Nach den Attentaten auf Hamas- und Hisbollah-Führer in Teheran und Beirut droht der Region ein großer Krieg. Iran und seine Verbündeten sinnen auf Rache. Israel und seine Alliierten wappnen sich zu Abwehr und Gegenschlag. Wer will was?
Wohl nie in den vergangenen Jahrzehnten stand der Nahe Osten so nah am Rand am eines großen Kriegs wie jetzt. Nach zwei tödlichen Attentaten in Beirut in Teheran binnen weniger als 24 Stunden, die beide Israel zugeschrieben werden, drohen Iran und seine schlagkräftigen Verbündeten mit Vergeltung, allen voran die Hisbollah im Libanon.
Bei den Angriffen in der Montagnacht der vergangenen Wochen starben Ismail Hanijeh, Chef des Politbüros der Hamas mit Sitz in Katars Haupstadt Doha, und Fuad Schukr, der zweite Mann in der Hierachie der Hisbollah. Während sich Israel zu dem Angriff auf Schukr im Süden Beiruts bekannt hat, hüllt sich die Führung in Jerusalem zum Angriff in Teheran offiziell in Schweigen. Klar aber ist: Hanijeh stand auf Israels Abschussliste. Obwohl er auf Seiten der Hamas die zentrale Figur in den seit Monaten laufenden Verhandlungen um eine Freilassung der israelischen Geiseln und einen Waffenstillstand im Gazastreifen war.
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Dass Hanijeh während eines offiziellen Staatsbesuchs zur Amtseinführung des neuen iranischen Präsidenten Massud Pezeshkian und in Obhut seiner iranischen Gastgeber getötet wurde, ist eine Schmach für die Führung der Islamischen Republik. Nach einem ähnlichen Angriff Israels auf hochrangige iranische Milizionäre in Syriens Hauptstadt in Damaskus im April hatte der Iran über 300 Drohnen, Marschflugkörper und Raketen auf Ziele in Israel abgefeuert. Damals hatte Irans Führung den Vergeltungssschlag so gestaltet, dass man einerseits Gesicht wahren konnte, andererseits aber die allermeisten Geschosse abgefangen werden konnten. Diesmal rechnen Experten mit einem größeren Angriff über mehrere Fronten: Aus Iran, aus dem Libanon, aber auch von pro-iranischen Milizen im Irak, in Syrien und im Jemen. Und dem Risiko weiterer Eskalation durch einen israelischen Gegenschlag.
Die libanesische Hisbollah, die jemenitischen Houthis und eine Reihe weiterer Milizen gehören zur vom Iran geführten, sogenannten "Achse des Widerstands" gegen Israel. Der Emir von Katar versucht zwischen Hamas und Israel zu vermitteln, gibt Millionen für Notleidende in Gaza – und beherbergt die Auslandsführung der Hamas. Der Iran und Saudi-Arabien waren jahrzehntelang Erzfeinde, haben sich zuletzt aber angenähert.
Sehen Sie in der Fotostrecke, wer in der Region und darüber hinaus an Israels Seite steht, wer den Staat bekämpft, wer sich wem annähert und wer welche Interessen verfolgt.