Von David Narmanija
Vergangene Nacht wurde in den Newsfeeds der Telegram-Kanäle ein Thema behandelt, das genau diese Kanäle – und leider nicht nur sie – unmittelbar betrifft. Am Pariser Flughafen Le Bourget wurde der Gründer des Messengers, Pawel Durow, von französischen Sicherheitsdiensten festgenommen.
Lokalen Medienberichten zufolge werden ihm alle denkbaren und undenkbaren Verbrechen – von Terrorismus und Massenmord bis zu Drogenhandel und Pädophilie – vorgeworfen. Es wird erklärt, dass all diese Probleme den Franzosen "überhaupt nur in den Schoß gelegt wurden", weil Durow sich weigerte, mit den örtlichen Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten, und somit ein Mittäter bei all diesen Verbrechen war. Ihm drohen nun bis zu 20 Jahre Freiheitsstrafe.
Besonders pikant sind die Details seiner Verhaftung: Medienberichten zufolge wurde Durow nur wenige Minuten vor der Landung seines Privatjets in Le Bourget zur Fahndung ausgeschrieben, und es wurde sofort ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Das Flugzeug kam aus Aserbaidschan, wo sich der Telegram-Gründer nach Medienberichten mit Putin hätte treffen können, aber das Treffen fand nicht statt.
Durow soll als französischer Staatsbürger vor Gericht gestellt werden – er bekam seinen französischen Pass im Jahr 2021. Aus diesem Grund ist seine Auslieferung oder sein Austausch rechtlich äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich.
Gleichzeitig erklärte Telegram, dass es auf eine solche Situationsentwicklung vorbereitet sei und einen Handlungsalgorithmus für den Fall der Verhaftung des Unternehmensgründers festgelegt habe. Dieser wurde inzwischen in die Tat umgesetzt. Es ist nicht klar, wie detailliert dieser Plan ist und wie lange er autonom funktionieren kann.
Klar ist jedoch, dass es jetzt einen "russischen Assange" auf der Welt gibt. Seine Verhaftung selbst, die Art und Weise, wie sie durchgeführt wurde, und die gegen Durow erhobenen Vorwürfe lassen das Lieblingsmantra des Westens über die Meinungsfreiheit in der Luft zerplatzen. Alle anderen Messenger und sozialen Netzwerke werden fast vollständig von den USA und Europa kontrolliert und ebenso gründlich zensiert.
Durow kann kaum als russischer Patriot bezeichnet werden. Aber in den Augen seiner Ankläger macht ihn das noch schuldiger. Er erzeugte, so weit wie möglich, eine neutrale Plattform, auf der die Glaubwürdigkeit von Argumenten und Arbeit abhing. Und genau auf dieser Plattform schlugen die russischen Medien ihre westlichen Gegner nieder. Auf gleicher Augenhöhe. Und das ist natürlich für niemanden verzeihlich. Schon gar nicht für einen Russen. Vor allem nicht, wenn er auf westlichen Märkten aktiv zu werden beginnt.
Die Verhaftung von Durow erfolgte gerade deshalb, weil er der letzte derjenigen war, die diese – bereits vergangene – Ära des freien Internets bewahrte. Gerade wegen seines Erfolges wird er vor Gericht gestellt. Er entwickelte etwas, das wirklich gebraucht wurde. Ein Produkt, das nicht aufgrund der Bemühungen von Regierungen an Popularität gewinnt – wie seine Meta-Konkurrenten – sondern trotz dieser. Ein Produkt, das wirklich alle Voraussetzungen für einen freien Wettbewerb schaffte. Und jetzt stellt der Westen seine Ohnmacht unter Beweis. Er kann diesem freien Wettbewerb nicht standhalten – trotz seines enormen Vorsprungs an Ressourcen.
Nun ist es interessant zu beobachten, wie sich die selbst ernannten Hüter der Demokratie verhalten werden, die Telegram so eifrig verteidigten, als diese Anwendung in Russland ausgebremst wurde. Es gibt keine Hoffnung, dass sie plötzlich die für sie so wertvollen Ideale der Freiheit eifrig verteidigen werden. Dieses Interesse ist rein anthropologischer Natur – wer und wie werden sie "umschwenken" und über all die Bedrohungen sprechen, die dieser Messenger birgt. Wie oft werden sie jetzt das "Ministerium für Wahrheit" aus Orwells bereits ermüdend wirkender Dystopie erwähnen?
Und natürlich lässt sich aus dieser ganzen Geschichte noch eine weitere Schlussfolgerung ziehen, auch wenn es sich dabei eher um die Bestätigung einer Tatsache handelt, die allen schon lange bekannt ist – der Eiserne Vorhang senkt sich wieder über Europa. Und auf dieser Seite des Eisernen Vorhangs sind die Russen nicht willkommen. Keine. Auch keine neutralen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 25. August 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen.
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