Die Apfelernte in Hessen fällt wohl sehr unterschiedlich aus. Das macht auch den Keltereien zu schaffen. Zugleich setzen sie auf neue Trends beim traditionellen Apfelwein.
Die durchwachsene Prognose für die diesjährige Apfel-Ernte in Hessen stellt Keltereien vor Herausforderungen. Es werde eine deutlich reduzierte Ernte erwartet, sagte Ralf Walther, Vorstandsmitglied im Verband der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaft-Keltereien. "Für die Produktion ist es schwierig, die Äpfel zusammenzubekommen, die man für ein Jahr braucht." Die Früchte müssten womöglich aus anderen Regionen bezogen werden. "Das heißt, wir müssen tiefer in die Tasche greifen."
Dabei würden den Betrieben die ohnehin schon gestiegenen Kosten für Energie oder Rohware zu schaffen machen. Zugleich fehle bei Kunden oftmals die Bereitschaft, mehr Geld auszugeben. "Sie wollen Gold haben, aber nur Blei bezahlen."
Frost ist Hauptproblem für Ernte
In Hessen hat die Ernte der frühen Apfelsorten bereits begonnen und zieht sich generell bis in den Herbst. "Der Ausblick ist durchwachsen, weil die Ernte komplett unterschiedlich sein wird", sagt Agrarwissenschaftlerin Esther Wernien vom hessischen Bauernverband. Das Entscheidende sei, ob man Frost abbekommen habe oder nicht. "Manche Betriebe werden eine recht normale Ernte haben, bei anderen kann der Frost zum Totalausfall führen."
Das Hauptproblem sei der späte Frost Ende April gewesen mit Temperaturen von bis zu minus sieben Grad. "Dieser hat einigen Beständen den Garaus gemacht." Für die Bauern habe eine große Rolle gespielt, in welchen Lagen ihre Bäume stehen und ob die eisigen Temperaturen abgewehrt werden konnte. "Teilweise kann die Ernte schon innerhalb einer Gemeinde unterschiedlich ausfallen", sagt Wernien. Einen Unterschied mache etwa, ob die Bäume in Senken mit einem kühleren Mikroklima stehen oder weiter oberhalb.
In den leichten Senken habe es große Schäden gegeben, "teils hängt dort kaum ein Apfel am Baum". Zudem sei es nicht überall möglich, den Frost abzuwehren. Solche Schutzmaßnahmen erfolgen üblicherweise laut Bauernverband über eine künstliche Beregnung. Dabei soll die entstandene Eisschicht die entstehenden Früchte schützen.
Alkoholfreier Apfelwein im Trend
In Frankfurt beginnt derweil am Wochenende das zehntägige Apfelwein-Festival zu dem um die 100.000 Besucher erwartet werden. "Apfelwein entwickelt sich seit Jahren zum hippen Getränk", sagt Thomas Feda, Chef der veranstaltenden Frankfurt Tourismus + Congress GmbH. Eine Kelterei aus dem Odenwald hat sogar beim Heavy-Metal-Festival in Wacken Apfelwein in eigens dafür kreierten Dosen verkauft.
Gerade Mixgeränke seien sehr erfolgreich, sagte Feda. Ähnlich sieht es Kelterer Walther: "Es werde viel experimentiert." So gebe es bereits Mischungen mit Cola, Kirsch oder Johannisbeere. Und: "Alkoholfreier Apfelwein ist stark im Trend." Vielen Menschen sei gerade im Sommer die herkömmliche Apfelschorle zu süß. Sie würden dann eine saure alkoholfreie Apfelweinschorle bevorzugen.
Zum Kelterei-Verband gehören 34 Betriebe. Sie produzierten 2023 rund 12 Millionen Liter Apfelsaft und 35 Millionen Liter Apfelwein, etwa so viel wie im Vorjahr. Der Fachkräftemangel mache auch vor diesen Betrieben nicht halt, sagte Walther, dessen Kelterei in Bruchköbel (Main-Kinzig-Kreis) liegt. So sei es schwierig, Nachwuchs zu finden, auch weil der Beruf gar nicht so bekannt sei.
Apfelbäume machen Hälfte der Obstanbaufläche in Hessen aus
Nach Angaben des Statistischen Landesamts aus dem Jahr 2022 ist die Hälfte der Obstanbaufläche in Hessen mit Apfelbäumen bepflanzt. Der diesjährige Frost ist nach Einschätzung von Wernien kein regionales Problem. Vor allem in Osteuropa und auch in Ostdeutschland habe man zu kämpfen. "Da sind wir hessenweit verhältnismäßig glimpflich davongekommen." Und was ist mit der Produktion von Apfelwein? Oftmals komme Apfelwein von Streuobstwiesen, sagt die Wissenschaftlerin. Dort könne eher keine Frostberegnung gemacht werden. "Insofern haben sie tendenziell auch große Ausfälle."