Nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen gibt es eine Debatte um Abschiebungen und die Eindämmung illegaler Migration. Aus Sicht von Thüringer Opferberatern ist das gefährlich.
Nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen sind Forderungen nach mehr Abschiebungen aus Sicht der Opferberatungsstelle ezra nicht zielführend. "Statt über dringend notwendige Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung des Islamismus zu sprechen, wird eine rassistische Scheindebatte geführt, die die Feindbildmarkierung gegenüber Geflüchteten weiter verstärkt", sagte Projektleiter Franz Zobel. Der Schritt zu rassistischen Angriffen oder gar pogromartigen Ausschreitungen sei dann nicht mehr weit.
In Thüringen erfasste die Beratungsstelle für das Jahr 2023 die meisten rassistischen Gewalttaten und Bedrohungen seit Beginn des Monitorings im Jahr 2011. Inklusive Nachmeldungen wurden 106 Fälle erfasst. Insgesamt zählten die Opferberater 176 rechte Bedrohungen und Gewalttaten und damit die zweithöchste Zahl seit 2011.
Furcht vor Eskalation nach Landtagswahl
Es gebe zunehmend Rückhalt für rechte Gewalt in der Bevölkerung, so Zobel. Das gehe einher mit hohen Zustimmungswerten für die Thüringer AfD. "Wir befürchten eine weitere Eskalation in diesem Jahr, die nach den Landtagswahlen eine neue Stufe erreichen könnte. Immer mehr Menschen in Thüringen könnten davon betroffen sein, wobei es schon ausreicht, dass man einfach nicht rechts ist."
Beim mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen hatte ein Angreifer am Freitagabend auf einem Stadtfest drei Menschen erstochen und acht weitere verletzt. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, sitzt in Untersuchungshaft.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Mordes und Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat. Diese hatte die Tat für sich reklamiert und ein Video eines Maskierten veröffentlicht, bei dem es sich um den Täter handeln soll. Er hätte eigentlich im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte.
Seit Tagen wird in Deutschland über strengere Regeln für Migration und einen härteren Umgang mit Geflüchteten debattiert. In Thüringen hatte etwa CDU-Chef Mario Voigt eigene Abschiebehaftplätze und ein Rückführungszentrum gefordert.