Von Rüdiger Busch
Heidelberg. "Ich würde nicht hineingehen - das wurde mir in der Sekunde klar, als ich die Hand auf die zerkratzte Aluminiumklinke legte. Ich musste mir das auch gar nicht antun, denn schließlich war ich der Chef hier." Der "Chef", das ist Kriminaloberrat Alexander Gerlach, Leiter der Heidelberger Kriminalpolizei. Und er kann kein Blut sehen, weshalb er Tatorte möglichst meidet - diese Eigenart wird aber nicht klamaukig ausgeschlachtet, sondern sie ist nur eine Facette in der vielschichtigen Persönlichkeit des sympathischen Protagonisten, der wie aus dem Leben gegriffen wirkt.
Zum 13. Mal schickt Wolfgang Burger seinen Ermittler auf Mörderjagd: "Die linke Hand des Bösen" ist nicht nur der verzwickteste Fall für den Witwer und alleinerziehenden Vater von zwei Töchtern, sondern auch das bislang beste Buch einer Krimi-Reihe, die ohnehin zu den Perlen des Genres in Deutschland zählt.
Kommissar Arne Heldt, ein Kollege, der erst vor wenigen Monaten aus Konstanz nach Heidelberg gewechselt war, wurde zu Tode gefoltert - eine Tat, die Gerlach und seine Kollegen erschüttert, obwohl sie mit dem eigenbrötlerischen Neuen nur wenig zu tun hatten. Nach und nach finden sie heraus, was für ein Mensch Heldt war, weshalb er sich am liebsten in seine Akten vergrub und kaum ein privates Wort während der Arbeit sprach. Der Ermordete beschäftigte sich mit ungelösten Mordfällen, und so ist sich Gerlach bald sicher, dass hier das Motiv für die grausame Tat liegen muss: Ist Heldt einem bislang unentdeckten Täter zu nah gekommen? Musste er deshalb sterben? Doch warum dann diese Brutalität?
Fragen über Fragen, auf die es lange keine Antworten gibt. Auch privat läuft für den Kripochef - wie gewohnt - nicht alles am Schnürchen: Freundin Theresa verordnet dem leidenschaftlichen Schlemmer eine Diät, und Tochter Louise ist offensichtlich in schlechte Gesellschaft geraten. Bevor Gerlach aber seinem Erziehungsauftrag nachkommen kann, ruft die Pflicht: Das Opfer hatte eine Freundin, Saskia Hallberg. Sie lebt im Ruhrgebiet, war vor vielen Jahren aber eine Zeugin in einem der alten Fälle, in denen Heldt ermittelte. Dass er auf der richtigen Spur ist, erfährt Gerlach auf dramatische Weise, als er Saskia Hallberg besucht und sich seine Pfade zum ersten Mal mit denen des Täters kreuzen.
Bis zur Auflösung des Falls müssen die Polizisten noch einige knifflige Rätsel lösen. Was hat es mit dem alten Fall auf sich, in dem Heldt ermittelt hatte? Gerlach wäre nicht Gerlach, wenn er dabei nicht an vorderster Front agieren und die Konfrontation mit dem Mörder selbst suchen würde - bis er dem Mann, der seinen Kollegen ermordet hat, Auge in Auge gegenübersteht.
Info: Wolfgang Burger: "Die linke Hand des Bösen". Piper-Verlag, München 2017, 422 Seiten, 15 Euro.