Von Annette Steininger
Hirschberg. Die Haushaltsrede von Bürgermeister Ralf Gänshirt am Mittwoch war in mehrfacher Hinsicht eine besondere. So war es der erste von der neuen Kämmerin Claudia Keil erarbeitete Haushaltsplanentwurf – am Nachtragshaushalt hatte sie bereits mitgearbeitet – und die erste nicht mündlich gehaltene Rede. Die Gemeinderäte erhielten sie schriftlich. Auf den Vortrag wurde zugunsten "eines möglichst schnellen Sitzungsablaufs" verzichtet. Schließlich standen noch weitere große Tagespunkte bei der letzten Sitzung des Gemeinderats 2020 in der Alten Turnhalle an.
Gänshirt bezeichnet in seiner Rede die aktuelle Situation als "wohl schwierigste in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands". Und auch der Haushalt an sich zeigt, dass die Gemeinde vor einigen Herausforderungen steht, schließlich sind viele Investitionen im Haushaltsplanentwurf 2021 vorgesehen, die die Verschuldung der Gemeinde in die Höhe treiben werden. So plant die Kommune mit insgesamt 8,2 Millionen Euro an Investitionen. "Dies, meine Damen und Herren, ist ein stolzer Betrag, der zeigt, welche Projekte und finanziellen Herausforderungen vor uns stehen", betont Gänshirt.
Allein für Baumaßnahmen sind knapp 6,5 Millionen Euro eingeplant. Diese reichen von der Großbaustelle Kindergarten in der Fenchelstraße, Neubau des Spielplatzes Landwehrhagener Platz, über erforderliche Sanierungen gemeindeeigener Anwesen, Sanierung der Sporthallen bis zur Erhaltung der Infrastruktur. "Ohne Kreditaufnahmen sind diese Projekte nicht zu stemmen", macht der Bürgermeister deutlich.
Daher hat die Gemeinde hierfür vier Millionen Euro eingeplant. Sollte diese Kreditaufnahme tatsächlich realisiert werden und die Gemeinde die Kreditermächtigung aus dem Jahr 2020 über zwei Millionen Euro in Anspruch nehmen, würde die Verschuldung bis zum Ende des Jahres 2021 "auf sage und schreibe" (Gänshirt) 9,08 Millionen Euro ansteigen. Dies entspräche einer Pro-Kopf-Verschuldung von 913 Euro, die aktuell bei 338 Euro liegt.
Der Bürgermeister gibt auch einen Ausblick: In den Folgejahren müssten "zur Sicherstellung der Mindestliquidität" ebenfalls Kreditaufnahmen eingeplant werden: Aufgeteilt auf die Jahre 2022 bis 2024 seien dies weitere vier Millionen Euro. Sollten alle Projekte wie geplant realisiert werden, liegt die Liquidität in den Jahren 2022 und 2023 mit nur noch 55.000 Euro beziehungsweise 36.000 Euro weit unter dem Mindestbetrag von rund 450.000 Euro.
Zwar könne die Mindestliquidität 2024 rein rechnerisch mit rund 875.000 Euro wiederhergestellt werden, "aber uns allen muss klar sein, dass bei einer Verstetigung dieser Situation künftig die Genehmigungsfähigkeit des Haushaltsplans in Frage steht", macht Gänshirt den Ernst der Lage deutlich. "Ich muss nicht näher erläutern, dass dies unseren Handlungs- und Entscheidungsspielraum für Projekte, die von vielen als wünschenswert erachtet werden, stark einschränkt beziehungsweise bis auf Null reduziert." Wenn man dann noch das mittelfristige Investitionsprogramm betrachte, in dem in den Jahren 2022 und folgende weitere rund 13,04 Millionen Euro an Investitionen veranschlagt sind, werde deutlich, dass der Handlungsspielraum für die kommenden Jahre nahezu ausgeschöpft sei. Die Gemeinde steht laut Gänshirt vor "einem Sanierungsstau" nur für den Erhalt der Infrastruktur für die kommenden zehn bis 15 Jahre von mindestens 20 Millionen Euro. Dabei seien zu erwartende Sanierungsaufwendungen wie für den Schulpavillon oder den Hof der Martin-Stöhr-Schule noch gar nicht enthalten. "Das Ansteigen der Verschuldung ist vor dem Hintergrund der zwingend erforderlichen Investitionen unumgänglich, wird jedoch die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Gemeinde einschränken", betont der Bürgermeister.
"Wir müssen unsere Entscheidungen und Handlungsweisen, aber vor allem unsere Standards an diese finanzielle Lage anpassen müssen." Dies bedeute: Ausgaben reduzieren. "Gleichermaßen müssen wir aber auch die Einnahmenseite dauerhaft stärken und auf einem höheren Niveau verstetigen." Zumal die Gemeinde auch schon ohne die Investitionen einiges im laufenden Geschäft zu stemmen hat wie die Kinderbetreuung mit insgesamt fünf Millionen Euro.
Trotz aller Negativbotschaften: Mittelfristig sieht die Verwaltung ab 2022 einen kleinen Silberstreif am Horizont. "Wir erwarten positive Ergebnisse, ab 2023 sollte der Ergebnishaushalt mit positiven Ergebnissen abschließen, die sogar wieder über der Millionengrenze liegen", sagt Gänshirt. Auch zum Wirtschaftsplan für den Eigenbetrieb Wasserversorgung hat er Positives zu verkünden: Seit diesem Jahr beträgt der Wasserpreis 1,80 Euro pro Kubikmeter, eine weitere Anpassung sei zum aktuellen Zeitpunkt nicht vorgesehen.
Die Haushaltsberatungen sind für den 2. Februar geplant, die Verabschiedung des Haushaltsplans für den 23. Februar.