Von Micha Hörnle
Heidelberg/Frankfurt. In einem Alter, in dem die meisten seiner Kollegen bereits an Rente denken, macht der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Heidelberg nochmals einen gewaltigen Karrieresprung. Der 63-Jährige wird aller Voraussicht nach Sparkassen-Präsident - und Nachfolger von Georg Fahrenschon, der nach einer Steueraffäre sein Amt niederlegen musste.
Der Unterschied zwischen Fahrenschon und Schleweis könnte nicht größer sein: Der eine wurde nach seinem Volkswirtschaftsstudium Berufspolitiker ohne Erfahrung oder gar Stallgeruch in der Sparkassenwelt; der andere begann mit 19 Jahren nach dem Abitur seine Ausbildung bei der Sparkasse Heidelberg, arbeitete sich hoch, bis er 1988 erst Vorstand und 2002 dann Vorstandsvorsitzender wurde.
Also ein Mann der Praxis, der aber schon immer bundesweit gut vernetzt war. Vor sieben Jahren wurde Schleweis bereits zum Bundesobmann der Sparkassenvorstände gewählt, eines der zentralen Ämter seiner Zunft auf Bundesebene. Allerdings ließ er bisher kaum Neigungen erkennen, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) zu werden. Dazu war er in der Kurpfalz zu verwurzelt: Schleweis ist in Heidelberg geboren, wuchs in Michelfeld bei Sinsheim auf und wohnt in Walldorf.
Doch am Dienstagnachmittag ereilte Schleweis das Schicksal, als sich in Frankfurt die Verbandsvorsteherkonferenz der Deutschen Sparkassen-Finanzgruppe einstimmig für ihn aussprach. Mit dieser Einmütigkeit wollen die Sparkassen-Spitzen eine Situation wie vor sechs Jahren vermeiden, als es ein ungewohntes Hauen und Stechen um das Amt des Präsidenten gab: Gegen Fahrenschon kandidierte der westfälische Sparkassenchef Rolf Gerlach, am Ende gewann der CSU-Politiker. Schon dessen Vorgänger Heinrich Haasis war eine CDU-Größe. Schleweis hingegen ist parteilos.
Aus Frankfurt gab es bereits Vorschusslorbeeren für den Kandidaten: "Mit Helmut Schleweis übernimmt einer der profiliertesten und erfahrensten Sparkassenmanager die Aufgaben des DSGV-Präsidenten. Die Präsidenten der Regionalverbände freuen sich, dass damit die strategische Ausrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe in beste Hände übergeben wird", sagte der erste DSGV-Vizepräsident Thomas Mang. Schleweis wiederum nannte das "einen großen Vertrauensbeweis", aber gegenüber der RNZ deutete er schon Respekt vor der kommenden Aufgabe an.
Mit dieser Empfehlung ist Schleweis noch nicht gewählt - aber so gut wie. Noch vor Weihnachten wird eine endgültige Entscheidung gefällt, und in dem Gremium stellen die Verbandsvorsteher gut die Hälfte der Stimmen. Dann geht es ziemlich schnell: "Sobald als möglich" wolle Schleweis sein Amt antreten, wenn er denn gewählt würde. Sein Vertrag läuft sechs Jahre, er wäre dann 69. Das sieht eher nach einer Amtszeit aus, wie bereits bei Fahrenschons Vorgänger Haasis - der 2006 ebenfalls in eher fortgeschrittenem Alter, mit 61, Sparkassenpräsident wurde.
Schleweis' Wechsel wäre zugleich ein tiefer Einschnitt für die Sparkasse Heidelberg, die Schleweis fast 30 Jahre lang als Vorstand prägte. In dieser Zeit machte er das 186 Jahre alte Institut zur größten Bank der Metropolregion - mit einer Bilanzsumme von 7,3 Milliarden Euro und über 1200 Mitarbeitern: 1999 gab es die schwierige Fusion mit der verschuldeten Sparkasse Schwetzingen, im selben Jahr kam auch Wiesloch dazu. 2001 folgten Neckargemünd-Schönau, 2007 Hockenheim. Mittlerweile sind alle Fusionen gut verdaut - und das war auch das Verdienst von Schleweis, der trotz aller wichtigen Ämter auf höchster Sparkassenebene doch immer nahbar blieb.
Das Betriebsklima in seiner Bank gilt als gut und kollegial - auch, weil der Mann an der Spitze kein renditeorientierter Manager ist, sondern eher eine Art Hüter seiner Herde in schwierigen Zeiten. Doch ganz ohne Einschnitte ging es auch in der letzten Zeit bei der Sparkasse Heidelberg nicht: Vor einem Jahr wurde bekannt, dass sie zwölf Filialen (von insgesamt 68) schließen muss - vor allem die mit wenig Kundenaufkommen auf dem Land. Schleweis, der selbst vom Dorf stammt, war das sichtlich schwergefallen.
Aber immerhin wurde gewährleistet, dass keiner der 18 Mitarbeiter entlassen werden musste. Wer nun neuer Chef der Sparkasse Heidelberg wird, steht noch nicht fest. Aber wahrscheinlich machen das die drei Vorstände Rainer Arens, Bernd Wochele und Thomas Lorenz unter sich aus.