Von Stefan Otto
Mannheim. Die Kinos Atlantis und Odeon sowie das Theater Oliv sehen sich vom Ordnungsamt der Stadt ausgebremst. "Wir sind enttäuscht", erklärt Erdmann Lange, der Leiter der beiden zusammengehörigen Kinos. "Wir", schreibt er auch auf der Facebook-Seite der Filmtheater, "hatten bei der Stadt Mannheim angefragt, ob es uns gestattet wird, Privatvorstellungen anzubieten für Personen, die im selben Haushalt leben". Es seien entsprechende Anfragen potenzieller Besucher eingegangen, die den seit nunmehr einem Jahr darbenden Kinobetreibern wenigstens einen kleinen Verdienst hätten bescheren können.
Die Termine wären vorab zu buchen und die Kontaktnachverfolgung somit leicht möglich gewesen, zeigt er sich kopfschüttelnd befremdet angesichts der Reaktion des zuständigen städtischen Fachbereichs Sicherheit und Ordnung. Präsenzveranstaltungen, die der Unterhaltung dienten, seien ganz unabhängig von der Teilnehmerzahl derzeit nicht erlaubt, heißt es im ablehnenden Bescheid der Behörde. Publikumsverkehr bestehe auch, wenn die Kinoräumlichkeiten für private Zusammenkünfte innerhalb der geltenden Kontaktbeschränkungen vermietet würden.
"Wir denken, dass mit solchen geschlossenen Vorstellungen für nur wenige Personen kein größeres Infektionsrisiko einhergeht, als wenn Menschen sich zu Hause im Rahmen der geltenden Möglichkeiten treffen", entgegnet Lange und sieht die Kinos benachteiligt gegenüber dem Einzelhandel. Die zur Zeit betriebene Praxis des "Click & Collect", bei dem nach einer Online-Bestellung die Ware im betreffenden Geschäft abgeholt werden kann, führe seines Erachtens zu weit mehr Kontakten in Verbindung mit dem entsprechenden Infektionsrisiko.
Einen vergleichbaren Vorstoß forscher angegangen ist das Theater Oliv. "Wer jetzt in einer Boutique ein Kleiderstück erwerben darf, soll auch im Theater ein Kulturstück erwerben dürfen", kündigten seine Leiter Boris Ben Siegel und Coralie Wolff ohne vorherige Rücksprache mit der Behörde an und wollten so ein "Click & Meet" auf die Beine stellen. "20 Minuten Theater exklusiv, nur für Sie und Ihre Nächsten", versprach das Angebot für bis zu fünf Teilnehmer, insofern sie alle in einem Haushalt wohnen. Alle Hygienemaßnahmen in dem regelmäßig durchlüfteten und desinfizierten Haus sollten strengstens befolgt werden, die Schauspieler jederzeit negativ auf Corona getestet sein und die Besucher für die gesamte Dauer des Aufenthalts eine medizinische Maske tragen.
Dennoch erreichte die Theatermacher ein Rüffel in Form eines Anhörungsbescheids der Behörde samt Androhung einer saftigen Geldbuße. "Die gebotene Sensibilität und die zwingend erforderliche Verhaltensumstellung zum Infektionsschutz scheinen bei Ihnen nicht hinreichend ausgeprägt zu sein", heißt es in einem Auszug des amtlichen Bescheids, den das Theater am Alten Messplatz nun publik gemacht hat. "Um zukünftige Verstöße zu unterbinden, scheint es daher geboten, Ihnen die Einhaltung der Corona-Verordnung anzuordnen und für den Fall einer weiteren Nichtbeachtung ein Zwangsgeld in Höhe von 3000 Euro anzudrohen." Sobald die Verwaltung von dem Angebot des Oliv erfahren habe, sei vergeblich versucht worden, die Verantwortlichen telefonisch zu erreichen, erklärt eine Stadtsprecherin. Weil die Zeit gedrängt habe, sei die schriftliche Anhörung samt Zwangsgeldandrohung an das Theater gegangen.
Siegel zeigt sich empört, betont aber, es gehe ihm nicht darum, eine Branche gegen die andere auszuspielen. Warum jedoch die Darstellende Kunst etwa den Museen, Galerien und Zoos, Friseuren und Tattoo-Studios nachgeordnet seien, erschließe sich ihm nicht. "Wo führt das hin?" fragt er, genau wie Erdmann Lange, der die Ungleichbehandlung als "schon eklatant" betrachtet, "wenn voll besetzte Flugzeuge Richtung Mallorca abheben, und bei uns darf nicht mal ein großer Saal an vier Personen aus demselben Haushalt vermietet werden".
"Click & Meet" sei für Kunst- und Kultureinrichtungen in der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg nicht vorgesehen, erklärt die Stadtsprecherin. Für Theater, Opern, Konzerthäuser, Kinos und die weitere Breitenkultur werde abhängig vom Infektionsgeschehen frühestens zum 22. März mit Öffnungsschritten gerechnet.