Leimen. (fre) Was vor vielen Jahren mit dem schnellen Hochstrecken der Hände noch vergleichsweise flott abgehakt wurde, mausert sich in letzter Zeit zunehmend zur finanzpolitischen Debatte: die Feststellung der Jahresrechnung des Vorjahres. Der Leimener Gemeinderat machte da mit dem Haushaltsjahr 2018 keine Ausnahme, zumal das Ritual der Jahresrechnung in aller Regel in die konkreten Haushaltsberatungen für das Folgejahr übergeht.
> Ralf Frühwirt (GALL) nannte die Zahlen „nicht so erfreulich“. Mit einer Pro-Kopf-Investitionsrate von nur 187 Euro und dem neuerlichen Tiefstand bei der Gewerbesteuer – trotz guter Konjunktur – belege Leimen den traurigen letzten Platz bei den Großen Kreisstädten im Lande. Gleichzeitig hätten die Schulden inklusive der städtischen Eigenbetriebe wie Wasserwerk und Abwasserbeseitigung mit 85 Millionen Euro einen „einsamen Rekord“ erreicht. Zusätzliche Wünsche in den nächsten Jahren gingen nicht mehr.
> Richard Bader (CDU) lobte die „höchste Zuführungsrate der vergangenen Jahre“. Dessen ungeachtet bleibe die rückläufige Gewerbesteuer das Sorgenkind. Mittelfristige Besserung lasse das Unternehmensansiedlung im Gewerbegebiet Süd erhoffen. Siebenstellige Zuschussleistungen seien der Kinderbetreuung, der Jugend und den Flüchtlingen geschuldet; sie dienten aber einer guten Zukunft und der Vermeidung sozialer Brennpunkte. Die Konzernschulden von 85 Millionen resultierten zum überwiegenden Teil aus den Eigenbetrieben und seien somit durch Gebühren abgedeckt.
> Rudolf Woesch (FW) sprach bei der Jahresrechnung 2018 von einem „akzeptablen Ergebnis“. Leimens Problem sei die Einnahmesituation. Um die Infrastruktur zu verbessern und die Haushaltssituation durch Ansiedelung von Gewerbe und Einwohnern zu verbessern, dürfe man sich nicht scheuen, den einen oder anderen Euro in die Hand zu nehmen.
> Klaus Feuchter (FDP) sah es an vielen Stellen bei der Stadt klemmen. Die Personalausstattung sei überdurchschnittlich. In der allgemeinen Verwaltung sei sie um 20 auf 145 Stellen gestiegen, bei den Kindergärten um 30 auf 150. Gleichzeitig sei das städtische Personal „relativ alt“. Er kritisierte das wachsende Defizit bei der Volkshochschule, ebenso das Minusgeschäft bei den städtischen Liegenschaften. Da stimme etwas nicht.
> Peter Sandner (SPD) erwartete keine großen Erfolge bei einer wie auch immer gearteten Rückführung der Schulden in den nächsten zehn Jahren. Schließlich sei bei den Personalkosten in der Kinderbetreuung noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Er kritisierte die hohen Haushaltsreste, allein knapp 8,0 Millionen Euro beim Vermögenshaushalt 2018. Sie sorgten dafür, dass der Überblick verloren gehe.
> Oberbürgermeister Hans D. Reinwald sah keine Möglichkeit, das Einnahmeproblem auf die Schnelle zu ändern. Auch wenn man alle Kraft in das Gewerbegebiet Süd und das geplante interkommunale Gewerbegebiet mit Heidelberg stecke, sei eine Trendumkehr bei der Gewerbesteuer und bei der Verschuldung in den nächsten zehn Jahren nicht zu erwarten: Die Verschuldung kenne nur eine Richtung, nach oben – „oder wir lassen unsere Stadt marode werden“. Allein bei der Kinderbetreuung stünden in Bälde wieder zehn weitere Gruppen an, für die Räume und Personal bereitgestellt werden müssten.