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Magdeburg-Täter: Terrordrohungen unter dem X-Post der Innenministerin Faeser wurden ignoriert

Tage nach dem tödlichen Attentat in Magdeburg kommen immer mehr Details ans Licht, die auf ein Behördenversagen hindeuten. Die Medien hatten unmissverständliche Hinweise auf dem X-Account des Täters Taleb al-Abdulmohsen in Bezug auf seine Gewaltbereitschaft entdeckt, und zwar buchstäblich "unter der Nase" der Bundesinnenministerin Nancy Faeser. "Der Mann aus Saudi-Arabien schrieb seine Anschlagsdrohung unter anderem direkt unter einem X-Post von Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf X", stellte das Nachrichtenportal Apollo News fest und fragte:

"Wie konnten die Drohungen und Ankündigungen von Taleb al-Abdulmohsen, dem Attentäter von Magdeburg, auf diversen Wegen, wie unter anderem auf X, unbeachtet bleiben?"

Auf X schrieb al-Abdulmohsen Folgendes:

"Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich in diesem Jahr sterbe, um Gerechtigkeit zu schaffen."

Dabei hat er sein vorheriges Posting angeheftet:

"Der deutsche Terrorismus wird zur Rechenschaft gezogen".

Die Ankündigungen des späteren Täters klangen ziemlich sicher nach einer Drohung durch ein Selbstmordattentat, bei dem auch viele Unschuldige sterben könnten. Faeser hatte am 8. Mai um 17:45 Uhr einen Kommentar zum Angriff auf die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey gepostet. Dabei bezog sie sich auf die Stellungnahme des Bundeskanzlers Olaf Scholz zu diesem Vorfall, die knapp zwei Stunden ebenso auf X veröffentlicht worden war. In dieser X-Einbettung sind die ganzen Bezüge sichtbar: 

Hunderte Nutzer hinterließen unter dem Post der Innenministerin teilweise sehr kritische Kommentare mit Hinweisen auf Angriffe auf AfD-Politiker, die von den Medien und Politikern nicht skandalisiert würden. Das Thema war konfliktbeladen und es gilt als sicher, dass der X-Thread zumindest vom Faeser-Team auf rechtswidrige oder verdächtige Inhalte aufmerksam geprüft wurde: Einer Anfrage der fraktionslosen Abgeordneten Joana Cotar im Frühjahr dieses Jahres zufolge stellte die Bundesinnenministerin Faeser 51 Mal Anzeige wegen Beleidigung. 

RT DE sendete eine Anfrage an das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), ob ihm die Terrordrohung von al-Abdulmohsen vom 11. Mai auf X als solche aufgefallen sei. In ihrer Antwort verwies die Pressestelle auf eine vorherige Stellungnahme eines BMI-Sprechers, die lautet: 

"Allen Hinweisen auf den Tatverdächtigen wird durch die Ermittlungsbehörden umfassend nachgegangen. Es obliegt den Plattformen, ggf. strafbare Inhalte zu erkennen und zu entfernen." 

Aus dieser pauschal formulierten Antwort geht allerdings nicht hervor, was die Medien dieser Tage – ungeachtet politischer Präferenzen – interessiert, und zwar, ob das Ministerium auf irgendeine Weise reagiert hatte, ob die Drohung auf X Ermittlungen ausgelöst habe, oder ob schon im Mai gegen den späteren Attentäter ermittelt wurde. 

Mit dem Verweis, dass es den Plattformen obliege, ggf. strafbare Inhalte zu erkennen und zu entfernen, schiebt der Sprecher die Verantwortung auf die soziale Plattform X. Das klingt jedoch viel eher nach einer Ausrede für das Nichtstun, da al-Abdulmohsen seine Anschlags-Ankündigung direkt unter einen Beitrag der Innenministerin gesetzt hatte. In seiner eigenen "Netiquette" für den Umgang mit Social Media schreibt das BMI auf seiner Homepage, dass es sich vorbehält, Beiträge zu löschen oder Nutzer zu sperren. 

"Grund wütend zu sein" – worum es bei Besprechung um Giffey ging

Die Kommentare werden wohl beobachtet, dennoch passierte nichts. Und nun zurück zu dem "Angriff" auf Franziska Giffey. Vier Monate nach dem Angriff gestand der Täter, ein 74-jähriger Rentner, vor Gericht ein, dass er aus "Frust" gehandelt habe. Die Politikerin hätte 20 Jahre lang nicht auf seine Schreiben an sie reagiert, sagte der Angeklagte. Als sie am 7. Mai eine Bibliothek im Berliner Stadtteil Rudow besucht habe, sei er auf sie zugegangen und habe ihr einen mit Zeitungen gefüllten Einkaufsbeutel "um die Ohren" gehauen.  Er habe Giffey einen "Denkzettel" verpassen wollen. 

Zudem sei er wütend gewesen, dass Giffey bei dem Besuch in der Bibliothek mit dieser "angegeben" habe. Auch sei Giffey, Neuköllns Bezirksbürgermeisterin von 2015 bis 2018, dafür verantwortlich, dass er sowohl vom Bürgeramt als auch der Bücherei, die ihm keinen Ausweis ausstellen wollte, schlecht behandelt worden sei. "Ich hatte Grund genug, mich gerade über sie zu erzürnen", sagte der Angeklagte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann gefährliche Körperverletzung vor. Er habe zielgerichtet auf den Kopf- und Nackenbereich geschlagen, auch eine andere Frau sei am Arm getroffen worden. 

