In unserer neuen Reihe „Gestatten, …!“ stellen wir in losen Abständen Persönlichkeiten vor, ohne die und deren Tun Sportvereine und -verbände wie der BTTV ziemlich „aufgeschmissen“ wären: Engagierte im Ehrenamt. Den Anfang machte TT-Bayerns wohl prominentester Schiedsrichter Dr. Torsten Küneth, der sich „nebenbei" auch um die Online-Urteilssammlung des BTTV kümmert. In dieser Tätigkeit arbeitet Küneth nicht selten mit jenem Mann zusammen, um den es diesmal geht. Mit dem höchsten Sportrichter des BTTV: Gestatten, Prof. Dr. Peter Meyer!
In höchsten Instanzen
Der promovierte Jurist und aktive Tischtennis-Spieler, der beim TV Dietenhofen in der Bezirksklasse A spielt und in Nürnberg lebt, startete 2003 eine regelrechte Ehrenamts-„Karriere“. Seinerzeit übernahm der heute 44-Jährige den Vorsitz des Sportgerichts im damaligen BTTV-Bezirk Mittelfranken. Wie sich schnell herausstellen sollte: Ein absoluter „Glücksfall“ für den BTTV und nicht nur für den. Durch seine Sach- und Fachkompetenz, aber auch seine ruhige und besonnene, stets verbindliche und - wenn nötig - auch bestimmte Art, wurde man bald auch auf Verbandsebene und beim DTTB auf ihn aufmerksam: Inzwischen sitzt Meyer den höchsten Gerichten in der Gerichtsbarkeit von BTTV, Deutschem Tischtennis-Bund (DTTB) und Europäischer Tischtennis-Union (ETTU) vor. 2007 übernahm er den Vorsitz des Verbandsgerichts des BTTV, 2009 kam der des Bundesgerichts des DTTB dazu und 2020 jener des Board of Appeal der ETTU. In ihrer Zuständigkeit entscheiden diese Gerichte letztinstanzlich fast alle verbandsinternen Streitfälle. „Als Vorsitzender nehme ich die einleitenden Schriftsätze (Anträge, Klagen, Anzeigen, Berufungen, Revisionen etc.) entgegen und treffe die verfahrensleitenden Entscheidungen (Eröffnung des Verfahrens, Zusammensetzung des Gerichts, Anordnung des schriftlichen Verfahrens oder einer mündlichen Verhandlung). Die Entscheidung selbst wird dann immer in einer Dreier-Besetzung getroffen. Bei den Beratungen habe ich eine Stimme, genau wie die anderen Richter.“
Besonders intensives Jahr 2020
Im Durchschnitt hat Meyer pro Jahr etwa drei/vier „BTTV-Fälle“ plus jeweils ein oder zwei im Bund und auf europäischer Ebene zu bearbeiten. Es gibt aber freilich auch Jahre, in denen es weniger oder (weit) mehr sind. Besonders intensiv war das vergangene Jahr 2020, in dem sich sowohl das Verbandsgericht als auch das Bundesgericht mit einer Vielzahl von Fällen zu befassen hatten, die fast alle mit dem Saisonabbruch auf Grund der Corona-Pandemie zu tun hatten. „Allein 17 Verfahren in Bayern und sieben auf Bundesebene haben uns, die wir ja alle ehrenamtlich tätig sind, in zeitlicher Hinsicht stark gefordert.“
Wer tut sich ein solches Ehrenamt? Wohl nur einer, der wie Meyer auch Freude an der Aufgabe hat und sich ihrer Bedeutung bewusst ist: „Am besten wäre es sicherlich, wenn es zu überhaupt keiner Gerichtsentscheidung im Sport kommen müsste, denn dann liegt kein streitiger Sachverhalt vor. Allerdings ist es auch wichtig, für Streitfälle Sportgerichte zu haben. Diese sind auch unabhängige Organe im Verband, denn ihre Mitglieder dürfen keinem anderen Organ der Exekutive und Legislative angehören. Die Tätigkeit als Sportrichter ist äußerst vielseitig und verbindet die Verbundenheit zum aktiven Tischtennissport mit der Freude an