Von Joris Ufer
Heidelberg. Im ehemaligen "Mark Twain Village" in der Südstadt entsteht derzeit ein neues Wohnquartier. Als Erste zogen schon vor einigen Jahren vier gemeinschaftliche Wohnprojekte auf das ehemalige US-Kasernengelände, die sich als "hd_vernetzt" zusammengetan haben – und sich nun gemeinsam an die RNZ wandten. Denn die Pioniere fürchten, dass das neue Wohnquartier – und dabei vor allem der künftige "MTV-Platz" nördlich des Karlstorbahnhofs als eines der Kernstücke – bald Autofahrern als Durchgangsstraße dienen, wenn keine Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung getroffen werden.
Derzeit ist der MTV-Platz oder auch "Zenger-Platz", wie ihn die Anwohner gerne nennen, noch von Bauzäunen, Baggern und Stapeln von Pflastersteinen umringt und komplett ruhig. Doch das dürfte sich ändern. "Grundsätzlich soll der Autoverkehr im gesamten Quartier möglichst gering gehalten und Durchgangsverkehr vermieden werden", heißt es im städtebaulichen Entwurf. "Eine super Idee, aber so wird es nicht kommen, wenn das hier eine Durchgangsstraße wird", merkt Ute Straub an. Sie lebt hier und vertritt gemeinsam mit Bezirksbeirat Felix Schacht und Sabine Bartels die Wohnprojekte, die sich bei "hd_vernetzt" zusammengeschlossen haben. Das Bündnis feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen und erwarb mehrere Grundstücke entlang der Rheinstraße in unmittelbarer Nähe zum MTV-Platz. In den gemeinschaftlichen Wohnprojekten leben mittlerweile 225 Erwachsene und 100 Kinder.
Unterstützt werden die Wohnprojekte bei ihrem Vorhaben von Bezirksbeirätin Heike Hauck und Klaus Baron, dem Vorsitzenden des Stadtteilvereins Südstadt. Der MTV-Platz – da sind sich alle einig – soll für Autofahrer nicht zur praktischen Alternative zur Römerstraße werden, um ohne rote Ampeln zum Nahversorgungszentrum in der Felix-Wankel-Straße zu gelangen. Das nämlich ist nicht einmal einen Kilometer entfernt und könnte durch die neue Verkehrsführung von hier aus in kürzester Zeit erreicht werden. "Ich dachte bei dem Begriff Platz, dass es Sitzgelegenheiten, Bäume und Cafés geben soll", erklärt Sabine Bartels. "Autofahrer sollen sich hier als Gäste fühlen", fügt Heike Hauck hinzu. Die beste Lösung für die Beteiligten: drei versenkbare Poller, die den Verkehr auf Fußgänger, Fahrräder und ÖPNV beschränken sollen. Hauck kündigt an, einen entsprechenden Entwurf in den Bezirksbeirat einzubringen.
Schon im Vorjahr hatten sich die Wohngruppen für die Gestaltung ihres Viertels engagiert. Die Rheinstraße wollten sie zu einem verkehrsberuhigten Bereich machen – ohne Erfolg. Wegen verkehrsrechtlicher Bedenken führte die Stadtverwaltung vorerst nur einen Modellversuch mit einem Tempolimit von 20 Kilometern pro Stunde ein. Auch andere Ideen für eine bessere Verkehrsführung werden nun in der Gruppe diskutiert. Es geht um die Nutzung der umliegenden Straßen und die verstrichene Chance eines weiteren Ausbaus der Sickingenstraße als Zugang zum Nahversorgungszentrum.
Nicht in allem ist man sich einig, wohl aber darin, dass der MTV-Platz der Schlüssel zum Verkehr in der Gegend sei. Sabine Bartels bekräftigt: "Die Motivation aller Wohnprojekte ist die Idee, sich gegenseitig zu unterstützen und unseren Lebensraum gemeinsam zu gestalten."