Markus Söder will Bayerns Energieversorgung auch mit Atomstrom aus Tschechien sichern. Ein Experte sagt: Söder hat seine Idee in keinster Weise zu Ende gedacht. Eine privilegierte Belieferung Bayerns durch tschechischen Atomstrom ist nach Ansicht von Energieexperte Felix Matthes vom Öko-Institut nicht umsetzbar. "Es geht nicht: weder technisch noch marktlich noch rechtlich", sagte der Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik zu den jüngst von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geäußerten Atomenergie-Ideen. Im Strombinnenmarkt der EU werde Strom weder von Regierungen gekauft noch verkauft. Am Donnerstag will Söder in Prag mit dem dortigen Regierungschef Petr Fiala über die Beziehungen beider Länder sprechen - ein Punkt ist dabei die Kernkraft. Söder hatte schon vor seiner Reise angekündigt, eine Allianz eingehen zu wollen: "Wir wollen eine mögliche Nutzung von tschechischer Kernkraft für unseren Strommarkt ausloten, um eine bessere Versorgung zu gewährleisten und das Netz zu stabilisieren – etwa in Form einer privilegierten Stromabnahme." Das große Ziel sei es, die bayerische Stromversorgung auf Dauer besser abzusichern. Matthes: Börse bestimmt Strompreis, nicht politische Absprachen Für Matthes widerspricht ein derartiges Abkommen aber jeglicher Praxis im Energiesektor: "Preise und Mengen werden letztlich an der Strombörse ausgehandelt. Auch die grenzüberschreitenden Leitungskapazitäten werden konsequent marktlich bewirtschaftet", betonte er. Stromlieferungen von Tschechien nach Deutschland seien somit ein Marktergebnis und nicht ein Ergebnis "irgendwelcher politischer Absprachen". Dies sei, so Matthes weiter, auch gut so, weil dadurch die Kosten insgesamt gering blieben. "Im Übrigen würden die europäischen Institutionen etwaige Versuche der in keiner Weise zu Ende gedachten Söder'schen Markteingriffs-Fantasien sofort verbieten", sagte er. Söder hofft auf bayerische Beteiligung an Tschechiens Atomkraft Söder sieht das anders: "Wir spüren, dass Deutschland Energieprobleme hat wegen der hohen Preise und der Verfügbarkeit der Energie", sagte er. Eine Deindustrialisierung und eine Abwanderung der Industrie aus Deutschland müsse verhindert werden. "Der Ausstieg aus der Kernenergie war ein fundamentaler Fehler. Wir werden morgen mit der tschechischen Seite darüber reden." Vielleicht könne sich der Freistaat ja dann "in irgendeiner Form" am Ausbau beteiligen. Söders Hoffnungen sind in jedem Fall groß: "Das wird, glaube ich, sehr konkret werden. Und das, denke ich, tut uns gut, weil bezahlbare und klimafreundliche Energie, das ist die Zukunft." Auch politisch haben Söders Pläne bereits viel Kritik ausgelöst – sie kam etwa von den Grünen, aber auch von Umweltverbänden. Sie alle eint die Sorge, dass im Falle eines Reaktorunfalls auch Bayern massiv betroffen und in der Folge auf unbestimmbare Zeit radioaktiv verseucht wäre.