Von Peter Bayer
Eberbach. Schlangen vor den Friseursalons, viele Kunden in den Geschäften: Die Eberbacher nutzten die letzten Tage vor dem morgigen Shutdown, um noch Weihnachtsgeschenke zu besorgen oder sich selbst einen weihnachtstauglichen Haarschnitt verpassen zu lassen. "Heute wird ein Rekordtag", freute sich EWG-Vorsitzender Dietrich Müller über die Resonanz. Und Susanne Reinig sprach gar von "Land unter" am Montag. Andere zeigten sich mit dem Wochenende zufrieden, der große Ansturm blieb bei ihnen gestern allerdings aus. Für die Schließung des Einzelhandels hatten die befragten Händler alle Verständnis.
Pünktlich zur Ladenöffnung um 9 Uhr warteten bereits die ersten Kunden vor den Türen des Modehauses Müller. Nach einem "erfreulich hohen Kundenaufkommen" am Freitag und Samstag prophezeite Geschäftsführer Müller am Mittag "heute wird ein Rekordtag". "Bis jetzt sind wir sehr zufrieden", sagt er. Mit der Schließung ab Mittwoch hatte er sogar schon ab Montag gerechnet. "Es geht nicht ohne einschneidende Maßnahmen", zeigt er volles Verständnis für die Beschlüsse. "Es muss eine dramatische Handlung stattfinden." Er hofft auf einen überschaubaren Zeitraum für die Schließungen. Während dieser Zeit ist das Modehaus telefonisch erreichbar. "Die Leute können Wünsche äußern, wir richten eine Auswahl und liefern sie in einem Umkreis von 20 Kilometer auch selbst aus", sagt er.
Wichtig sei es nun für die kleinen Einzelhändler, dass die versprochenen Programme der Politik auch ankommen. "Die Politiker wundern sich, dass bislang nur ein Bruchteil abgerufen wurde. Kleine Händler sind mit den komplizierten Anträgen jedoch überfordert", sagt er. Die Hürden seien zu hoch, zu kompliziert. "Man muss die Hilfsmaßnahmen umsetzbar machen", fordert der Vorsitzende der Eberbacher Werbegemeinschaft.
"Ich bin entzückt von unserer Kundschaft", sagt Susanne Reinig von elektro plus Reinig. Die letzte Woche sei gut gelaufen. Am Montag sei sogar "Land unter" gewesen, mit dem Besucherandrang zeigt sie sich sehr zufrieden. Sie habe viele liebe Worte der Kunden bekommen und viel Rückhalt erfahren. "Das Bedürfnis, dass der Handel in Eberbach weiterlebt ist groß", hat sie in Gesprächen mit den Kunden erfahren. Im "Hintergrund" laufe der Notdienst weiter, zu normalen Öffnungszeiten sei man telefonisch erreichbar. Sollte eine Wasch- oder Spülmaschine kaputtgehen, stünden die Männer bereit für die Reparatur. Zudem werde der Online-Shop aufgebaut. "Eberbach schafft das schon", zeigt sie sich optimistisch und zeigt Verständnis für die Schließungen.
"Es gibt ein erholsames Weihnachtsfest", versucht es Regina Bier von Leder Exquisit mit Humor, fügt allerdings ein "die Lage ist ernst" hinzu. Am Samstag seien die Leute in Scharen in den Laden geströmt, um noch Weihnachtsgeschenke zu kaufen, am Montagvormittag nur noch vereinzelt. Die beschlossenen Schließungen sieht sie als erforderlich an, "es gibt keinen anderen Ausweg". Ob sie ihr Geschäft in der Bahnhofstraße heute noch länger offen lässt, will sie kurzfristig anhand des Andrangs entscheiden. Dass die Maßnahmen am 10. Januar enden, glaubt sie nicht.
"Es wird einige Silvesterausreißer geben", fürchtet sie, dass sich nicht alle an die Ausgangbeschränkungen halten. Doch eine Verlängerung der Maßnahmen ist ihr lieber als eine erneute Schließung im Mai, sollte es zu einer dritten Welle kommen. Über den Onlineshop besteht die Möglichkeit, noch das eine oder andere Geschenk zu bekommen. Bis 24. Dezember, 16 Uhr, sind Bestellungen möglich, ausgeliefert wird in Eberbach und circa zehn Kilometer Umkreis.
Dass die Leute offenbar das Wochenende noch einmal zum Einkaufen genutzt haben, bestätigt Christiane Karl vom Schuhhaus Fritz Karl. Freitag und Samstag waren "erfreulichere Tage", sagt sie. "Die Leute haben offenbar gedacht, sie müssen sofort noch einkaufen gehen." Am Montag war auch hier der Laden leer. Mit der Öffnung bis 19 Uhr wolle man den Kunden mehr Gelegenheiten geben. Bummeln werde aber keiner, ist sie überzeugt. Dass der 10. Januar der letzte Tag der Schließungen sein wird, glaubt sie nicht, fürchtet, dass die Geschäfte noch bis Ende Januar zu bleiben. Auch wenn das Geschäft geschlossen ist, bietet das Schuhhaus einen Abholservice an. "Die Leute können Waren zusammenstellen und zuhause probieren", sagt sie. Diese Aktion sei bereits im April gut angenommen worden. "Wir dürfen noch Lebensmittel einkaufen oder sogar mit einem Freund spazieren gehen – es lässt sich alles machen", gewinnt Karl der Situation noch etwas Positives ab.
Bereits im dritten Jahr gibt es das Spielwarengeschäft von Mahmud Ismail. Er leidet unter den Schließungen, ist die Weihnachtszeit doch die Hauptsaison. Der Umsatz sei schlechter als im guten Vorjahr. Da er noch den Hermes-Paketshop im Laden hat, darf er von 9.30 bis 13 Uhr öffnen, in der Zeit können die bestellten Waren abgeholt werden.