Die FDP bangt um ihre Existenz. Derweil sucht Parteichef Christian Lindner die Nähe zur Presse und inszeniert sich als Familienmensch in einer krisengeschüttelten Zeit. Am Dienstag stellte die FDP ihre neue Wahlkampagne vor. Alle Plakatmotive für die Neuwahl am 23. Februar hatten eines gemeinsam: Christian Lindner war darauf zu sehen. Trotz des krachenden Ampel-Aus, der Enthüllungen zum "D-Day"-Papier, der Lügen und bröckelnden Glaubwürdigkeit: Die Freien Demokraten halten zu ihrem Parteichef – und bauen um diesen herum eine ganze Kampagne. Wie gefährlich das noch werden kann, lesen Sie hier. Unter den Plakaten ist auch ein Motiv mit der Aufschrift: "Vater Staat ist nicht dein Erziehungsberechtigter". Pünktlich einen Tag später veröffentlicht das Boulevardmagazin "Bunte" ein Interview mit Christian Lindner, dem künftigen Erziehungsberechtigten. Ein Weihnachtsmarkt in Berlin bildet die Szenerie, Lindner schlürft Kaffee, der Titel lautet: "Der Moment, als ich erfuhr, dass ich Vater werde, ist unvergesslich". Der Tenor ist klar: Hier ist nicht nur ein Politiker, sondern auch ein Mensch – der werdende Familienvater Lindner. Zwar sagt der 45-Jährige in dem Gespräch, sein Familienleben privat halten zu wollen. Aber er plaudert dann doch so viel aus, dass ihm Schlagzeilen zu seinem Privatleben sicher sind. Ob Kalkül oder Teil einer zugewandten Gesprächsführung, bleibt sein Geheimnis. Geburtstermin im Wahlkampfendspurt? Dass ihm eine gewisse Nahbarkeit angesichts der desaströsen Umfragewerte hilft, liegt auf der Hand. Das gemeinsame Kind, das er mit seiner Frau Franca Lehfeldt erwartet, soll im Februar auf die Welt kommen. Also genau dann, wenn sich Deutschland im Wahlkampfendspurt befindet. Ihm habe die Nachricht vom Nachwuchs in der Zeit der persönlichen wie politischen Krise sehr geholfen, sagt Lindner in dem Interview: "Familie ist das Wichtigste und hat Priorität. Das baut seelisch auf." Dann fügt er an, wie es für ihn gewesen sei, zu erfahren, dass er erstmals Vater wird: "Unvergesslich", so Lindner. "Das ist in meinem Job nicht vorgesehen" Er verstehe die Neugier, aber "als Politiker, der polarisiert, versuche ich meine Familie zu schützen. Insofern freuen wir uns, wenn uns Menschen beglückwünschen, aber zugleich bitten wir um Privatsphäre", sagt Lindner mit Blick auf den Spagat zwischen Privatem und Politischem. Dies führe auch zu praktischen Fragen, etwa jener, ob Christian Lindner plant, für sein Kind und die Familie Elternzeit zu nehmen. "Das ist in meinem Job nicht vorgesehen", lässt der FDP-Mann wissen und ergänzt: "Aber ich werde mir Freiräume nehmen." Man wolle sich "als Familie gleichberechtigt aufstellen", gibt er zu Protokoll, als er auf die Ungereimtheit angesprochen wird, dass auch Franca Lehfeldt ihre Karriere vorantreiben will, da diese jüngst eine eigene Firma gründete und sich nach ihrer Journalismuskarriere selbstständig machte. Dass es beim Ehepaar Lindner-Lehfeldt auch leidenschaftlich zugehe, gibt der FDP-Parteichef zu. Ob das auch bei dem Thema der gemeinsamen Kindererziehung der Fall ist, sagt er nicht. "Wir diskutieren leidenschaftlich. Franca ist sehr politisch, oft ist sie konservativer als ich", so Lindner. "Während der vergangenen drei Jahre war es schon in meiner Familie und bei meinen Freunden regelmäßig kein Selbstläufer, die Politik der Ampel zu erklären." Dies muss Christian Lindner nun nicht mehr tun. Stattdessen kann er sich voll auf einen Wahlkampf konzentrieren, der eine schwarz-gelbe Koalition zum Ziel hat – und nebenher seiner Rolle als werdender Familienvater gerecht werden.