und was nicht. Dort hatte sie zum Beispiel immer kalte Füße. "Deswegen muss bei mir eine Fußbodenheizung rein", sagt die 32-Jährige. Außerdem gibt es einen Pellet-Ofen.
Ob das Projekt wirklich umgesetzt werden kann, liegt nun in den Händen des Landratsamtes. Die müssen dem Bauvorhaben noch zustimmen. Die Gemeinde hat das bereits in ihrer jüngsten Gremiumssitzung. Und anders als in Eppelheim, wo der Gemeinderat unlängst einen Bauantrag für ein "Tiny House" abgelehnt hat, steht man hier dem Projekt sehr offen gegenüber. Gefühlt das halbe Dorf habe sich schon bei ihr erkundigt, wann der Bau beginnt und sich eingeladen, das fertige Haus in Augenschein zu nehmen. "Das erste Jahr mache ich einfach Open door", sagt sie lachend und fügt hinzu: "Wenn alles gut geht, könnte das Haus nächstes Jahr stehen." Und sie bereits im Frühjahr 2023 mit dem Ausbau beginnen.
Was das kleine Haus kosten wird, weiß Ueberrhein noch nicht genau. Das erfährt sie erst, wenn sie die Bau-Erlaubnis vom Landratsamt hat und alle ihre individuellen Wünsche eingearbeitet wurden, denn auch hier gab es in den vergangenen Jahren eine enorme Preissteigerung. Die einfachsten Häuser-Modelle "von der Stange" hätten vor rund eineinhalb Jahren zwischen 70.000 und 80.000 Euro gekostet inklusive Ausbau. Ueberrheins Haus wird allerdings komplett individuell und da sie viel selbst machen kann, hat sie mit circa 60.000 Euro gerechnet, geht allerdings davon aus, dass es auch hier Preissteigerungen geben wird. "Das ist viel Geld, aber auch etwas, was man alleine stemmen kann." Sie habe das einmal durchgerechnet. Damals wären es fünf bis sechs Jahre gewesen, bis sich das Haus amortisiert hätte. Jetzt seien es eher zehn, sagt sie und lacht dabei.
Und wenn das Landratsamt doch nicht sein okay gibt? Dann nutzt sie das Grundstück, das schon lange im Familienbesitz ist und bis vor Kurzem verpachtet war, eben als Garten. Die Beete und die Wiese hat sie bereits angelegt. Als Nächstes folgt der kleine Schuppen, den sie auf Vordermann bringen möchte.