Von Jonas Labrenz
Heidelberg. Was für einige Kioske das Aus bedeutete und vor allem für Zugezogene und Touristen spät abends an der Kasse für Verwirrung sorgte, ist nun Vergangenheit: Das Alkoholverkaufsverbot nach 22 Uhr gilt seit Freitag nicht mehr. Noch unter der Ägide von Stefan Mappus (CDU) im März 2010 eingeführt, fiel das Gesetz unter der grün-schwarzen Koalition, die außerdem entschied, Kommunen die Möglichkeit zu geben, zeitweise Alkoholkonsumverbote an öffentlichen Plätzen auszusprechen. Die RNZ war am Freitagabend im zentral gelegenen Rewe-Markt im Carré (Bergheim) und hörte sich um.
"Es ist unglaublich, wir haben es gerade eben noch mitbekommen", erzählt Laura Klemer. Es war gerade 22 Uhr, als sie mit Andreas Cattelaens die sechs Flaschen Bier bezahlte. Vom Weihnachtsmarkt in Handschuhsheim sollte es zu einer WG-Party gehen, und die beiden beeilten sich, um noch rechtzeitig an der Kasse zu stehen: "Wir sind auf dem Weg über drei rote Ampeln gerannt", gibt die 29-Jährige zu.
Die beiden wussten, bis sie an der Kasse standen, nicht, dass das Gesetz gerade an diesem Tag fällt. So ging es augenscheinlich vielen anderen: In der Viertelstunde, bevor die beiden sich anstellen, rollen fast ausschließlich Spirituosen und große Mengen Bier über das Kassenband. Eine Situation, die für die Kassierer Alltag geworden ist. Einen regelrechten Ansturm gebe es vor 22 Uhr immer, erzählen sie. Zumindest bisher.
Gänzlich unbedarft spazierte dagegen eine Gruppe Studenten aus Berlin, Leipzig und der Ukraine durch den Markt und kaufte eine Flasche Wein. Von einem Alkoholverkaufsverbot hatten sie vorher noch nicht gehört: "Ich wusste davon nichts", lacht Madeleine Hartmann. Die 26-Jährige lebt in Leipzig und verbringt eine knappe Woche mit anderen Studenten aus der Bundesrepublik und der Ukraine in Heidelberg nach einem Aufenthalt in Kiew. Dort dürfe man zwar nicht auf der Straße trinken, erklärt Maxim Korolkov die Gesetzeslage in seinem Heimatland, "wir können aber Alkohol kaufen, wann wir wollen." Der 20-Jährige wohnt zwei Stunden von der russischen Grenze entfernt und weiß daher, dass es dort ebenfalls ein Alkoholverkaufsverbot gibt, "in Russland ändert das allerdings nichts", erzählt er.
Das Gesetz sollte helfen, sogenannte Rucksackkäufe zu vermeiden. Wenn die Menschen nach 22 Uhr keinen günstigen Alkohol mehr bekommen, trinken sie entweder gar nicht oder gehen in ein Lokal - auf jeden Fall schon nicht mehr auf die Straße, so das Kalkül. Zumindest dem Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit soll durch die neue Möglichkeit von zeitlich und örtlich beschränkten Verboten Einhalt geboten werden können.
Die "Grüne Jugend", die sich zur Feier des Tages gleich im Rewe-Markt niederließ und die neue Gesetzeslage feuchtfröhlich feierte, hofft, dass die Stadt davon keinen Gebrauch machen wird. "Das lehnen wir natürlich ab", so Julian Sanwald. Der 22-Jährige erklärt, dass sich die Jugendorganisation bereits seit Längerem dafür eingesetzt habe, das Verkaufsverbot abzuschaffen, da es vor allem junge Leute und damit Menschen mit wenig Geld benachteilige.
Max Hubert und Till Rostalski sind ebenfalls vor einer WG-Party im Laden. "Es ist jetzt deutlich entspannter für die Abendplanung", verrät Hubert. "Gerade als Student, wenn man noch in der Bibliothek oder beim Sport war", so der 19-Jährige. Am Freitag waren sie noch mit den Eltern eines Mitbewohners essen und hätten es nicht früher geschafft, noch im Geschäft vorbeizugehen. Sie freuen sich über die neue Gesetzeslage und dass die Zeiten vorbei sind, in denen man nach 22 Uhr mit einer Flasche Wein an der Kasse stand "und die Kassiererin nur gelächelt hat", so Hubert.