Von Daniel Hund
Mannheim. Um kurz vor 16 Uhr standen alle. Manche lagen sich in den Armen, andere klatschten sich die Finger wund. Und der Rest? Der sang, feierte das Stehauf-Männchen SV Waldhof. Der hat am Samstagmittag nämlich mal wieder bewiesen, dass ihn so schnell nichts aus der Bahn werfen kann: 17 Corona-Fälle, danach geschwächt in drei Spiele in sieben Tagen, alles egal: Wenn die Buwe gefordert sind, sind sie da. Mit einem 1:0 (0:0)-Kraftakt erlegten sie vor 10.316 Zuschauern den 1. FC Saarbrücken und stürmten auf den zweiten Platz in der Dritten Liga.
Aufstiegskampf: Der Waldhof ist dabei!
"Es ist der Wahnsinn, was die Jungs heute für ein Laufpensum abgerissen haben", sagte Erfolgstrainer Patrick Glöckner, "die Jungs sind wirklich super zusammengewachsen." Sein Gegenüber Uwe Koschinat war bedient: "Wir sind auf eine bis zu den Zähnen bewaffnete Truppe getroffen."
Rivalität ist ein dehnbarer Begriff. Vergleicht man das Derby zwischen dem Waldhof und Saarbrücken mit dem Südwest-Kracher gegen den 1. FC Kaiserslautern, dann hatte das Drittliga-Topspiel am Samstag im Carl-Benz-Stadion schon fast was von einem Freundschaftsspiel. Antipathie ja, Hass nein.
In den Vereinsfarben ist man sogar vereint. Beide schwören auf Blau und Schwarz. Und da es von Saarbrücken bis nach Mannheim keine Weltreise ist, war’s auch recht kuschelig im Gästeblock. Rund 2000 Anhänger kamen bei gefühlt fünf Grad und Nieselregen als Verstärkung mit.
Die entscheidende Frage, die wohl so ziemlich jeden Waldhof-Fan auf dem Weg zum Stadion aufwühlte: Wie haben die Buwe die Pokal-Schwerstarbeit gegen Union Berlin überstanden? Am Mittwochabend ging es 120 Minuten hoch und runter. Manche schleppten sich nur noch über den Platz, andere konnten gar nicht mehr. Wirbelwind Adrien Lebeau plagten Krämpfe, Kapitän Marcel Seegert richtig starke Schmerzen. Als er nach der unglücklichen 1:3-Niederlage gegen die Eisernen da so am Zaun vorbei in Richtung Spielertunnel humpelte, verzog er das Gesicht. Und auch die Waden-Muskulatur sah nicht gut aus. Geschwollen ohne Ende, als hätte "Cello" einen Tennisball verschluckt, der in der Wade stecken geblieben ist.
Aber wer den Blondschopf kennt, der weiß: Eigentlich lässt er sich nur durch Sperren oder ganz schwerwiegende Verletzungen ausbremsen. Derbys sind ihm sowieso heilig.
Und er spielte dann auch. Das zeichnete sich schon freitags ab. Da stand er problemlos auf dem Trainingsplatz, machte alles mit. Einzige Veränderung im Kader im Vergleich zum Pokal-Duell: Für Mittelfeld-Wirbler Onur Ünlücifci saß Lucien Hawryluk, der dritte Torhüter, auf der Bank – was mit der U23-Regelung U23-Regelung zusammenhing.
Zum Spiel: Bereits in der achten Minute musste der SVW einen Tiefschlag verdauen. Wirbelwind Adrien Lebeau lag auf dem Boden und hielt sich die Oberschenkel-Rückseite. Der Franzose musste runter. Schon ein paar Minuten zuvor hatte sich der 22-Jährige auf dem rechten Flügel bei einem Zweikampf verletzt und humpelte fortan über den Platz. Für ihn kam Dominic Martinovic.
Kurz geschüttelt und weiter ging’s. Mit einem SV Waldhof, der klar die Oberhand hatte. Saarbrücken fand vor der Pause offensiv nicht statt. Der SVW schon. Dreimal hatten die Fans den Torschrei bereits auf den Lippen. In der 20. Minute brachte Gillian Jurcher den Ball nach einem Konter aus spitzem Winkel nicht im Tor unter. Später probierte es Mittelfeld-Motor Marco Höger aus der zweiten Reihe, na ja, vielleicht sogar eher aus der dritten, der Ball senkte sich gefährlich, Gäste-Torhüter Daniel Batz konnte ihn aber noch über die Latte klatschen (36.). Nur eine Minute später der nächste Konter: Marc Schnatterer spielt Martinovic frei, der bedient Jurcher und der zwirbelt den Ball knapp am langen Pfosten vorbei.
Dann war Pause und die Befürchtung, dass die Buwe nach dem Pokal-Marathon am Mittwoch wohl nicht mehr ewig aufs Gaspedal treten werden können.
Und so kam es dann auch. Der FCS hatte nun mehr Ballbesitz – allerdings ohne zwingend zu werden. Und dann lief die 63. Minute: Martinovic tankt sich über rechts durch, flankt flach in Richtung Elfmeter-Punkt, abgeblockter Schuss von Marcel Costly, der Abpraller landet vor den Füßen von Joseph Boyamba und der knallt den Ball aus acht, neun Metern ins Tor. 1:0 – Party-Stimmung auf der Otto-Siffling-Tribüne.
In der 69. Minute beinahe das 2:0: Alexander Rossipal steht auf Höhe der Eckfahne zu einem Freistoß bereit. Und was macht das Schlitzohr? Es zieht ihn direkt aufs Tor, präzise auf den kurzen Pfosten. Im letzten Moment bringt ein Saarbrücker auf der Linie noch ein Bein dazwischen.
Der Rest war beißen, kämpfen und kratzen. Waldhof-Tugenden at its best. Und wer so ackert, der darf es danach auch krachen lassen: Vorm Fanblock ging’s richtig zur Sache. Schöne Bilder waren das.
SV Waldhof: Bartels – Sommer, Seegert, Rossipal, Donkor – Russo, Höger (84. Wagner) – Costly, Lebeau (8. Martinovic), Schnatterer (58. Ekincier) – Jurcher (58. Boyamba).
Tor: 1:0 Boyamba (63.).
Update: Samstag, 30. Oktober 2021, 16.39 Uhr
Mannheim. (dpa) Der SV Waldhof Mannheim ist in der 3. Fußball-Liga auf einen Aufstiegsplatz geklettert. Die Mannheimer schlugen den 1. FC Saarbrücken im Südwest-Derby am Samstag nach hartem Kampf mit 1:0 (0:0) und sind damit zumindest bis Montagabend Tabellenzweiter. Vor 10 316 Zuschauern erzielte der eingewechselte Joseph Boyamba in der 63. Minute den entscheidenden Treffer.
Drei Tage nach dem Aus im DFB-Pokal durch eine 1:3-Niederlage nach Verlängerung gegen den Bundesligisten 1. FC Union Berlin zeigten die Waldhöfer starke Moral und verdienten sich den knappen Sieg durch Leidenschaft und Einsatz. Der Mannschaft von Trainer Patrick Glöckner fehlte nach dem Kraftakt gegen die Berliner sichtlich die körperliche Frische, aber mit einer konzentrierten Vorstellung in der Defensive ließ sie kaum Torchancen des Gegners zu.
Nach einem sehenswerten Spielzug schoss Boyamba den einzigen Treffer des Nachmittags. Die Führung verteidigten die Mannheimer anschließend aufopferungsvoll.