Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI) haben im Jahr 2021 bereits frühzeitig der Darstellung des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn und anderer führender Politiker aus Regierung und Opposition widersprochen, dass es eine "Pandemie der Ungeimpften" gebe.
Das geht aus den Protokollen des RKI-Krisenstabs hervor, die von der Berliner Journalistin Aya Velázquez am Dienstag veröffentlicht wurden. Velázquez hatte die brisanten Unterlagen zuvor von einem Whistleblower aus dem Institut erhalten.
Spahn hatte Anfang September 2021 begonnen, ohne jede sachliche Grundlage vor einer angeblichen "Pandemie der Ungeimpften" zu warnen. In diesen Wochen nahm eine massive politisch-mediale Kampagne ihren Lauf, in deren Zuge Ungeimpfte verunglimpft und bedrängt wurden. Am 3. November 2021 erklärte der gelernte Bankkaufmann Spahn:
"Wir erleben gerade vor allem eine Pandemie der Ungeimpften – und die ist massiv."
Die Hetze gegen Ungeimpfte während der Coronapandemie – ein Rückblick: pic.twitter.com/tzPv4FFt16
— Sahra Wagenknecht (@SWagenknecht) July 25, 2024
Aus den veröffentlichten, ungeschwärzten Unterlagen geht nun hervor, dass die RKI-Experten diese Einschätzung nicht teilten. Am 5. November hieß es in einem RKI-Protokoll unter der Kategorie "Wissenschaftskommunikation":
"In den Medien wird von einer Pandemie der Ungeimpften gesprochen. Aus fachlicher Sicht nicht korrekt, Gesamtbevölkerung trägt bei. Soll das in Kommunikation aufgegriffen werden?"
Der Einwand kam laut Protokoll von Walter Haas, dem Leiter des Fachgebiets "Respiratorisch übertragbare Erkrankungen". Der Leiter des Fachgebiets "Impfprävention" Ole Wichmann entgegnete, dass die Formulierung als Appell an alle Ungeimpften diene, sich impfen zu lassen. Und weiter:
"Sagt Minister bei jeder Pressekonferenz, vermutlich bewusst, kann eher nicht korrigiert werden."
Die Protokolle enthalten zahlreiche weitere Belege dafür, dass die Politik seinerzeit nicht der Wissenschaft folgte, wie immer behauptet wurde, sondern sich die Experten politischen Vorgaben zu beugen hatten. So war den RKI-Vertretern sehr wohl frühzeitig bewusst, dass das Tragen von FFP2-Masken außerhalb des Arbeitsschutzes sinnlos ist, dass ungezielte Testungen zweifelhaft sind und "die Wirkung der Impfung eher überschätzt wird."
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