Hektisch flüchtete Baschar al-Assad nach dem Sturz seines Regimes nach Russland. Auch seine engsten Vertrauten mussten das Land verlassen. Doch wo sind sie? Nach dem überraschenden Sturz der syrischen Regierung musste es für den bisherigen Machthaber Baschar al-Assad und seine Unterstützer plötzlich ganz schnell gehen. Weil die islamistischen Rebellen große Teile des Landes in weniger als zwei Wochen unter ihre Kontrolle gebracht hatten, flohen viele Militär- und Regierungsmitarbeiter überstürzt ins Ausland. Während einige hochrangige Offizielle bei Verbündeten unterkamen, versuchten andere in der Masse zu verschwinden und ihre Identität zu verschleiern. Von manchen fehlt bisher jede Spur. Assad und seine Familie offenbar in Russland Auch der Aufenthaltsort von Assad war zunächst Gegenstand von Spekulationen. Es gab Gerüchte über verschiedene Flugzeuge, die kurz vor dem Einmarsch der Rebellen in die Hauptstadt Damaskus noch abhoben. Der Diktator sollte angeblich im Iran oder den Vereinigten Arabischen Emiraten sein. Letztlich verkündete das mit Assad verbündete Russland , er halte sich in Moskau auf. Dort sollen sich auch Assads Frau und seine Kinder befinden – ebenso wie Maher al-Assad. Auch der Bruder des früheren Machthabers soll es nach Russland geschafft haben, berichtet Rami Abdurrhaman, Leiter der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, der "Times of Israel". Maher al-Assad war Kommandeur der 4. Panzerdivision, die von syrischen Oppositionsaktivisten vieler Morde, der Folter, Erpressung und des Drogenhandels beschuldigt wird. Nachbarland Libanon als erste Anlaufstelle Ein weiteres Ziel syrischer Offizieller war in den Tagen nach Assads Sturz offenbar der benachbarte Libanon , wo die mit dem Assad-Regime verbündete Terrororganisation Hisbollah sitzt. In den ersten Tagen der Offensive der Opposition seien Tausende syrischer Bürger über den Grenzübergang Masnaa in den Libanon eingereist, heißt es von libanesischen Regierungsmitarbeitern. Der libanesische Innenminister Bassam Mawlawi erklärte allerdings, dass kein syrischer Beamter über einen legalen Grenzübergang in den Libanon eingereist sei. Zudem hat die libanesische Regierung offenbar Maßnahmen getroffen, um solche Einreisen zu verhindern. Aktivist Rami Abdurrhaman ist sich allerdings sicher, dass mehrere hochrangige Offiziere mit Reisedokumenten unter falschen Namen in den Libanon flüchten konnten. So berichtete die libanesische Zeitung "Nidaa al-Watan", die Hisbollah habe den Assad-Funktionären bei der Flucht geholfen und sie unter anderem mit Nummernschildern ausgestattet. Mitglieder der libanesischen Generaldirektion sollen zudem bestochen worden sein. Ali Mamlouk, Chef des Nationalen Sicherheitsbüros von Assads Baath-Partei, soll sich demnach in der Hisbollah-Hochburg im südlichen Beiruter Vorort Dahiyeh versteckt haben. Auch Generalmajor Ali Mamlouk soll mithilfe der Hisbollah geflohen sein. Er war einst Sicherheitsberater von Assad und ehemaliger Geheimdienstchef und wird wegen diverser Verbrechen sowohl im Libanon als auch in Frankreich gesucht. Deshalb sei laut Abdurrhaman unklar, ob er sich weiterhin unter dem Schutz der Hisbollah im Libanon befinde. Flucht aus Syrien – ins Luxushotel? Andere kamen offenbar in libanesischen Luxushotels unter. So soll Ghada Adib Mhanna im Beiruter Fünf-Sterne-Hotel Phonecia residiert haben. Sie ist Assads angeheiratete Tante und Mutter seines engen Verbündeten, des Telekommunikationsmagnaten Rami Makhlouf. Im Hotel Mövenpick soll sich außerdem Firas Issa Shaleesh aufgehalten haben, der Neffe von Dhu al-Himma Shalish, Assads verstorbenem Cousin und Sicherheitschef des Präsidenten, der in Massaker verwickelt war, die unter Assads Vater verübt wurden. Auch Khaled Qaddour, ein syrischer Geschäftsmann, der wegen seiner Verbindungen zu Maher al-Assad unter US-Sanktionen steht, wohnte Berichten zufolge im Mövenpick-Hotel. Viele Offizielle werden noch gesucht Andere Schlüsselfiguren sind bislang untergetaucht. Es ist nicht klar, wo sie sich befinden und ob sie das Land verlassen haben. Dazu zählen Qahtan Khalil, der Chef des Geheimdienstes der Luftwaffe , oder Hussam Luka, Chef des Geheimdienstes der Allgemeinen Sicherheitsdirektion. Letztgenannter wurde bereits von den USA und Großbritannien mit Sanktionen belegt. Auch der Aufenthaltsort des Chefs der syrischen Spezialkräfte, Suheil al-Hassan, ist ungeklärt, allerdings ist er für seine engen Beziehungen zu Russland bekannt und wurde bei einem seiner Besuche in Syrien vom russischen Präsidenten Wladimir Putin gelobt. Deutschland warnt Assad-Schergen vor Einreise Andere, weniger hochrangige Verantwortliche im Assad-Regime sind offenbar in Syrien geblieben und wollen ihre Identität verschleiern. So interviewte der US-amerikanische Fernsehsender CNN in einem Gefängnis in Damaskus einen gerade freigelassenen Häftling. Später kam heraus, dass es sich um einen Leutnant des Luftwaffengeheimdienstes des Assad-Regimes, Salama Mohammad Salama, handeln soll . Auch in Deutschland besteht die Sorge, dass einstige Assad-Unterstützer unerkannt einreisen könnten. Außenministerin Annalena Baerbock will dies aber rigoros bekämpfen. "Wer von Assads Folterknechten darüber nachdenken sollte, jetzt nach Deutschland zu fliehen, dem kann ich nur klar sagen: Wir ziehen all die Schergen des Regimes mit der vollen Härte des Gesetzes für ihre furchtbaren Verbrechen zur Rechenschaft", sagte sie "Bild am Sonntag". Ähnlich äußerte sich Innenministerin Nancy Faeser : "Wenn Schergen des Terrorregimes von Assad versuchen sollten, nach Deutschland zu fliehen, dann müssen sie wissen, dass kaum ein Staat ihre Verbrechen so hart verfolgt wie Deutschland."