Wut, Frust, Beleidigt-Sein auf Behörden. Dieses emotionale Gemisch hat auch den Täter von Magdeburg in seinem Wahnsinn bewegt. Es besitzt fast eine makabre Komik, dass er seine Tat ausgerechnet bei der Besprechung dieses wirren Angriffs ankündigte. 

Trotz der offensichtlichen Drohungen al-Abdulmohsens reagierten die Behörden kaum. Im Jahr 2023 bewerteten das LKA Sachsen-Anhalt und das BKA die Lage und kamen zu dem Schluss, von Al-Abdulmohsen gehe "keine konkrete Gefahr" aus. Dennoch erhielt er Monate vor der Tat eine schriftliche Gefährderansprache. Laut MDR war eine E-Mail von al-Abdulmohsen an die Kölner Staatsanwaltschaft Auslöser dafür. Darin schrieb er:

"Daher habe ich kein schlechtes Gewissen für die Ereignisse die in den nächsten Tagen passieren werden […]"

Die Behörden interpretierten dies als abstrakte Drohung. "Auch wenn Sie in diesem Fall keine konkreten Konsequenzen angedroht haben, werden Sie hiermit aufgefordert, Schreiben in dieser Form zu unterlassen. Diese könnten unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen mit sich ziehen", heißt es in dem Dokument. 

Al-Abdulmohsen fiel deutscher Justiz bereits 2013 mit wüsten Drohungen auf

Für Aufsehen in den Medien sorgten auch die fehlgeleiteten Hinweise einer Instagram-Nutzerin, die sich abwechselnd an deutsche Behörden wendete und schließlich irrtümlich bei der Polizei in Berlin im US-Bundesstaat New Jersey landete. Die Nutzerin kontaktierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf Englisch via Instagram und warnte vor der Terrordrohung von Taleb al-Abdulmohsen. Sie nannte dem BAMF den Namen des Mannes, dessen Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit sowie den aktuellen Wohnort in Bernburg.

Am 27. September 2023 verwies das Social-Media-Team des BAMF sie an die Polizei. Die Nutzerin antwortete daraufhin, dass sie kein Deutsch spreche und sich nicht in Deutschland aufhalte. Darum bat sie das BAMF, für sie die Polizei zu kontaktieren. Eine ihrer Nachrichten landete laut Welt sogar irrtümlich bei der Polizei in Berlin im US-Bundesstaat New Jersey. Ein Sprecher des Bundesamtes teilte Apollo News mit, dass der Hinweis "wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch ernst genommen" wurde. Weiter heißt es: "Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde ist, wurde die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen."

Auch saudi-arabische Behörden sollen 2023 und 2024 deutsche Behörden über Taleb al-Abdulmohsen informiert haben, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Aus deutschen Sicherheitskreisen wurden diese Warnungen bezüglich der X-Posts von al-Abdulmohsen gegenüber der Welt bestätigt.

Es ist auch nicht so, dass die deutschen Behörden nicht zuvor schon wussten, dass mit dem Täter von Magdeburg etwas nicht stimmt. Bereits 2013 fiel er als jemand auf, der gerne mit Terrordrohungen um sich schmeißt. In einem Telefonat im April 2013 setzte al-Abdulmohsen der Leiterin des Referates für Aus- und Weiterbildung der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern eine Frist von zehn Tagen und drohte damit, dass bei Nichtzulassung "etwas Schlimmes mit internationaler Bedeutung" geschehen werde. Ihm ging offenbar die Bearbeitung seines Antrags auf Zulassung zur Facharztprüfung, den er Anfang 2013 gestellt hatte, nicht schnell genug.

Laut den Tatsachenfeststellungen im Urteil des Amtsgerichts Rostock soll er sogar ausdrücklich mit einem Terroranschlag wie in Boston gedroht haben. In Boston waren durch die Explosion von zwei Bomben drei Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Den Wortlaut der Drohung hielt der Richter wie folgt fest: 

"Haben Sie die Bilder aus Boston gesehen? Sowas passiert dann hier auch."

Ähnliche Drohungen soll der Attentäter von Magdeburg auch in an die Ärztekammer gerichteten E-Mails geäußert haben. Die Referatsleiterin habe über das Telefonat eine Gesprächsnotiz angefertigt und die Polizei eingeschaltet, weil sie die Drohung "äußerst ernst" nahm. 

Aber es gibt auch aktuellere Fälle: Im Sommer 2023 stand al-Abdulmohsen vor dem Landgericht Köln. Aktivisten der Organisation "Säkulare Flüchtlingshilfe" hatten ihn wegen Verleumdung verklagt. Ursprünglich hatte die Organisation mit ihm kooperieren wollen, doch die Zusammenarbeit scheiterte, woraufhin er begann, Mitglieder öffentlich zu diffamieren. Laut einer Pressemitteilung der Organisation verhielt sich al-Abdulmohsen vor Gericht "fahrig und störend". Bei der Urteilsverkündung bekam er einen Tobsuchtsanfall, und die Sicherheitskräfte mussten ihn aus dem Saal entfernen.

Das Gericht verpflichtete ihn, die Verleumdungen zu unterlassen, und drohte mit einer Geldstrafe von bis zu 250.000 Euro oder bis zu sechs Monaten Haft. Doch al-Abdulmohsen legte Berufung ein. In der Verhandlung im Oktober 2024 hielt er laut Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, eine Wutrede. Dabei behauptete er, Europa vor der Islamisierung retten zu wollen, und bedrohte die Richterin. Wieder musste das Sicherheitspersonal eingreifen, um die Lage zu beruhigen. 

Mehr zum ThemaDas Rätsel um den Magdeburger Attentäter

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