Von Christiane Barth
Reichartshausen. Schmutz, Lärm und Staub: Darauf müssen sich die Anwohner an Reichartshausens südwestlichem Ortsrand fürs Erste einstellen. Dennoch war dies in der Gemeinde ein Grund zu großer Freude und man ließ schon mal die Schaufeln und den Dreck fliegen. Bei dieser symbolischen Geste wird es jedoch nicht bleiben: Das Neubaugebiet "Bettelmannsklinge", auf dessen Verwirklichung die Gemeinde im sogenannten "vereinfachten Verfahren" seit zwei Jahren mit Nachdruck hinwirkt, nimmt jetzt – gerade einmal ein halbes Jahr nach dem Satzungsbeschluss zum Bebauungsplanverfahren – konkrete Formen an.
Wann genau die Bagger anrollen? "Sobald der Hafer abgemäht ist", so jedenfalls drückte sich Arno Linder vom Erschließungsträger "GKB" beiläufig aus. Der offizielle Spatenstich auf dem knapp 28.000 Quadratmeter großen Bauland legte bereits ziemlich guten Boden frei. "Mit einer kleinen Erdbewegung werden wir hier gleich Großes bewegen", kündigte dann Bürgermeister Gunter Jungmann den Beginn der Bauarbeiten an. Angestoßen wurde die Umsetzung des neuen Wohngebietes (der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans wurde am 19. September 2018 gefasst) noch unter der Regie seines Vorgängers und jetzigen Ehrenbürgers, Otto Eckert, der ebenfalls gleich beherzt den Spaten schwang. Nach den Wohngebieten "Hiel III" (Fertigstellung 2000) und "Im Trieb Krummenacker" (2007) ist dies nun das dritte Neubaugebiet der Gemeinde im Zeitraum von zwei Jahrzehnten.
Die Gemeinde Reichartshausen wächst, scheint begehrt und für ein Grundstück in der "Bettelmannsklinge" haben sich bereits 30 Interessenten bei der Verwaltung gemeldet. Bürgermeister Jungmann sprach von einem "wegweisenden Projekt".
58 Grundstücke, 34 davon im Eigentum der Gemeinde, werden auf dem Areal, das außerdem zu einem Drittel aus Biotopen und Grünzonen besteht, geschaffen. "Somit wird auch deutlich, dass die Planung sehr nachhaltig und im Einklang mit der Natur erfolgte", merkte Jungmann an. "Vorhandene ökologische Strukturen werden so weit wie möglich erhalten."
Dass dieses Baugebiet das erklärte Leitbild der Kommune "Wohnen-Arbeiten-Leben", unter dessen Geleit diese ihr Gemeindeentwicklungskonzept mit dem Titel "Reichartshausen 2035" gestellt hat, in die Tat umsetze, und dass durch die gute Lage auch sehr gute Vermarktungschancen zu prognostizieren seien, merkte Jungmann ebenfalls an. Außerdem sagte er, dass man die Bürger in der Gemeinde halten, aber auch neue hinzugewinnen wolle. "Gerade für junge Familien scheint unser Dorf wie geschaffen", ist sich der Bürgermeister sicher.
Die Fertigstellung der Erschließung ist für Herbst nächsten Jahres anvisiert. Vorgesehen ist in der "Bettelmannsklinge" ausschließlich Einzelhausbebauung, die Grundstücke werden eine Größe von 400 bis 750 Quadratmeter haben. Die Erschließungskosten liegen bei 3,4 Millionen Euro. Im Herbst werde man die Vergabekriterien für die Bauplatzinteressenten festlegen, die danach angeschrieben und um ihre Bewerbung für die Bauplätze gebeten werden sollen, umriss Jungmann das weitere Vorgehen, den Häuslebauern nun ihr künftiges Zuhause zu ermöglichen.
Linder von der "GKB" hob die beschleunigte Marschrichtung des Bauvorhabens hervor: "So schnell, wie es hier gegangen ist, wünscht man sich das für jedes Baugebiet." Den obligatorischen ersten Spatenstich hätte man sogar noch früher organisieren können, wenn es nicht Probleme mit der Grünzäsur (wir haben berichtet) und mit einem der Grundstückseigentümer geben hätte: "Aber diese Probleme sind jetzt alle gelöst, wir haben die Rechtskraft, wir können loslegen", sagte er.
Emil Eckert, der Geschäftsführer der gleichnamigen Baufirma, die das Vorhaben umsetzen wird, kündigte "umfangreiche Tiefbaumaßnahmen" an, bei denen viel Dreck, Erde, Schmutz und Staub anfalle: "Wir werden versuchen, dies so stark wie möglich einzugrenzen." Bei den Preisverhandlungen hätten sich bereits erste Auswirkungen der Corona-Krise niedergeschlagen. Die Verhandlungen mit dem Erschließungsträger zudem seien hart, aber fair gewesen. Der erzielte Pauschalpreis werde sich daher positiv auf die Erschließungskosten auswirken. "Ich hoffe, dass wir dieses Projekt fair und konstruktiv durchführen können", sagte Eckert, der die Verantwortung für das Bauvorhaben an seinen Sohn und seinen Neffen übergab.