Walldorf. (rö) "Was ist denn passiert?", wundert sich ein kleiner Junge. "Nichts", kann ihn Jürgen Engelhardt beruhigen. Der Polizeibeamte, im Revier Wiesloch für die Einbruchsprävention zuständig, ist gemeinsam mit seiner Kollegin Sabine Müller vom Walldorfer Polizeiposten in voller Montur im Wohngebiet rund um die Dannheckerstraße unterwegs. Nicht, weil konkret etwas passiert wäre, sondern damit künftig nichts oder zumindest weniger passiert. "Die dunkle Jahreszeit hat begonnen", sagt Engelhardt, "das machen sich Einbrecher zunutze." Deshalb ist er bis in den März hinein in den zehn Gemeinden des Reviers unterwegs, um den Bürgern vor Ort Tipps zu geben.
2016 war das Thema Wohnungseinbruch ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit im Revier Wiesloch. 292 Fälle bedeuteten einen Anstieg um fast 80 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Walldorf war mit 51 Einbrüchen besonders stark betroffen, deshalb fand hier auch der Start von Engelhardts Präventionstour statt. Dieses Jahr sehen die Einbruchszahlen nach seinen Worten übrigens sowohl in der Astorstadt als auch im gesamten Revier besser aus als 2016. Allerdings fehlen ja noch zwei Monate "und wir wollen den Abend nicht vor dem Jahresende loben", so Engelhardt.
Seit 2014 gibt es im Revier eine Ermittlungsgruppe, die sich ausschließlich mit dem Phänomen Wohnungseinbruch beschäftigt, zur Präventionen halten die Beamten immer wieder technische Vorträge und es gibt die Aktion "Nachbarn passen auf", mit der man die Bevölkerung dafür sensibilisieren will, die Polizei zu alarmieren, wenn einem etwas auffällt. "Wir können die Bedeutung des Anrufs dann schon einschätzen", sagt Engelhardt.
Die Tour in Walldorf findet bewusst im Wohngebiet in der Nähe zum Waldrand statt. "Da ist man schnell weg, in der Dunkelheit sowieso", sagt Sabine Müller. Die beiden Beamten halten Ausschau nach gekippten Fenstern oder offenen Türen. Gleich ihre erste Entdeckung ist die perfekte Einladung für einen Einbrecher: Ein ebenerdiges Kellerfenster ist nicht nur gekippt, ein großer Busch davor bietet auch noch perfekten Sichtschutz. "Das ist suboptimal", sagt Engelhardt nicht zum einzigen Mal an diesem späten Nachmittag. Er klingelt, da aber niemand zuhause ist, wirft er einen "Mängelbericht" in den Briefkasten, der neben einem Hinweis auf den konkreten Missstand auch auf die Einbruchsschutz-Seite der Polizei im Internet (www.k-einbruch.de) hinweist.
"Ein Einbruch dauert meist nur drei bis fünf Minuten, etwa ein Drittel bleibt im Versuchsstadium stecken", berichtet Engelhardt. Abschreckend sind nach seinen Worten etwa Bewegungsmelder, Gitter vor den Fenstern ("das ist natürlich Geschmackssache"), Schutzbeschläge oder bessere Fenster. Beim nächsten Haus in der Gutenbergstraße sind die Gitter an den Kellerfenstern vorhanden, aber ein gekipptes Fenster zur Straße hin wird moniert. "Ich find’s toll, dass Sie das machen", zeigt sich die Hausbewohnerin dankbar für die Ratschläge.
Den Polizisten sticht vieles ins Auge, vom nicht abgeschlossenen Fahrrad bis zum ausgebauten Fenster, das nur mit einer Folie überklebt ist - das Haus scheint allerdings derzeit unbewohnt. In einem Garten steht eine Schaukel, "wenn man die rumschieben kann, überwindet man schnell das erste Stockwerk". Ein paar Häuser weiter hängt an einer Tür ein Zettel, der darum bittet, das "Paket bitte vor die Haustür" zu stellen oder erst "am Samstag" zu liefern. Klar: "Das suggeriert, es ist keiner daheim." Auch hier gibt’s einen Mängelbericht in den Briefkasten. In einem Hinterhof stehen zwei Garagen offen, zumindest der Rasenmäher und ein Satz Reifen wären leichte Beute. Eine Hausbewohnerin hört die Stimmen der darüber diskutierenden Beamten und erkundigt sich, was los ist. "Das nennt man eine aufmerksame Nachbarin", stellt Sabine Müller zufrieden fest.
Wieder ein gekipptes Fenster macht die Polizisten auf ihren nächsten Kandidaten aufmerksam. Der hat zusätzlich eine Mülltonne als "Einstiegshilfe" vor dem Zaun stehen. Wer drüber klettert, steht praktisch im Wintergarten. "Wir wohnen seit 1962 hier und haben noch nie etwas gehabt", sagt der Bewohner, versichert aber auch: "Ich habe ringsum Bewegungsmelder und schließe immer ab." Sein Nachbar hat abschließbare Fenstergriffe, "das ist auch eine sinnvolle Sicherung", so Sabine Müller. "Im sichtbaren Bereich muss es für die Einbrecher immer schnell gehen." So entdecken die Beamten natürlich auch viele positive Beispiele vom Bewegungsmelder bis zur Kamera. "Das ist lobenswert, ich danke Ihnen", freut sich ein Mann im Tannenweg. "Die Leute waren aufgeschlossen", ist am Ende der "gelungenen" Tour Jürgen Engelhardt zufrieden.
Angesprochen wird öfter auch die Förderung der Stadt Walldorf für einbruchsschützende Maßnahmen, die vom Gemeinderat nach dem Vorbild der Heidelberger "Schlossprämie" im März beschlossen wurde. "Das wird relativ gut angenommen", berichtet Christian Horny von der Stadtverwaltung auf RNZ-Anfrage. Sowohl ältere Mitbürger als auch jüngere Familien hätten das Angebot schon angenommen. Von bisher 20 Anträgen wurden nach seinen Worten zwölf bereits abgerechnet, hauptsächlich wurden Fenster nachgerüstet, aber auch Kellergitter oder mechanische Riegel. Bei einer durchschnittlichen Förderhöhe von 630 Euro hat die Stadt laut Horny bisher rund 7500 Euro ausgeschüttet. Die vom Gemeinderat festgelegte Obergrenze von 2500 Euro "wird bei Weitem nicht erreicht", höchste Fördersumme seien bisher 1200 Euro gewesen. "Das Programm läuft weiter", macht Horny deutlich.