In der Amazon-Serie "The Wilds" kämpfen acht junge Frauen nach einem Flugzeugabsturz ums Überleben. Das erzählt etwas über Gruppendynamiken – viel mehr aber über die Probleme, unter denen Teenager in der Gesellschaft leiden.
Die Umgebung ist malerisch: Ozean, Sandstrand, Dschungel. Wie gemacht für einen Traumurlaub. Doch was sich in der Amazon-Serie "The Wilds" vor dieser Kulisse abspielt, ist der reinste Albtraum. Neun Teenager-Mädchen sind nach einem Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel gestrandet und kämpfen dort ums Überleben. Schon bald stirbt die erste von ihnen. Die restlichen acht fechten Kämpfe untereinander aus, wachsen zusammen, retten sich gegenseitig das Leben und suchen nach den kleinsten Anzeichen für eine baldige Rettung.PAID die 5 besten Comedy-Serien 7.25
Was sie nicht wissen: Zu Hause vermisst sie niemand. Sie alle sind Teil eines zynischen Experiments, das die Wissenschaftlerin Gretchen Klein veranstaltet. Das Sommercamp, zu dem sie eigentlich unterwegs waren, ist eine Erfindung. Stattdessen beobachten Klein und ihr Team, wie sich die jungen Frauen in dieser Extremsituation verhalten. Die Gruppe ist mit Bedacht zusammengestellt: Die Mädchen, alle um die 17 Jahre alt, sind unterschiedlicher Herkunft und kommen aus verschiedenen Kulturen innerhalb der USA. Nicht jede von ihnen ist, was sie zu sein vorgibt. Und eine weiß sogar ganz genau, was gespielt wird.
Alle aber haben sie gemeinsam, dass ihnen ihr Leben daheim Probleme bereitet. Nach ihrer Rettung erzählt jede von ihnen Ermittlern und Psychologen, was auf der Insel passiert ist – und wie all das zu ihrer bisherigen Lebensgeschichte passt. So entsteht eine Zusammenschau, in der schnell klar wird, warum die durchaus komplexen Charaktere mitunter nicht so wirken, als wollten sie schnellstmöglich wieder in die Zivilisation zurückkehren. Denn dort fühlen sich die meisten von ihnen unverstanden, allein und unter Druck gesetzt.PAID die 5 besten True-Crime Serien - 1700
Eben das ist der Grund, warum sie von ihren Eltern – die natürlich ebenfalls keine Ahnung von dem Experiment haben – auf das vorgebliche Sommercamp geschickt wurden. Leah beispielsweise soll dort ihre Affäre mit einem doppelt so alten Schriftsteller vergessen, Fatin über ihre Aufsässigkeit gegenüber ihren Eltern nachdenken, Dot sich vom Tod ihres Vaters erholen, Rachel das Ende ihrer Sportkarriere und ihre Bulimie verarbeiten. Doch dann – der Flugzeugabsturz.
Der allerdings ist nur fingiert von der Psychologin Klein, die unter Kollegen dafür bekannt ist, es bei ihren Studien mit den ethischen Richtlinien nicht so genau zu nehmen. Um jeden Preis möchte die Wissenschaftlerin herausfinden, wie eine Gruppe von Mädchen diese Prüfung übersteht. Und die Serienmacher geben sich große Mühe, nicht vollends zu verraten, was wirklich hinter dem Sozialexperiment steckt. Nur Stück für Stück werden die Hintergründe für den Zuschauer enthüllt. Das macht einiges, was auf der Insel passiert, schwer nachvollziehbar. Zwischenzeitlich droht die eigentlich sehr sehenswerte Serie sogar ins Absurde abzurutschen, fängt sich aber glücklicherweise rechtzeitig wieder.
So erzählt diese Mischung aus "Lost", "Cast Away" und "Herr der Fliegen" ein wenig darüber, wie eine soziale Gruppe den Überlebenskampf zwischen Konflikt und Zusammenhalt annimmt. Viel mehr aber sagen die zehn Folgen von "The Wilds" darüber aus, unter welchen Problemen Teenager und junge Frauen in der Gesellschaft leiden. "Dieses kranke, hässliche Gefühl, lieben und geliebt werden zu wollen", nennt die 17-jährige Leah das im Gespräch mit den Ermittlern – und erklärt: "Wir sind nicht verrückt. Wir sind nur verletzt. Und wenn Sie die Ursache dafür suchen, dann suchen Sie nicht auf dieser Insel."