Die Polizei in Kassel schätzte die Zahl der Teilnehmer am Nachmittag auf rund 10.000 im gesamten Innenstadtbereich. Am vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof genehmigten Kundgebungsort in der Peripherie fanden sich zunächst nur wenige Menschen ein.
Die Stadt hatte den Protest zunächst verboten. Jedoch gab der Hessische Verwaltungsgerichtshof zwei Eilanträgen gegen das Verbot statt und kippte es. Die Begründung: Durch die geplante Demonstration drohe keine akute Überforderung des Gesundheitssystems, so das Gericht, das in seinem Beschluss zudem auf die im Grundgesetz verbürgte Versammlungsfreiheit verwies. Unter Auflagen wie dem Tragen medizinischer Masken und Mindestabständen von 1,5 Metern durften 5.000 Teilnehmer demonstrieren.
Während die Polizei 10.000 Teilnehmern zählte, geht der Veranstalter "Freie Bürger Kassel – Grundrechte und Demokratie" von rund 17.500 Teilnehmern aus. Gegen Mittag sammelten sich weitere Demonstranten in der Kasseler Innenstadt und formierten sich nach Polizeiangaben zu einem Gegendemonstrationszug.
Obwohl nur zwei Versammlungen an der Schwanenwiese und dem Platz der Deutschen Einheit mit strengen Teilnehmerbeschränkungen erlaubt worden waren, zogen die Teilnehmer der "Querdenken"-Demonstration durch die Innenstadt. Nur dort war Gegenprotest zugelassen. Die meisten dieser Teilnehmer hielten sich nach Polizeiangaben nicht an die Auflage, Mund- und Nasenschutz zu tragen. Die Polizei konnte die verhängten Versammlungsauflagen nicht durchsetzen.
Kurz darauf, gegen 14.30 Uhr, setzte die Polizei auf dem zentralen Friedrichsplatz am Nachmittag bei Sonnenschein und bei zunächst ruhiger Picknick-Atmosphäre ein Großaufgebot gegen die Demonstranten ein. Dabei erhielten die hessischen Kräfte Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz. Auch Beamte der Bundespolizei, zwei Wasserwerfer und ein Hubschrauber waren im Einsatz. Nachdem die Demonstranten die Aufforderungen ignoriert hatten, sich zum genehmigten Versammlungsort zu begeben, ist es am Samstagnachmittag zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen.
Immer wieder überwanden Gegendemonstranten die Polizeisperren. Es kam zu massiven Prügeleien und Handgreiflichkeiten. Journalisten wurden beschimpft. Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Es kam zu mehreren Dutzend Festnahmen. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete vor Ort über Rangeleien zwischen Polizisten und Demonstranten.
Auch in mehreren anderen europäischen Städten fanden Demonstrationen gegen die Corona-Sperrmaßnahmen statt. In der österreichischen Hauptstadt Wien waren rund 1.000 Personen am Wiener Hauptbahnhof zusammengekommen, die Veranstaltung wurde gegen 14.30 Uhr von der Polizei mit Gewalt und Pfefferspray aufgelöst. "Großteils sind die Teilnehmer jedoch den Weisungen der Polizei nachgekommen", sagte ein Sprecher der Polizei der Agentur APA. Bei dem Protest gab es ein Dutzend Festnahmen und etwa 20 Anzeigen.
Mehr zum Thema - Eskalation bei Demonstration gegen "Corona-Diktatur" in Stuttgart