Sandhausen. (dpa) Trainer Michael Schiele glaubt nicht, dass sein Ansehen durch die Suspendierung von Torwart Martin Fraisl innerhalb der Mannschaft des SV Sandhausen schwindet. "Meine Autorität wird nicht untergraben", sagte der Coach des Fußball-Zweitligisten am Dienstag. "Es ist eine Entscheidung, die vom Verein richtig getroffen wurde, und ich gehe davon aus, dass dadurch auch ein Reinigungsprozess stattfinden wird."
Fraisl war vor zwei Partien von Rick Wulle verdrängt worden und ist am Sonntag vor dem Heimspiel gegen Holstein Kiel deswegen mit Schiele aneinandergeraten. Schiele wollte den Vorfall nicht konkretisieren: "Es sind Dinge in der Kabine vorgefallen, die ich als Trainer nicht dulden kann. Mehr möchte ich dazu nicht sagen." Im DFB-Pokalspiel am Mittwochabend (18.30 Uhr/Sky) beim Bundesliga-Vierten VfL Wolfsburg wird Wulle erneut im Tor stehen.
Beim Favoriten, der in dieser Saison erst eine Niederlage hinnehmen musste, wird der 42-Jährige rotieren und hofft darauf, die Niedersachsen zu überraschen: "Das ist ein absoluter Top-Gegner, aber wir dürfen uns nicht ausschließlich auf Torjäger Wout Weghorst konzentrieren. Wir wollen das Spiel lange ausgeglichen gestalten und vereinzelte Nadelstiche setzen." Während Denis Linsmayer und Julius Biada ihre Blessuren auskuriert haben, fällt Abwehrchef Alexander Schirow weiter aus.
Update: Dienstag, 22. Dezember 2020, 14.07 Uhr
SV Sandhausen suspendiert Torwart Fraisl
Von Claus Weber
Sandhausen. Als Jürgen Machmeier den Bussines-Turm des Hardtwaldstadions betrat, fror er. "Hier ist aber kalt", stellte der Präsident des SV Sandhausen fest und schmunzelte: "Man merkt, dass wir sparen müssen." Tatsächlich sollte es bei der Pressekonferenz zum Jahresende vor allem um knappe Finanzen, Kurzarbeit und Einsparungen gehen – um die Probleme eben, die die Corona-Pandemie dem Fußball-Zweitligisten bereitet.
Am Ende aber rückte doch das Sportliche in den Vordergrund. Der Chef gab bekannt, dass Martin Fraisl suspendiert wurde. Der Torwart soll sich mit Trainer Michael Schiele vor dem Spiel am Sonntag gegen Kiel (0:2) in der Kabine ein lautstarkes Wortgefecht geliefert haben. Es sei zu keiner körperlichen Gewalt gekommen, aber viel habe offenbar nicht gefehlt. Fraisl, seit Sommer 2018 die unumstrittene Nummer eins im Tor, hatte in den letzten beiden Partien seinen Platz für Rick Wulle räumen müssen. Das dürfte dem Österreicher nicht gepasst haben. "Martin ist unheimlich ehrgeizig", sagte Machmeier, "aber er hat eine Grenze überschritten und er wird hier nicht mehr spielen." Der Vertrag des 27-Jährigen wäre noch bis Juni 2022 gelaufen.
Der Kabinen-Eklat kommt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Die Mannschaft kämpft gegen den Abstieg, es stimmt nicht im Team und der Trainerwechsel von Uwe Koschinat zu Michael Schiele hat bisher keine Wirkung gezeigt. Im Gegenteil. Jetzt muss sich der SVS auch noch nach einem neuen Torwart umsehen. "Wir hatten uns die Saison ganz anders vorgestellt", gab Machmeier zu. Der Chef wehrte sich gegen die Kritik, der Kader sei falsch zusammengestellt oder zu alt, räumte aber ein: "Das Mannschaftsgefüge passt noch nicht, einige Spieler sind noch nicht richtig angekommen." Das Budget lasse weitere Verstärkungen kaum zu. "Wenn es aber einen Spieler gibt, der uns weiterhilft, müssen wir den Spielraum schaffen", sagte Machmeier. Profis, die keine Perspektive sähen und wegwollten, könnten ohne Ablöse gehen. Auch das könnte den Etat entlasten.
Schließlich fehlt dem Verein allein eine Million Euro aus Zuschauereinnahmen. Und künftig muss der Zweitligist auch noch mit 1,8 Millionen Euro weniger Fernseh-Geldern auskommen – ein beachtlicher Brocken im 18 Millionen Euro-Etat. Ein KfW-Kredit, Gehaltsverzicht und Kurzarbeit halfen bisher dabei, die Krise zu meistern. Und die Unterstützung der Sponsoren, die dem SVS trotz Geisterspiele die Stange hielten und ihr Engagement zum Teil noch verstärkten. Die Rückforderungen lagen unter 10 000 Euro, verriet Machmeier. Man bedauere sehr, keine Zuschauer ins Stadion lassen zu dürfen, erklärte der Präsident, gab aber Entwarnung: "Wir können die Pandemie überstehen, auch wenn wir bis zum Ende der Saison vor leeren Rängen spielen müssen."
Dazu bedarf es jedoch weiterer Einsparungen. Machmeier glaubt, dass sich durch die Pandemie auch die Spielergehälter künftig reduzieren, vor allem aber die Prämien für deren Berater.
Auch das Team hinter dem Team muss sparen. Von Januar bis März wird es wieder Kurzarbeit für die 16 Mitarbeiter der Geschäftsstelle geben. Die kleine Belegschaft (Geschäftsführer Volker Piegsa: "Andere Klubs habe das Zwei- und Dreifache an Personal") habe zuletzt viele Service-Angebote auf den Weg gebracht, z.B. den Players-Talk, das Hardtwald-Radio oder den Podcast. Piegsa dankte auch dem Fan-Beauftragten Timm Merten, der ab Januar von Juliane Hoppart unterstützt wird und der den Anstoß dazu gab, dass am Hardtwald künftig mehr Schiedsrichter gewonnen werden. Die Zahl der Referees soll von bisher vier auf bis zu 17 gesteigert werden, Regelschulungen sollen im eigenen Nachwuchs-Leistungs-Zentrum stattfinden.
Und auch über die Abmeldung der U23 im Sommer mache man sich Gedanken. Weil sie einen erheblichen Kostenfaktor darstelle, als Sprungbrett für eigene Talente bislang aber kaum diene. "Wir sind mit unserem Nachwuchszentrum noch nicht so weit", sagte Machmeier. Trainer Frank Löning habe man frühzeitig informiert. Das sei der Hauptgrund für seine Kündigung zum 1. Januar gewesen. Ein Coach aus den eigenen Reihen soll die Oberliga-Elf übernehmen.
Übrigens: Die Heizung im Business-Turm hatte man nur vergessen anzuschalten. So schlecht geht es dem SV Sandhausen nun auch noch nicht.
Nach einem Vorfall in der unmittelbaren Vorbereitung auf das Spiel des SV Sandhausen gegen @Holstein_Kiel am Sonntag wurde Torhüter Martin Fraisl von Seiten des Vereins am heutigen Montag freigestellt.
— SV Sandhausen 1916 e.V. (@SV_Sandhausen) December 21, 2020
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Update: Montag, 21. Dezember 2020, 19.03 Uhr