Von Berthold Jürriens
Sinsheim. Die Kirchplatzpassage ist ein Sorgenkind bei Teilen der Sinsheimer Bevölkerung – und das seit Jahren. Erneut deutlich wurde dies nun im Kernstadtausschuss des Gemeinderats. Beschwerden drehen sich um wildes Parken, Anbauten und Erweiterungen von Außenbereichen, haben aber auch mit Tumulten in der Vergangenheit zu tun, die in Erinnerung geblieben sind.
Vermummte Jugendliche hatten im Februar 2018 nachts eine türkische Bar attackiert, Scheiben gingen zu Bruch, der Staatsschutz nahm Ermittlungen auf. Inzwischen hat der Betreiber der Bar gewechselt. Die Freudenschüsse einer kurdischen Hochzeit – abgegeben aus mindestens einer Schreckschusspistole vor einem Nachbarhaus – sorgten im September 2019 für Aufsehen; auch weil die Festgesellschaft danach Teile der Hauptstraße mit parkenden Autos blockierte.
Ende April diesen Jahres tauchte nun in Sozialen Medien erneut ein Bild der Kirchplatzpassage auf. Das Foto vom Eingangsbereich der Passage war zwar durchaus friedvoll, löste aber dennoch kritische Kommentare aus: Aus einer Perspektive aus der Hauptstraße aufgenommen, waren parkende – und sich gegenseitig zuparkende – Autos zu sehen, die den Zugang zur Passage erheblich beeinträchtigten. Rollstuhlfahrer oder auch Eltern mit Kinderwagen, so die Schlussfolgerung, kämen hier unmöglich durch. Entsprechend fielen einige der Kommentare im Netz aus, die nun das Gremium beschäftigten. Abgebildet werde ein "Dauerzustand", hieß es; dies möge eine "Normalität" darstellen, sei aber trotzdem "unverschämt". Der Vorwurf wurde erhoben, dass die Stadt gegen das wilde Parken nichts unternehmen würde. Auch der mögliche Einsatz von Rettungsdiensten werde hierdurch gefährdet. Im vorderen Bereich der Kirchplatzpassage und den angrenzenden Häusern sind aktuell ein Barbershop mit Herrenfriseur, eine Shisha-Bar mit Bistro, ein Grill mit arabischen Spezialitäten, ein orientalischer Lebensmittelmarkt und ein Billardcafé angesiedelt, die allesamt bei Stammkunden und auch bei vielen Jugendlichen durchaus beliebt sind. Im rückwärtigen Bereich beim eigentlichen Kirchplatz gibt es ein Sonnenstudio, einen Friseursalon; die Buchhandlung Bücherland nutzt beide Seiten als Zugang.
Kritik gab es auch von Geschäftsinhabern immer wieder, vor allem wegen des Parkens, aber auch wegen eines bisweilen chaotischen Erscheinungsbilds von Teilen des Viertels. Geschäftsfördernd sei dies nicht; der Zugang zu einzelnen Geschäften werde erschwert. Ein Motorradfahrer hatte vor kurzem gar die Abkürzung durch die Passage gesucht, weil er an besagter Stelle wohl zugeparkt worden war.
Auch Oberbürgermeister Jörg Albrecht und die Verwaltung würden regelmäßig "mit der Situation Kirchplatzpassage konfrontiert", hieß es jetzt im Kernstadtausschuss. Gremiumsmitglieder hatten das Thema aufgrund der Diskussion im Internet in die Runde geworfen. Doch die Krux an der Sache seien schlicht und ergreifend die Besitzverhältnisse, sagte Albrecht: Weil es sich im gemeinten Bereich um ein privates Grundstück handle, habe man "als Stadt keinerlei Möglichkeiten". Der Sachstand ist laut Albrecht "lange bekannt" und sei "immer wieder öffentlich gemacht worden". Eigentumsverhältnisse müssten nun einmal geachtet werden. Die Fehler, die in dem Bereich gemacht worden seien, lägen laut Albrecht "30 bis 40 Jahre zurück". Heutzutage erwirbt die Stadtverwaltung Grundstücke und Immobilien in schwierigen oder stadtplanerisch relevanten Lagen, um bei deren Verkauf künftige Entwicklungen beeinflussen zu können, etwa mithilfe zusätzlicher Vertragsvereinbarungen.
"Kirchplatzpassage" – in altmodischer Schrift prangt bis heute der Schriftzug auf einem verblichenen Reklameschild über dem Durchgang. Ob der Ausdruck Passage im Sinne einer Ladenpassage überhaupt noch Relevanz hat, sei ohnehin fraglich, wie es bei der Sitzung hieß. Zwar handle es sich um einen überdeckten Durchgang durch einen Gebäudekomplex, in dem Ladengeschäfte angesiedelt sind. Der Zugang von der Hauptstraße verlaufe allerdings über Privatgrund, den der Eigentümer "entsprechend der Rechtslage nutzen" könne. Auch eine Sperrung durch den Besitzer des Grundstücks wäre demzufolge erlaubt.