Von Sam Kips
Marvin befindet sich auf einer emotionalen Achterbahnfahrt. Er ist mitten in der Pubertät und sieht überall nur Brüste und Pos. Auch seine Lehrerin weckt in ihm erotische Sehnsüchte. Im Internet kennt sich der Junge bestens aus: Er weiß ganz genau, wie er die Spuren seiner Besuche auf Pornowebsites verschwinden lassen kann, damit seine Mutter nicht mitbekommt, was er da so heimlich an seinem Computer treibt.
Doch Marvin denkt auch an anderes. Beispielsweise daran, als Schwarzfahrer zur Schule zu fahren. Ausgerechnet im Bus trifft er das Mädchen mit dem tollen Haar, den strahlenden Augen - und dem knackigen Po in kurzen Jeans. Doch wie funktioniert das nun mit den Mädchen im wahren Leben? Was kann oder muss man sagen? Was nicht? Diesen und vielen weiteren Fragen zur Pubertät muss sich der Protagonist in Daniel Rattheis Klassenzimmerstück "M. I. L. F. - Marvin is like a frog" stellen.
Das Junge Theater Heidelberg besucht mit dieser Produktion Schulklassen in der Region. Gerade war die Theodor-Heuss-Realschule in Heidelberg an der Reihe. Kein zusätzlicher Scheinwerfer ist nötig, nur ein Kassettenradio dient dem Schauspieler Stefan Wunder als Requisite. Er allein trägt die Vorstellung und sorgt dafür, dass die Zuschauer direkt mit ihren eigenen Problemen konfrontiert werden. Nicht schulmeisterlich, sondern voller Witz und Tempo. Alles scheint zum Greifen nah zu sein. Stefan Wunder vertieft sich in die Charakterfacetten Marvins und lenkt so einen kritischen, vielleicht auch aufrüttelnden Blick auf die Gefühlswelt Heranwachsender.
Inszeniert wurde die One-Man-Show von Andreas Weinmann, und man kann davon ausgehen, dass sie auch bei anderen Schulklassen gut ankommen wird. Die Zuschauer bleiben keineswegs stille Beobachter, sondern werden zur aktiven Teilnahme angeregt. Veranstaltungsort und begrenzte Besucherzahl steigern die Intensität. Und schnell wird klar, dass die Pornografie mit Liebe und Romantik ziemlich wenig zu tun hat.
Info: Junges Theater Heidelberg, Buchung und Information bei der Theater-Mitarbeiterin Claudia Villinger. Mögliche Spieltermine im Dezember und Januar: 4., 8. und 13. 12. 2017 sowie 12., 18. und 26. 1. 2018. www.theaterheidelberg.de
