Von Christoph Offner
Sandhausen. Es war ohne Wenn und Aber die beste Saisonleistung des SV Sandhausen. Beim 2:2 (1:1) gegen den SV Werder Bremen spielte das Team von Trainer Alois Schwartz mutig, schnell und schnörkellos – und stand am Ende dennoch nur mit einem Punkt da. "Die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, auch wie wir nach vorne agiert und Torchancen herausgespielt haben, war richtig gut. So stellt man sich das vor", sagte Schwartz und fügte ein wenig zerknirscht an: "Aber man stellt es sich mit einem Sieg vor."
Gegen den Bundesliga-Absteiger überraschte Schwartz, der verletzungsbedingt auf Daniel Keita-Ruel und Tim Kister verzichten musste, mit einem taktischen Kniff. Im 4-2-3-1-System besetzten die gelernten Verteidiger Arne Sicker und Bashkim Ajdini die offensiven Außen. "Ich bin mit beiden sehr zufrieden. Bremen ist sehr spielstark. Dem wollten wir Laufstärke entgegensetzen. Arne und Bashi sind sehr aggressiv gegen den Ball, können mit ihrer Schnelligkeit aber auch gut umschalten."
Der Plan des 54-Jährigen ging auf, auch wenn die Partie für die Kurpfälzer denkbar schlecht begann. Der Bundesliga-Absteiger ging durch Nicolai Rapp früh in Führung (12. Minute) – und Schwartz erlebte ein kleines Déjà-vu: "Sie machen mit der ersten Möglichkeit das Tor. Gefühlt war das wie im letzten Heimspiel."
Doch im Gegensatz zur 1:6-Pleite gegen den SV Darmstadt 98 vor drei Wochen, dem letzten Auftritt des SVS am Hardtwald, "hat sich die Mannschaft geschüttelt und eine super erste Halbzeit gespielt".
Sicker verpasste eine Hereingabe von Erika Zenga um Zentimeter (8.), eine Flanke von Kapitän Dennis Diekmeier nickte Pascal Testroet neben das Tor (21.), Aleksandr Zhirov köpfte nach einem Freistoß von Marcel Ritzmaier freistehend über den Kasten (35.) und Ajdini zielte von der Strafraumgrenze knapp drüber (39.). Über mehr als nur einen Treffer – Pascal Testroet verwandelte einen von Ajdini herausgeholten Foulelfmeter (29.) –, hätte sich Werder nach den ersten 45 Minuten nicht beschweren können.
"Ich kann der Mannschaft heute nur einen Vorwurf machen: Dass sie die hochkarätigen Chancen nicht genutzt hat", sagte der Sportliche Leiter Mikayil Kabaca.
Nach dem Seitenwechsel entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. "Beide Teams hatten Möglichkeiten", sagte Schwartz: "Wobei wir die besseren hatten." Testroet (67.), Ritzmaier (68.) und der eingewechselte Alexander Esswein (69.) vergaben im Minutentakt. Dass Kabaca mit Patrick Drewes, der im Sommer vom VfL Bochum kam, ein echter Glücksgriff gelungen ist, stellte der Torwart einmal mehr unter Beweis. Gegen Romano Schmid (72.), Eren Dinkci (76.) und erneut Schmid parierte der in Delmenhorst, knapp 20 Kilometer von Bremen geboren und aufgewachsene Drewes stark. Gastgeschenke verteilte der Keeper, der sein erstes Fußballspiel als kleiner Knirps im Weserstadion gesehen hat, keine. "Patrick hat uns zwei, drei Mal im Spiel gehalten", lobte Schwartz den 28-Jährigen.
Für die Sandhäuser-Führung zeichneten dann zwei Ex-Bremer verantwortlich. Nach einem Ballverlust marschierte Diekmeier, der sechs Jahre im Werder-Nachwuchs verbrachte, auf rechts unwiderstehlich und fand mit seiner präzisen Flanke Testroet, der drei Jahre für die U 19 und die zweite Mannschaft der Hanseaten auflief (85.). "Den konnte ich ja nicht mehr daneben köpfen", schmunzelte der Doppelpacker.
Als für die SVS-Fans unter den 7252 Zuschauern der ersten Heimsieg bereits zum Greifen nah schien und der aus Bremen mitgereiste Anhang angesichts der drohenden fünften Saisonniederlage "Wir haben die Schnauze voll" skandierte, traf Niclas Füllkrug zum 2:2-Ausgleich (90.+2). Danach waren Diekmeier, Ajdini und Co. völlig von der Rolle, hatten bei einem Pfostentreffer von Füllkrug (90.+5) gar Glück, dass sie am Ende nicht mit leeren Händen dastanden.
"Das war ein Genickschlag", sagte Schwartz: "Aber der darf uns nicht umbringen. Wir haben gezeigt, dass wir gegen eine große Mannschaft mithalten können, haben ein gutes Spiel gemacht. Das stimmt mich positiv, auch wenn wir uns nur zum Teil belohnt haben."
Auch Diekmeier machte nach zuletzt zwei Punkten aus zwei Spielen eine "Trendwende" aus. "Klar sind wir nach dem späten Ausgleich enttäuscht. Aber wie wir aufgetreten sind, das war richtig gut. Ich bin überzeugt, dass wir noch viele Punkte holen werden, wenn wir so weiterspielen", sagte der 32-Jährige.
Am nächsten Samstag geht es für den SV Sandhausen bei Dynamo Dresden weiter. Die Sachsen haben als Tabellenzwölfter 13 Punkte auf dem Konto – vier Zähler mehr als der SVS auf Relegationsrang 16. "Da müssen wir gewinnen", forderte Testroet.
Sandhausen: Drewes - Diekmeier, Höhn, Zhirov, Okoroji - Zenga, Bachmann - Ajdini, Ritzmaier (90.+5 Diakhite), Sicker (57. Esswein) - Testroet (86. Soukou).
Bremen: Zetterer - Agu, Mai, Veljkovic, Friedl - Gruev - Schmidt (57. Füllkrug), Rapp (68. Dinkci) - Schmid, Bittencourt (77. Schönfelder) - Ducksch.
Schiedsrichter: Patrick Ittrich (Hamburg); Zuschauer: 7252; Tore: 0:1 Rapp (12.), 1:1, 2:1 Testroet (29., Foulelfmeter/84.), 2:2 Füllkrug (90.+2).