Die Spitzen von CDU, CSU und SPD haben am Sonntag stundenlang eine Lösung im verfahrenen Streit um die Einführung einer Grundrente gesucht. Alle Seiten wollen Menschen, die trotz langer Beitragszeit nur eine kleine Rente bekommen, einen Aufschlag gewähren. Umstritten war, ob die Leistung an eine Bedürftigkeitsprüfung geknüpft werden soll, wie viele Menschen den Rentenaufschlag bekommen sollen und wie teuer er werden soll.
Für Vizekanzler Olaf Scholz war ein Kompromiss angesichts des bevorstehenden SPD-Parteitags Anfang Dezember besonders wichtig, falls er dort nach der anstehenden Stichwahl zum neuen Parteichef gewählt werden sollte. Auch die ohnehin angeschlagene CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer müsste gegen erhebliche Vorbehalte gegen die Grundrente etwa im Wirtschaftsflügel ihrer Partei angehen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) traf sich am Sonntag zunächst um 9.00 Uhr mit den Partei- und Fraktionsspitzen von CDU und CSU zu Vorberatungen im Kanzleramt. Gegen 10.00 Uhr stießen für die SPD die kommissarische Vorsitzende Malu Dreyer, Fraktionschef Rolf Mützenich, Vizekanzler Olaf Scholz sowie Arbeitsminister Hubertus Heil hinzu.
Am Freitag noch hatte sich Merkel zurückhaltend zu den Einigungschancen am Wochenende geäußert:
Der gute Wille ist da, wir sind auch auf einem ganz guten Weg, wie ich finde. Aber es sind noch schwierige Gespräche. Wenn es noch ein weiteres Treffen geben würde, wäre das kein großes Unglück.
Eine Arbeitsgruppe unter Kanzleramtschef Helge Braun und Arbeitsminister Hubertus Heil hatte das Kompromissmodell ausgearbeitet, das anstelle einer Bedürftigkeitsprüfung nur eine Einkommensüberprüfung auf Grundlage der Finanzamtsdaten vorsieht. Finanziert werden soll die Grundrente aus dem Bundeshaushalt.
Die drei Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Markus Söder (CSU) und Malu Dreyer (SPD) stellten die Einigung um 16.45 Uhr im Kanzleramt vor. Demnach soll es eine Einkommensfeststellung und -prüfung statt einer Bedürftigkeitsprüfung geben. Der Freibetrag bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung wird auf 720 Euro angehoben. Die Anreize der betrieblichen Altersvorsorge sollen damit gestärkt werden.
Kramp-Karrenbauer eröffnete die Pressekonferenz mit den Worten:
Wir haben einen dicken Knoten geschlagen.
Malu Dreyer sprach von einem "sozialpolitischen Meilenstein". Söder sagte, es handle sich um ein Gerechtigkeits- und Leistungspaket. Mit der Einigung würde neuen Ungerechtigkeiten vorgebeugt.
(rt deutsch/dpa)