Tobias Topíc, bekannt als DJ Topíc, hat während des Anschlags in Solingen aufgelegt. Im stern-Interview erzählt er, wie er die Tat erlebt hat.
Herr Topíc, Sie haben Musik gemacht als Ihr Auftritt durch das Attentat abrupt unterbrochen wurde. Wie haben sie die Minuten erlebt?
Erst einmal habe ich weitergespielt, damit keine Massenpanik ausbricht. Einer der Veranstalter kam auf die Bühne und hat mir von einem Zwischenfall erzählt. Ich habe erst einmal gar nicht an einen Anschlag gedacht, sondern an eine Prügelei unter Jugendlichen, die ausgeartet ist. Nicht, dass das weniger schlimm wäre, wenn es da dann Verletzte gibt, aber sowas hat man natürlich schon häufiger mal mitbekommen. Dass es dann ein Anschlag war, bei dem unschuldigen Zivilisten in den Hals gestochen wurde, habe ich erst später erfahren.
Wie hat es sich angefühlt trotz eines Zwischenfalls erst einmal minutenlang weiterzumachen?
Natürlich war es sehr komisch, mit guter Stimmung weiterzumachen und so zu tun, als wäre nichts passiert. Aber es waren wirklich viele Leute vor der Bühne, da war es selbstverständlich für mich, dass ich weiterspiele. Eine Massenpanik wäre noch viel schlimmer gewesen.
Solingen Promi Reaktionen 16:02
Wie war die Stimmung in der Menge, als Sie weitergespielt haben?
Weiterhin sehr gut. Die Stimmung war eine der besten, die ich in Deutschland bei einer Show jemals erlebt habe. Von ganz klein bis ganz alt gingen alle total ab. Es ist unglaublich traurig, dass es so enden musste.
Konnten Sie von der Bühne aus etwas vom Attentat sehen?
Nein, zum Glück nicht. Der Angriff ist an einer anderen Bühne, vielleicht 300 oder 400 Meter entfernt von meiner passiert.
Man hat Ihnen dann die Musik ausgestellt.
Ja, einer der Veranstalter kam auf die Bühne und hat sehr ruhig und sachlich erklärt, was passiert ist. Zum Glück ist keine Panik ausgebrochen.
Sie sind anschließend vom Fest geflüchtet und haben sich mit anderen Menschen in einem Geschäft versteckt. Wie lange mussten Sie dort ausharren und wir war die Stimmung?
Die Stimmung wurde immer schlimmer. Uns wurde ja dann bewusst, dass es ein Anschlag war und der Täter noch auf freiem Fuß ist. Wir lasen die ersten Berichte, dass der Täter gezielt auf den Hals der Zivilisten eingestochen hat. Es waren auch mehrere Kinder bei uns. Zum Glück konnten wir schnell Shuttles organisieren, die uns nach Hause gefahren haben.
Bei Ihren Eltern zuhause war dann aber auch nicht an Ruhe zu denken, Hubschrauber kreisten am Himmel.
Das hat sich vollkommen unreal angefühlt. Sowas habe ich in den USA schon mal erlebt, aber hier in Solingen, unglaublich.
Wie geht es Ihren Verwandten und Freunden, die auch auf dem Fest gewesen sind?
Alle stehen unter Schock, aber zum Glück ist niemandem etwas passiert. Meine Gedanken sind natürlich bei allen Opfern und allen, die das mit ansehen mussten.
Sie sind international bekannt und touren um die ganze Welt. Wie kam es dazu, dass Sie in ihrer bei der 650-Jahr-Feier ihrer Heimatstadt aufgelegt haben?
Ich hatte schon zwei Shows in der Vergangenheit mit dem bergischen Orchester gespielt und das lief immer super gut. Elektronische Musik mit Orchestermusik hat einen ganz besonderen Vibe. Da hat es mich dann total gefreut, dass wir das auf der 650-Jahr-Feier wiederholen konnten.
Was ist Solingen für eine Stadt?
Dass in Solingen immer mal was passiert, ist nichts Neues. Auch Messerstechereien gab es über die Jahre immer mal wieder. Aber das war dann unter Clans oder Gangs.