Ein Neuanfang kann beängstigend sein. Babette hat es trotzdem gewagt. Nach einer Trennung kam sie mit ihrem jetzigen Freund zusammen und ließ ihr Leben in Deutschland hinter sich.
Dieses Stück stammt aus dem stern-Archiv und erschien zuerst im Januar 2024.
Es klingt fast wie eine typische Hollywood-Schnulze: Eine Frau, ein Mann – sie kennen sich seit rund zehn Jahren, aber irgendwie hat es nie geklappt. Sie bleiben lose in Kontakt, bis sie endlich ein Paar werden. Doch diese Geschichte ist nicht erfunden, es ist die Liebesgeschichte der 32-jährigen Babette, die sie hier erzählt:
"Auf dem Papier hatte ich in Deutschland alles: eine schöne Altbauwohnung in Stadtnähe und doch im Grünen, meine Familie um die Ecke und einen sicheren Job als Schulpsychologin. Ich hätte sogar verbeamtet werden können. Materiell war ich gut versorgt, konnte mir schöne Dinge kaufen – aber glücklich war ich nicht. Ich war in einer Beziehung, die mir nicht gutgetan hat. Nach der Trennung bin ich schließlich mit meiner großen Liebe zusammengekommen.
Ich kenne meinen Freund schon seit rund zehn Jahren. Wir haben immer den Kontakt gehalten, doch stets den richtigen Zeitpunkt verpasst, um zusammenzukommen. Und jetzt waren wir beide Singles – vielleicht haben wir auch insgeheim auf diesen Moment gewartet. Mein Freund lebt seit seinem Masterstudium in Kopenhagen, und als wir zusammengekommen sind, haben wir relativ schnell beschlossen, dass wir auch eine Familie gründen wollen. Und ich zu ihm nach Dänemark ziehen würde. Unsere Tochter habe ich noch in Deutschland zur Welt gebracht. In meiner Elternzeit bin ich viel zwischen Deutschland und Dänemark hin- und hergereist. Seit Juni 2023 bin ich jetzt dauerhaft in Kopenhagen und habe diesen Schritt bisher noch nie bereut. Auch wenn ich nie gedacht hätte, dass ich einmal in Dänemark lande.
Ich konnte mir zwar immer vorstellen, im Ausland zu leben, aber war nie der große Skandinavien-Fan. Doch je länger ich hier bin, desto besser gefällt es mir. Die Dän:innen sind lockerer und entspannter als die Deutschen. Hier duzt sich jeder – auch wenn ich beim Finanzamt anrufe. Mit gefällt die Lebensphilosophie Hygge richtig gut: Es sich bei dem ungemütlichen Wetter einfach mit einem Tee zu Hause gemütlich zu machen oder die schönen Cafés in Kopenhagen zu entdecken. Im Sommer wird man belohnt, den Winter durchgehalten zu haben. Die Lebensqualität ist dann einfach super hoch, überall kann man schwimmen gehen und es herrscht eine tolle Atmosphäre in der Stadt.
Mit der Auswanderung nach Kopenhagen bin ich ein Risiko eingegangen. Aber es hat sich für mich angefühlt, wie der Schritt zu meinem großen Glück. Ich habe einfach gemerkt, dass mir Freiheit wesentlich wichtiger ist als Sicherheit. Manch einer würde meinen Schritt, nach Kopenhagen zu gehen, vielleicht als naiv bezeichnen. Ich glaube, dass ich ein Stück weit naiv bin, aber das gehört vielleicht auch dazu, wenn ich mich ins Ungewisse wage: mein Kind allein mit meinem Freund ohne Familie in der Nähe großzuziehen. Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance für uns als Paar – zu wissen, dass wir ein Team sind und es auch zu zweit schaffen. Für den Notfall haben wir aber auch in Dänemark ein Netz aus Freundinnen und Freunden. Natürlich ist es anders, als die Oma vor Ort zu haben.
Am Anfang habe ich mich manchmal in Kopenhagen sehr einsam gefühlt, habe an mein Leben in Deutschland zurückgedacht und mich gefragt, wie ich mich in Dänemark finanzieren kann. Aber nach und nach habe ich mich richtig gut eingewöhnt und arbeite freiberuflich als Psychologin. Es hat mir viel Kraft gegeben, dass ich durch diesen Neuanfang gesehen habe, dass ich eine so große Veränderung in meinem Leben meistern kann. Und es durchaus positiv sein kann, wenn sich das eigene Leben stark verändert. Mir hat der Gedanke bei meiner Auswanderung geholfen, dass ich im Notfall ja auch nach Deutschland zurückgehen und mir dort wieder ein Leben aufbauen könnte.
STERN PAID_Auswanderer Sizilien 15.23
Für die Zukunft in Dänemark möchte ich gerne die Sprache noch besser lernen. Wenn ich in Deutschland bin, merke ich nämlich, dass ich es genieße, in meiner Muttersprache sprechen zu können und Dinge einzubauen, die ich nicht so auf Dänisch ausdrücken könnte. Denn es ist Fluch und Segen zugleich, dass es in Kopenhagen sehr gut klappt, wenn ich nur Englisch spreche, und unsere Familiensprache ist auch Englisch. Doch ich würde gerne mehr verstehen und auch noch mehr Kontakt zu Dän:innen haben. Bisher finde ich es eher schwer, dänische Freundschaften zu knüpfen – habe aber das Gefühl, wenn die Menschen sich hier öffnen, sind sie sehr herzlich."
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