Sag mir, wie dein Gegner reagiert und ich sag dir, welche Chance du hast. Sollte diese Floskel zutreffen, dann steht es um Michael Bloomberg nur so mäßig gut. Nachdem der New Yorker Finanzunternehmer bekannt gegeben hat als Präsidentschaftsbewerber zu kandidieren, giftete sein Kontrahent Bernie Sanders auf Twitter: "Wir glauben nicht, dass Milliardäre das Recht haben, sich Wahlen zu kaufen", schrieb der Senator. Was insofern witzig ist, als das Sanders sich "Sozialist" nennt, dank seines Bestsellers "Unsere Revolution" zumindest Millionär geworden ist und ohnehin kaum ein US-Präsidentschaftskandidat je Durchschnittsverdiener war, geschweige denn arm.
Wie weit es Reiche und Superreiche in der US-Politik bringen (können), zeigt wie kaum eine Regierung zuvor das Kabinett von Donald Trump.Seine Bildungsministerin Betsy de Vos dürfte mit einem Vermögen in Höhe von fünf Milliarden Dollarn das reichste Regierungsmitglied sein. Finanzminister und Ex-Goldman-Sachs-Banker Steve Mnuchin hat rund 45 Millionen und Wilbur Ross, zuständig für Handel, ist zwar nicht der Milliardär für den er sich jahrelang ausgeben hat, aber immerhin noch 600-facher Millionär. Bleibt der US-Präsident, er bringt es auf drei Milliarden. Im Vergleich zu Bloomberg allerdings ist Trump nur ein kleiner Fisch: Der Neu-Kandidat ist mit seinen rund 55 Milliarden Dollar Vermögen der achtreichste Mensch der Welt.
Auch der Blick in die Vergangenheit zeigt eine beeindruckende Liste an Reichtum, die es ins Weiße Haus geschafft hat. John F. Kennedy entstammt einem Finanzclan, dessen Vermögen schon bei seinem Amtsantritt rund eine Milliarde Dollar (nach heutigem Wert) betrug. Schätzungsweise mehr als die Hälfte davon soll der erste US-Präsident George Washington verfügt haben. Die Familie Bush mit ihren beiden Präsidenten George sen. und George W. sind mit Öl Multimillionäre geworden. Und selbst ein "armes" Ex-Staatsoberhaupt wie Jimmy Carter (Erdnuss-Farmer) kommt auf mehr als sechs Millionen Dollar.
Und doch: Barack Obama und Bill Clinton haben gezeigt, dass man nicht reich sein muss, um ins Weiße Haus zu ziehen (beide sind es allerdings nach ihrem Auszug geworden) – doch es hilft. US-Wahlkämpfe sind üblicherweise eine teure Angelegenheit: Fast sieben Milliarden US-Dollar haben die Kandidaten für Kongress und Weißes Haus 2016 insgesamt ausgegeben. Davon sind fast drei Milliarden für die beiden Präsidentschaftsbewerber Trump und Hillary Clinton draufgegangen. Im Vorfeld hatte sich der jetzige Präsident damit gebrüstet, Teile der Summen aus eigener Tasche zu übernehmen. Für viele seiner Wähler war das eine entscheidende Nachricht. Denn anders als üblich, mache sich Trump so nicht von Großspendern und ihren Interessen abhängig.
Das ist Michael Bloomberg 7.30Mit Geldgaben von wenigen Dollars bis zu mehreren Millionen werden US-Wahlkämpfe finanziert. Die Kandidaten verbringen viel Zeit auf Spendenveranstaltungen, Top-Leute versteigern zum Beispiel Abendessen mit ihrer Anwesenheit. So kann eine Veranstaltung mit Donald Trump als Redner schon einmal 100.000 Dollar kosten. So genannte Super Pacs sammeln dabei Gelder von Unternehmen, Verbänden und Einzelpersonen im ganz großen Stil ein. 1600 dieser Organisationen sind derzeit registriert. Sie dürfen ihre Mittel zwar nicht an die Kandidaten weitergeben, aber sie dürfen Werbeclips oder Anzeigen für ihre Kandidaten schalten.
