Der EU-Gipfel zum nächsten Sieben-Jahres-Haushalt der Union ist gescheitert. "Die Differenzen waren einfach zu groß", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitagabend in Brüssel nach den 28-stündigen Verhandlungen. Sie sah noch "viel Arbeit" vor den Mitgliedstaaten, um eine Einigung auf das über eine Billion Euro schwere Budget zu erzielen. Ein neuer Gipfel-Termin steht noch nicht fest.
Ratspräsident Charles Michel hatte kurz vor dem Gipfel einen Vorschlag für das EU-Budget für die Jahre 2021 bis 2027 unterbreitet. Er sah ein Gesamtvolumen von 1,074 Prozent der Wirtschaftsleistung vor. Dies sind über sieben Jahre knapp 1095 Milliarden Euro.
Der Vorschlag war einer Gruppe von Nettozahlerländern aus Dänemark, den Niederlanden, Österreich und Schweden aber deutlich zu hoch. Andere Länder wie Spanien, Frankreich, Polen und Ungarn kritisierten deutliche Einschnitte bei den Milliardenhilfen für Europas Bauern beziehungsweise für strukturschwache Regionen.
Michel hatte in vielen Gesprächen mit einzelnen Ländern in der Nacht zum Freitag und bis zum Freitagabend versucht, Kompromisse auszuloten. Am Nachmittag wollte dann die EU-Kommission mit einem leicht um zehn Milliarden Euro gekürzten Etatplan Bewegung in die verhärteten Fronten bringen.
Dieser wurde laut Merkel aber nicht im Detail diskutiert. Nachdem die Staats- und Regierungschefs am Freitagabend erstmals seit Donnerstag in großer Runde zusammenkamen, wurde das Treffen nach nicht einmal einer halben Stunde bereits wieder beendet. EU-Vertreter verwiesen auf enorme Differenzen zwischen den Nettozahlern und den sogenannten Freunden der Kohäsion aus Ost- und Südeuropa, die auf einen Erhalt der Regionalförderung pochen.
Es sei "nicht ungewöhnlich", dass in den Haushaltsverhandlungen ein weiterer Gipfel nötig sei, sagte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Er sprach trotz des Scheiterns von einer guten Diskussion. Die Nettozahler-Gruppe der "sparsamen Vier", die beim Gipfel geschlossen gegen ein höheres Budget aufgetreten war, werde sich auch weiter eng abstimmen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigte sich zufrieden, dass es keine Einigung auf die massive Kürzung der Hilfen für Bauern gab, die er ablehnt. "Wir haben die gemeinsame Agrarpolitik nicht geopfert", sagte er. Das durch den EU-Austritt Großbritanniens entstehende Finanzierungsloch im Haushalt könne nicht mit der gemeinsamen Agrarpolitik gestopft werden. "Wir haben dazu Nein gesagt."
Alle seien sich einig, dass sie das EU-Budget modernisieren wollten, sagte Merkel. Wichtig seien vielen aber auch die Gelder für Landwirtschaft und strukturschwache Regionen. All dies müsse dann auch im Ergebnis nach den "mathematischen Grundrechenarten" zusammenpassen. "Das braucht alles etwas Zeit."
Michel bedauerte das Scheitern. Dennoch sei der Gipfel "nötig und nützlich" gewesen, sagte er. Es gebe weiter "keinen Grund für Verzögerungen". Alle Fakten lägen auf dem Tisch, um die politische Debatte über den Haushalt zu führen.
Diesem muss am Ende auch das Europaparlament zustimmen, das einen deutlich höheren Haushalt fordert. Parlamentspräsident David Sassoli zeigte sich "enttäuscht". "Wenn wir in der Lage sein wollen, die Erwartungen unserer Bürger zu erfüllen, müssen wir unsere Vorhaben mit genügend Mitteln ausstatten", erklärte er.
Sassoli hatte schon mehrfach mit einem Veto des Parlaments gegen das Budget gedroht, wenn es zu niedrig ausfalle. Das Europaparlament verlangt ein Budget von 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das wären rund 230 Milliarden Euro mehr als in Michels Vorschlag vorgesehen.