der juristischen Tätigkeit. Stets sind Fälle juristisch korrekt und auch "gerecht" zu entscheiden, wobei wir aber immer versuchen, eine sportliche Perspektive mit einfließen zu lassen, wo das möglich ist. Sicher sind nicht immer alle Beteiligten mit den Entscheidungen zufrieden, aber ich hoffe sehr, dass diese Entscheidungen zumindest respektiert werden. Um das zu ermöglichen, lege ich stets Wert auf eine entsprechende Begründung der Entscheidung. In Bayern werden die Entscheidungen ja auch alle in anonymisierter Form veröffentlicht. So kann jeder nachlesen, welche Gedanken das Gericht zu der einen oder anderen Sichtweise bewogen haben. Diese Transparenz ist für mich sehr wichtig.“
Trainer seit dem 18. Lebensjahr
Das Luther`sche Urteil, dass ein Jurist, der nicht mehr denn ein Jurist ist, ein arm Ding sei, braucht Meyer wahrlich nicht zu fürchten. Allein im Tischtennis ist er mehr als das. Als lizenzierter Übungsleiter und B-Lizenzinhaber ist der aktive Spieler in Verein, Bezirk und Verband auch als Trainer tätig: „Es hat mich schon immer sehr begeistert, talentierten Kindern und Jugendlichen die Freude am Tischtennis zu vermitteln und zu versuchen, diese zu fördern. Daher habe ich gleich mit 18 Jahren das Vereinstraining in meinem Heimatverein TV 09 Dietenhofen übernommen, als mein eigener Trainer im Jugendbereich nicht mehr weitermachen wollte. Eher durch Zufall bin dann mit dem Training in den Stützpunkten des damaligen Bezirks Mittelfranken in Berührung gekommen und habe mich auch dort als Assistenztrainer engagiert. Als dann ein sehr talentierter Jugendlicher sein erstes überregionales Turnier spielen durfte, haben mich die damaligen Verbandstrainer Thomas Müller und Yilmaz Ak gefragt, ob ich dessen Betreuung übernehmen wollte. So bin ich mit dem Leistungssport auf Verbandsebene in Kontakt gekommen und bin seit dieser Zeit immer wieder bei Trainingsmaßnahmen, Turnieren und Lehrgängen im Einsatz gewesen und das bis zum heutigen Tag. Regelmäßig trainiere ich aktuell noch eine Kleingruppe mit vier Spielerinnen und Spielern.“ Dass er in seiner Trainertätigkeit für den Verband inzwischen sogar mit, einem ehemaligen Schützling zusammenarbeitet, freut Meyer sehr: „Verbandstrainer Manuel Hoffmann habe ich schon als B-Schüler bei Lehrgängen des Verbandes trainiert.“
Im Hauptberuf treffen die Liebe zur „Juristerei“ und „Lehre“ zusammen
In seinem Hauptberuf treffen Meyers Begabung und Begeisterung für die „Juristerei“ und die „Lehre“ zusammen: Er ist Professor für Wirtschaftsprivatrecht an der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt. Derzeit ist er dort auch Dekan der Fakultät und viel mit administrativen Aufgaben beschäftigt. „Nach wie vor unterrichte ich aber leidenschaftlich gerne meine Spezialgebiete Arbeitsrecht, Technikrecht, Unternehmensrecht sowie Transportrecht. Dabei versuche ich angehende Wirtschaftsingenieurinnen und Wirtschaftsingenieure sowie Logistikerinnen und Logistiker für das aus meiner Sicht nur vermeintlich "trockene" Recht zu begeistern. Das gelingt mal besser und mal schlechter.“
Gelegentlicher Ball-Wechsel
Wenn Hauptberuf und Ehrenamt es zulassen, wechselt Meyer neuerdings auch gerne mal den Ball. Neben Wandern und Reisen gehört seit kurzem auch das Golf spielen zu den liebsten, gemeinsamen Aktivitäten des Ehepaars Meyer.