Mannheim. (RNZ) Eigentlich hätte der Micro-Hub auf einer Teilfläche des Parkplatzes M 4 bereits im Juli in Betrieb gegen sollen: Doch jetzt hat die Stadtverwaltung den Start für das temporäre Umschlagdepot für Post- und Paketsendungen auf Herbst verschoben. Aufgrund der Corona-Situation im Frühjahr seien sowohl die beteiligten Logistik-Dienstleister als auch der Fachbereich für Wirtschafts- und Strukturförderung erheblich gefordert gewesen, sodass man sich für eine Verschiebung des Projektstarts entschieden habe, hieß es in einer Mitteilung des Rathauses.
Das Pilotprojekt Micro-Hub ist ein Baustein des von der Bundesregierung geförderten Gesamtkonzepts "Modellstadt zur Luftreinhaltung". Da das Bundesumweltministerium die Projektlaufzeit und somit auch den Förderzeitraum der Modellstadtprojekte aus den gleichen Gründen um ein halbes Jahr bis Juni 2021 verlängert hat, ist dies ohne Einschränkungen für die Testphase des Micro-Hubs möglich.
Vom Parkplatz in M 4 aus soll ein Teil der innerstädtischen Sendungen für "die letzte Meile" auf Elektro-Lastenfahrräder umgeladen werden, die diese dann an Privat- und Gewerbeempfänger verteilen. Ziele des Pilotprojekts sind die Reduktion von innerstädtischen Schadstoffen aus Verbrennungsmotoren, weniger Flächenverbrauch durch große parkende Lieferfahrzeuge, eine Abnahme der motorisierten Logistikverkehre und letztendlich eine Verbesserung der verkehrlichen Abläufe sowie mehr Lebensqualität in der Innenstadt.
Update: Sonntag, 19. Juli 2020 Uhr
Ein Umschlagplatz für Paketboten
Von Heike Warlich-Zink
Mannheim. Bei dem Projekt "Modellstadt Mannheim" geht es vor allem um den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und Radwege in der Quadratestadt. "Doch es gehören noch weitere Bausteine dazu", sagt Christiane Ram, Leiterin des Fachbereichs für Wirtschafts- und Strukturförderung der Stadt Mannheim. Ein solcher Baustein, um die Mobilitätswende voranzutreiben und die Luft in der Innenstadt zu verbessern, ist das Pilotprojekt "Micro-Hub".
Gemeint ist ein Umschlagdepot für Lieferdienste. Dort sollen Post- und Paketsendungen vom Diesel-Sprinter auf ein Lastenrad umgeladen werden, um sie dann in den Quadraten auszufahren. Das geplante Depot besteht aus Containern und wird auf der Teilfläche eines Parkplatzes im Quadrat M 4a eingerichtet. Das Projekt beginnt am 1. Juli und ist zunächst auf sechs Monaten begrenzt.
Der Plan der Stadt sieht wie folgt aus: Die Zulieferer der Paketdienste laden die Sendungen im Zwischendepot ab. Dort werden sie dann auf Elektro-Lastenräder umgeladen und an Privatkunden wie Geschäfte in der Innenstadt verteilt – ganz ohne Schadstoff- und Lärmemissionen. "Es geht dabei nicht um die Zulieferverkehre mit großen Lkws, sondern um die sogenannte ‚letzte Meile‘", erläutert Georg Pins, Clustermanager für die Themen Energie, Mobilität und Produktion in der Wirtschaftsförderung der Stadt Mannheim.
Ziel der Planer ist es, die Lieferwagen der Paketdienste aus den Quadraten herauszuhalten. Sie sollen stattdessen über die Bismarckstraße zum "Micro-Hub" fahren. Man wolle den Online-Handel damit nicht begünstigen, sondern intelligente Lösungen für die steigende Zahl von Paketzustellungen finden, betont Ram. Wenn die Diesel-Sprinter nicht mehr kreuz und quer durch die City fahren, ließen sich dadurch Schadstoffe reduzieren und die Lebens- und Standortqualität in der Innenstadt verbessern.
Mithilfe des "Micro-Hubs" will die Stadtverwaltung außerdem die Anzahl parkender Lieferfahrzeuge in zweiter Reihe verringern und den Verkehr in der Innenstadt entlasten. Für das Pilotprojekt fallen auf dem Parkplatz im Quadrat M 4 insgesamt 22 von 90 Stellplätzen weg. Diesen Platz brauchen die Planer, um dort mehrere Mietcontainer und die E-Lastenräder samt Elektroanschlüssen unterzubringen. Noch ist von all dem nichts zu erkennen. "Wir gehen mit dem Vorhaben jedoch bewusst früh an die Öffentlichkeit", sagt Pins.
Bis zum Start des Projekts im Juli wollen die Partner aus Verwaltung, Handel und Logistik ihre Pläne weiter konkretisieren und die Anwohner entsprechend informieren. Nach derzeitigem Stand machen mindestens zwei Lieferdienste mit. Georg Pins rechnet damit, dass pro Tag vier bis sieben Sprinter den "Micro-Hub" anfahren und dort etwa 530 Pakete umladen. "Wir werden dadurch keine Unmengen von Verkehr erzeugen", betont er. Es soll auch keine baulichen Veränderungen geben – ebenso wenig Baumfällungen oder zusätzliche Flächenversiegelungen.
Wie der "Micro-Hub" angenommen wird und ob er eine nachhaltige und umweltverträgliche Lösung für den Lieferverkehr im Stadtgebiet ist – diese Fragen will man im Rahmen einer Evaluation nach dem Testlauf klären. In Nürnberg und Berlin wurden bereits ähnliche Konzepte getestet. Dabei habe sich gezeigt, dass man nicht nur in ökologischer und organisatorischer Hinsicht positive Ergebnisse erzielte, sagt Pins. Ein solcher "Micro-Hub" rechne sich auch für die Logistik-Unternehmen, weil diese durch die Nutzung der Lastenräder motorisierte Fahrzeuge einsparten.
In Berlin wird das Modellprojekt im Stadtteil Prenzlauer Berg nach der Testphase sogar fortgeführt. Dort beteiligten sich fünf Paketdienste an dem Mini-Logistikzentrum. In zehn Monaten Feldversuch legten die Fahrer insgesamt 38.000 Kilometer mit den Lastenrädern zurück und sparten dadurch rund 28.000 Kilometer ein, die sie sonst mit einem Lieferwagen zurückgelegt hätten. Insgesamt kamen dadurch fünf Fahrzeuge weniger zum Einsatz. Das entspricht einem Einsparpotenzial von elf Tonnen CO2.