Wenig überraschend sind Super Pacs erste Anlaufstelle für Geschäftsleute und Lobbyisten, die mit ihrer Großzügigkeit die "Aufmerksamkeit" von Kandidaten auf sich ziehen. Barack Obama etwa belohnte Spender mit Diplomaten-Jobs, auf die gleiche Weise ist auch Gordon Sondland an seinen Posten als US-Botschafter bei der EU gekommen. Er hatte dem Trump-Lager eine Million Dollar zukommen lassen. Diese Art von Einflussnahme stößt vielen Amerikanern übel auf, weswegen vermeintlich unabhängige Kandidaten wie Michael Bloomberg – oder auch Donald Trump – den Ruf von Unbestechlichkeit und Unabhängigkeit genießen.
Wie viel Geld sich Bloomberg sein Rennen um das Weiße Haus kosten lassen wird ist noch unklar. Bislang hat er angekündigt, dass er alle Kosten aus eigener Tasche zahlen werde. Vor wenigen Tagen meldete der Branchendienst "Advertising Analytics", dass der 77-Jährige zum Auftakt seiner Kandidatur 31 Millionen Dollar für Fernsehspots in 20 Bundesstaaten ausgibt. Glaubt man den wenigen, ersten Umfragen zu seiner Person, dann werden noch sehr viele Spots folgen müssen. Denn trotz seines enormen Reichtums und obwohl er acht Jahre Bürgermeister von New York City war, sind seine Werte zurzeit mehr als bescheiden: Nur zwei bis vier Prozent der Demokraten können ihn sich als Präsidentschaftsbewerber vorstellen. Noch schlimmer: Zwischen 25 und 31 Prozent der befragten Demokraten lehnen ihn schlicht ab – Minusrekord unter dem üppigen Bewerberfeld von derzeit noch zwei Dutzend Kandidatenanwärtern.
Von der anderen Seite des Rankings grüßt schon seit Monaten das Trio Joe Biden, Elisabeth Warren und Bernie Sanders herab. Während die Senatoren Warren und Sanders mit linken "Nieder-mit-den-Superreichen"-Parolen auf Stimmenfang gehen, gibt Ex-Vizepräsident Biden den Mann der Mitte: moderat etwas plappermäulig und ein wenig von gestern. Bis vor Kurzem fanden das die meisten Amerikaner noch ganz charmant, doch mittlerweile verliert er an Zustimmung. Für den noch älteren Michael Bloomberg war das das Signal zum Einstieg – denn inhaltlich unterscheiden sich die beiden kaum.
Bloomberg will eine medizinische Versorgung aller Amerikaner, er will den Schusswaffen-Missbrauch eindämmen, den Klimawandel bekämpfen, aber auch "Steuern auf vermögende Personen wie mich" erhöhen, wie er sagt. Alles Ur-Forderungen der Demokraten, Standardware sozusagen, mit denen sich der New Yorker Milliardär nun von der innerparteilichen Konkurrenz absetzen will. Das aber könnte sein Problem werden. Für viele städtische Demokraten dürfte er nicht links genug und für viele Demokraten aus den ländlichen Regionen nur ein weiterer elitärer Ostküsten-Snob sein. "Multi-Milliardäre wie Michael Bloomberg werden bei dieser Wahl nicht sehr weit kommen", prophezeit sein Kontrahent Bernie Sanders. Auch wenn es für Vorhersagen noch sehr früh ist, behält er vermutlich recht.
Quellen: "Süddeutsche Zeitung", "Forbes", "Manager Magazin", CNBC, OpenSecrets.org, "Spiegel", FiveThirtyEight, DPA, AFP, "The Hill"