Von Stephanie Kern
Schefflenz. "Augusta Bender war eine deutsche Schriftstellerin, Heimatdichterin, Lehrerin und Frauenrechtlerin. Sie schrieb Gedichte, Kalendergeschichten, Erzählungen, Novellen, Kulturbilder und Romane und sammelte historische Texte, Volkslieder, Bauernregeln, Kinderreime und Spruchweisheiten."
Am Samstag würde die Schriftstellerin aus Oberschefflenz ihren 175. Geburtstag feiern. Dass ihr Werk und ihr Leben mehr Würdigung als die kurze Zusammenfassung auf Wikipedia verdienen, zeigte bereits im vergangenen Jahr der Verein "Literaturmuseum Augusta Bender". Gemeinsam mit der Gemeinde Schefflenz eröffnete man ein Literaturmuseum für die Dichterin in Schefflenz. Zum 175. Geburtstag haben Gemeinde und Verein nun wiederum einige Geschenke vorbereitet.
Vier Geschenke sind es eigentlich, wie Vorstandsmitglied Dorothee Roos berichtet. Das erste ist das Museum selbst, das nun unter Corona-Bedingungen sonntags wieder öffnen darf. "Und dann gibt es eine Geburtstagsansprache von Rainer Houck und Lucia Rüger-Markert, der zweiten Vorsitzenden des Vereins", erzählt Roos. "Ich hatte mich natürlich auf den Geburtstagstermin vorbereitet", berichtet Bürgermeister Houck. Nun können Interessierte sich die Rede online anhören und -sehen. "Es geht darin um das Vorbild, das Augusta Bender auch heute noch sein kann und sein sollte", so Houck. Denn trotz aller Entmutigungen habe sie sich nicht unterkriegen lassen und, um ihre Ziele zu erreichen, auch viel Leid in Kauf genommen.
Außerdem gibt es zwei neue Veröffentlichungen. Der Verein um die Vorsitzende Leslie Tramontini hat den Roman "Die Reiterkäthe" neu aufgelegt. 1883 wurde der Roman erstveröffentlicht. Er spielt im Jahre 1640, während des Dreißigjährigen Krieges, und zeigt eine Frau, die ihr Dorf – Oberheimattal – wieder mit aufbaut. In der Neuauflage gibt es nun ein Nachwort von Augusta-Bender-Experte Georg Fischer und einen Plan von Oberheimattal, hinter dem man Oberschefflenz erkennen kann. "Wir haben einen topografischen Plan neu gezeichnet und die Beziehung zwischen den Orten, die im Text genannt sind, hergestellt", erklärt Jörg Scheuerbrandt.
Für den Museumsbeauftragten des Neckar-Odenwald-Kreises ist das Projekt zu einer Herzensangelegenheit geworden. "Ich glaube, bezahlen könnte man diese Arbeit nicht." Weshalb Scheuerbrandt auch klarstellt, dass er Grafikbüros keine Konkurrenz machen, sondern sich in diesem Fall ehrenamtlich engagieren wollte. "Es ist sehr gut geschrieben und sprachlich sehr glaubwürdig", urteilt die Germanistin Dorothee Roos.
Sie ist es auch, die der Schriftstellerin das vierte Geschenk vorbereitet hat. Auf 30 Seiten werden Orte in Oberschefflenz, Zitate und die Lebensthemen von Augusta Bender miteinander in Verbindung gebracht. "Ich habe mich in Schefflenz vertieft." Die Hauptarbeit sei dann gewesen, zu jedem Ort kurze Zitate zu finden und sie den Themen, die sich auch im Museum wiederfinden, zuzuordnen. "Die Farbe Grün dominiert", berichtet Roos. Sie symbolisiert im Museum das Thema Heimat. "Das Büchlein hat auch ein touristisches Element", ist Georg Fischer überzeugt. Auf 30 Seiten sind Erzählorte zu finden, "die es ermöglichen, sich mindestens eine Stunde in Oberschefflenz zu bewegen. Das ist sicher ein Anreiz", meint Fischer, dem schon die nächste Idee vorschwebt: eine Beschilderung für die im Büchlein genannten Erzählorte.
Etwa fünf Tage habe Dorothee Roos für die Auswahl der Textstellen gebraucht. "Wir wollten nicht nur das Museum haben, denn das ist ja in gewisser Weise ein künstlicher Ort. Wir wollten die Orte auch im Dorf auffindbar machen", meint Roos. Neues habe sie durch die neue Arbeit nicht entdeckt. "Aber Augusta Bender ist plastischer geworden." Das Bild der Schriftstellerin bekomme mehr Tiefenschärfe.
Eine Erfahrung, die Georg Fischer seit 30 Jahren immer wieder macht. "Die Einschätzung von Augusta verändert sich immer ein bisschen. Vor 30 Jahren hatte ich fast Mitleid mit ihr", berichtet Fischer. Je mehr er die tatsächlichen fiktionalen Texte gelesen habe, desto freundlicher und positiver wurde das Bild. Ein Bild von Augusta Bender, das sollen sich auch so viele Menschen aus der Region machen. Am morgigen Sonntag besteht dazu eine Gelegenheit, das Museum wird wieder geöffnet sein – und hier können Interessierte auch die beiden neuen Veröffentlichungen erwerben. Es braucht doch mehr als einen knappen Absatz in einem Online-Lexikon, um Augusta Bender zu ihrem 175. Geburtstag zu würdigen ...