17 Jahre nach dem letzten Duell steigen Stefan Raab und Regina Halmich wieder in den Ring. Die sportlichen Vorzeichen haben sich kaum verändert, alles andere schon. Am Samstagabend wird das Phantom der deutschen Medienlandschaft zurück ins Rampenlicht treten. Knapp ein Jahrzehnt nach seinem TV-Abschied kehrt Stefan Raab zurück – und zwar nicht ins Studio seiner Erfolgssendung "TV Total", sondern in den Boxring. Im Düsseldorfer PSD Bank Dome stellt er sich seiner aus beruflicher Sicht größten Angst: Regina Halmich. Nach zwei Niederlagen 2001 und 2007 – inklusive Nasenbruch – trifft der mittlerweile 57-jährige Entertainer zum dritten Mal in einem Showkampf auf die beste deutsche Boxerin der Geschichte (ab 20.15 Uhr im Liveticker von t-online). Der übertragende Sender RTL vermarktete das Duell mindestens so spektakulär wie einen WM-Kampf im Schwergewicht und stilisiert es zum "Final Fight" hoch. Das Publikum nimmt das Ballyhoo dankend an: Die 14.000 Tickets waren in kürzester Zeit ausverkauft; seitdem Raab den Kampf Anfang April via Instagram erstmals publik machte, erhielten seine fünf Posts dort über zwei Millionen Likes – inklusive Fatsuit-Auftritt mit Doppelkinn. Wie bei Raabs vergangenen beiden Auftritten gegen Halmich, als der Entertainer unter anderem mit einem Panzer zum Boxring fuhr und sich selbst als "Killerplauze" inszenierte, sind dem Klamauklevel kaum Grenzen gesetzt. Dennoch sagt die 47-jährige Halmich: "Das wird keine Spaßveranstaltung. Wir sind beide bereit, Vollgas zu geben, sind beide verbissene Gewinnertypen. Ich denke auch, dass es noch an ihm nagt, dass er zweimal gegen eine Frau verloren hat. Das macht ihn gefährlich." Halmich ist seit 2007 nicht mehr Profiboxerin Diese Aussagen darf das Publikum getrost mit seinem Augenzwinkern nehmen. Denn trotz 22 Zentimeter Größen- und geschätzten 30 Kilogramm Gewichtsunterschieds, gilt die 1,60 Meter große Halmich gegen Raab als klar favorisiert. Auch, wenn der letzte ihrer 56-Profikämpfe bereits 17 Jahre zurückliegt. "Es wird bestimmt sehr lustig und unterhaltsam, aber Stefan ist für mich völlig chancenlos", verriet René Hiepen t-online. Der ehemalige Boxmoderator und -kommentator begleitete die Kämpfe von Halmich über viele Jahre im ZDF und kennt auch Raab seit über drei Jahrzehnten. Hiepen moderierte zahlreiche Events des Entertainers und nahm auch selbst daran teil. "Stefan ist sehr ehrgeizig, aber Regina natürlich in allen Belangen – technisch, körperlich und von der Schnelligkeit her – deutlich unterlegen", erklärte der Boxkenner und ergänzte: "Es wird für ihn sehr schmerzhaft werden und er wird sicher ein paar blaue Flecke und Schwellungen davontragen." Raabs aktuelle Form als großes Rätsel Ähnlich sieht es Sven Ottke . "Ich weiß nicht, inwieweit sich Stefan Raab vorbereitet hat. Wenn er genauso Micky-Maus-mäßig rumläuft, wie beim letzten Mal, dann kriegt der von Regina wieder auf den Arsch", sagte der ehemalige Berliner Supermittelgewichtsweltmeister t-online in seiner direkten Berliner Art. Allerdings gab Ottke auch zu bedenken, dass niemand so richtig wisse, wie sich Raab vorbereitet und was er in den vergangenen zehn Jahren gemacht habe . Diesen Punkt nahm Halmich zuletzt ebenfalls auf. "Ich habe seit Monaten nichts mehr von Raab gehört, bin in nichts eingebunden. Ich boxe gegen ein Phantom und bin stocksauer auf Raab Entertainment", ließ sie ihrem vermeintlichen Frust darüber in einem Gespräch mit der "Bild" freien Lauf. Denn bis auf die erwähnten Videos auf seinem Instagram-Profil gibt es von Raab bisher keine Infos. Wie fit ist er mit fast 60 Jahren noch? Kommt er erneut mit leichtem Bauchansatz in den Ring? Oder zeigt sich der neben Harald Schmidt und Thomas Gottschalk wohl bekannteste deutsche Entertainer der vergangenen zwei Jahrzehnte – wie von Halmich erwartet – mit einem Sixpack? Zumindest bei letzter Frage ist sich der ehemalige Boxkommentator Hiepen komplett sicher: "Stefan wird nicht – dank der OP von Bully Herbig – als Men’s-Health-Covermodel einlaufen", sagte er mit einem Lachen und spielt damit auf eines der klamaukigen Instagram-Videos an, in dem Comedian-Kollege Herbig Raab als vermeintlicher Schönheitschirurg ein paar Jahrzehnte jünger macht: "Er hatte, glaube ich, noch nie in seinem Leben ein Sixpack und den wird er auch am Samstagabend nicht haben. Er wird sicherlich in Form sein und trainiert haben – aber im Rahmen seiner körperlichen Möglichkeiten." Helfen soll Raab dabei angeblich der Kölner Boxer Nelvie Tiafack. Das berichtete zumindest die "Bild". Tiafack kommt wie Raab aus Köln, holte bei den Olympischen Spielen vor wenigen Wochen überraschend Bronze im Superschwergewicht und wird bald ins Profilager wechseln. Er gilt als einer der Hoffnungsträger des Berufsboxens in Deutschland. Denn seit den großen Zeiten mit Henry Maske, den Klitschkos oder eben Ottke, ist die Aufmerksamkeit für professionelle Faustkämpfe kontinuierlich zurückgegangen. Deutscher Olympia-Held in Paris: "Habe denen den Arsch gerettet" Kein Wunder, dass die 82-jährige Trainer-Legende Ulli Wegner hofft, dass "dieser Gaudi-Kampf auch ein wenig Aufmerksamkeit für unseren Boxsport bringt. Denn da waren wir vor zwanzig Jahren schon einmal viel weiter." Ottke glaubt nicht an erhöhte Aufmerksamkeit Ex-Profi Ottke teilt die Einschätzung seines langjährigen Coaches nicht ganz. "Die Nummer wird den Boxsport in Deutschland bestimmt nicht nach vorne bringen", kritisierte der Berliner, der in all seinen 34 Profikämpfen unbesiegt blieb. Ottke hat mit dem medialen Wirbel um das Duell zwischen Halmich und Raab so seine Probleme. "Wenn ich ehrlich bin, ist es nicht ganz meine Veranstaltung. Wenn so etwas als Kampf des Jahres betitelt wird, dann tut’s mir leid. Natürlich machen die Medien, gerade RTL, eine Riesennummer daraus, weil die ja Einschaltquoten erzielen wollen, aber für mich ist das schwierig", fügte Ottke an. Sein Urteil: "Das ist eine Showveranstaltung, die mit Boxen nichts zu tun hat."
