Von Armin Guzy
Eppingen. Die Absage der Eppinger Gartenschau ist noch nicht beschlossen, aber nach der nicht-öffentlichen Gemeinderatssitzung am Dienstag höchst wahrscheinlich geworden. Die Mehrheit des Gremiums hat sich in einer Probe-Abstimmung tendenziell für eine Verschiebung ins kommende Jahr ausgesprochen. Die Stadt will am kommenden Dienstag eine Pressekonferenz dazu geben, an der sich auch alle Bürger beteiligen können.
"Es tun sich alle schwer mit der Entscheidung", sagte Oberbürgermeister Klaus Holaschke am Mittwoch im Gespräch mit der RNZ. Das gilt nicht nur für die Planer und den Gemeinderat vor Ort, sondern offenkundig auch für die Verantwortlichen beim Land. Baden-Württemberg und Eppingen richten die Gartenschau bekanntlich gemeinsam aus, doch eine verbindliche Aussage zu einer Beteiligung an den Kosten, die bei einer Verschiebung entstehen würden, gibt es laut Holaschke bislang noch nicht. So kurz vor der Landtagswahl am Sonntag ist sie auch kaum noch zu erwarten, und auch, dass sie bis Dienstag vorliegt, wird von vielen bezweifelt. Laut Holaschke geht es um Kosten im unteren einstelligen Millionenbereich; genau ist das aber noch nicht zu sagen.
Der Gemeinderat wird also am kommenden Dienstag voraussichtlich über die Risiken der drei Szenarien "Veranstalten wie geplant", "Um einen Monat verschieben" oder "Um ein Jahr verschieben" diskutieren und auch entscheiden, ohne dabei genau zu wissen, welche finanziellen Auswirkungen die Entscheidung haben wird. Liegt bis dahin keine Aussage des Landes vor – federführend ist das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz –, soll der Beschluss allerdings nur unter Vorbehalt gefasst werden. "Ich will keine Entscheidung ohne das Land", stellte Holaschke ausdrücklich klar, "wir können das nicht alleine stemmen."
Verschiebung liege nicht an den Bauarbeiten
Dass inzwischen tendenziell eine Mehrheit der Gemeinderäte für eine Verschiebung um ein Jahr ist, "liegt nicht am Stand der Bauarbeiten", auch das stellte Holaschke ausdrücklich klar. Derzeit könne sich einfach niemand vorstellen, dass beispielsweise ein Sänger wie Max Mutzke tatsächlich am 20. Juni auftritt – und wenn, dann wohl vor einer stark beschränkten Zahl an Zuschauern und mit gebremster Stimmung. Wie viele der 4500 Dauerkartenbesitzer lässt man dann rein? Und wen genau? Wer wird abgewiesen? Und ganz generell: Sollten Dauerkartenbesitzer wirklich auch noch Zeitfenster buchen müssen, bevor sie das Gelände betreten dürfen? Diese Entscheidungen will von den Verantwortlichen niemand treffen müssen. Der Ärger wäre programmiert.
Aber auch die Verschiebung um ein Jahr ist mit Unsicherheiten behaftet: Bis dahin sollte zwar jeder geimpft sein, aber ob Corona dadurch tatsächlich keine große Rolle mehr spielen wird, kann heute noch niemand seriös sagen. "Keiner von uns kennt den Königsweg", sagte Holaschke, der seit Wochen auf ein Signal des Landes und – angesichts der Tragweite der Entscheidung – auch auf einen Kabinettsbeschluss hofft. Die Zusage einer Kostenbeteiligung würde den Verantwortlichen in Eppingen die Möglichkeit geben, "alle Fragen ohne Zeitdruck zu diskutieren", sagt der OB.
Was wird aus dem Gelände?
Und diese Fragen sind vielfältig und greifen unmittelbar auch in das tägliche Leben der Eppinger ein. Kaum einer kann sich beispielsweise vorstellen, dass die derzeitige Sperrung des Altstadtrings bei einer Verschiebung bestehen bleibt. Aber was wird mit dem Gelände und den bereits aufgestellten Ausstellungsbeiträgen? Wie sichert man diese gegen Vandalismus, falls sie stehen bleiben? Darf vielleicht ein Jahr lang niemand das Gelände mit dem neuen, schmucken See betreten? Wird das Bürgerhaus "Schwanen" dann ein Jahr genutzt und dann für die Gartenschau 2022 wieder dichtgemacht? Und was wird bei einer Verschiebung eigentlich mit der Landesgartenschau 2022 in Neuenburg am Rhein?
Der Etat der Eppinger Gartenschau 2021 ist – inklusive der zwei Millionen Euro vom Land – bis heute auf rund 5,7 Millionen Euro gewachsen. Wie bei jeder Großveranstaltung dieser Art ist zwar mit einem Defizit gerechnet worden, aber nicht in einer Größenordnung, wie sich jetzt abzeichnet. Ein Beispiel: Derzeit liegen sechs Buchungen von Busreiseunternehmen vor – gerechnet wurde aber mit 500 Bussen und einer entsprechenden Zahl an Besuchern, von denen außerdem viele auch etwas essen und trinken wollen – nicht nur auf dem Gartenschaugelände. Holaschke weiß, dass von der sich abzeichnenden Verschiebungsentscheidung am Dienstag auch die örtliche Gastronomie massiv betroffen sein wird. Und dass auch die Vereine und Verbände, die sich an der Gartenschau 2021 beteiligen wollen, komplett umplanen müssen. Andererseits hätten viele ihre geplanten Beiträge wohl personell kaum stemmen können, weil viele Mitglieder derzeit noch Angst haben, sich einem Infektionsrisiko auszusetzen. Der kommende Dienstag wird ein denkwürdiger werden für die Fachwerkstadt.
Info: Die öffentliche Sitzung beginnt unter Pandemie-Bedingungen um 17 Uhr in der Hardwaldhalle. Im Anschluss wird um 18.30 Uhr die Entscheidung des Gemeinderates der Öffentlichkeit in einer Pressekonferenz nochmals näher erläutert. Zu dieser Online-Informationsveranstaltung gelangen Interessierte über den "Webex"-Link Dort besteht auch für die Teilnehmer die Möglichkeit, Fragen zu stellen.