Mit 132 gegen 36 Stimmen hat Anfang der Woche das Parlament in Tobruk erstmals nach sieben Jahren für Libyen wieder eine Einheitsregierung bestätigt. Parallel dazu wurde der von einem durch die UNO bestimmten Gremium zum Interimspremier gekürte Geschäftsmann Abdulhamid al-Dbaiba vereidigt, nicht im chaotischen Tripolis, sondern in der Einflusszone von Khalifa Haftar und seiner Nationalarmee. Frappierend daran ist, dass die beiden rivalisierenden Machtzentren, Tripolitanien im Westen und die Kyrenaika im Osten, vorübergehend im Einvernehmen handeln. Die künftige Regierung rekrutiert 26 Minister und sechs Staatsminister, darunter sechs Frauen, die u. a. das Justiz- und Außenressort führen.
Diese Exekutive des Übergangs hat den Auftrag, sich selbst überflüssig zu machen. Sie soll zum 24. Dezember Wahlen ermöglichen, aus denen dann ein neues Kabinett hervorgehen könnte. Es gibt insofern für al-Dbaiba einen sehr speziellen Praxistest, der erst noch zu bestehen ist. Vorerst bleibt nur die Hoffnung, dass es die nicht mehr zwischen beiden Machtsphären gesplitteten, sondern einheitlich verwalteten Öleinnahmen erlauben, die Infrastruktur wieder aufzubauen. Ob aber die Wahl stattfindet, ist so wenig sicher wie die Rechtmäßigkeit eines solchen Votums überhaupt. Tatsächlich müsste ein Verfassungsreferendum vorgeschaltet sein, um das nötige konstitutionelle Fundament zu haben. Ganz abgesehen davon, dass die bestehenden Milizen kontrolliert aufzulösen wären. Auch müssten die inzwischen auf etwa 20.000 Mann geschätzten ausländischen Söldner abziehen. Nur wer sollte das durchsetzen? Am Tag der Vereidigung von al-Dbaiba wurden in Tripolitanien weiter Menschen entführt und Kämpfe zwischen rivalisierenden Gruppen ausgetragen. Am 11. März ratterten die Panzer von Milizen durch Tripolis, die offiziell als aufgelöst gelten.
Die Regierung in Ankara hat zwar zugesagt, nach Libyen entsandte Militärverbände abziehen zu wollen. Dennoch sorgen in den vergangenen Tagen türkische Waffenlieferungen für ein gänzlich anderes Zeichen. Ohnehin werden etlichen Ministern der Übergangsregierung gute Kontakte mit Ankara nachgesagt. Demnach ist damit zu rechnen, dass Präsident Erdoğan seinen Einfluss auf Libyen aufrechterhält.
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