Richter und Staatsanwälte, Gerichtsvollzieher und Wachtmeister sehen sich teils häufiger verbalen Angriffen ausgesetzt. Wie reagieren das Land Sachsen-Anhalt und die Beamten darauf?
Beleidigungen, Bedrohungen und verbale Entgleisungen gegen Beschäftigte der Justiz in Sachsen-Anhalt haben in einigen Bereichen zugenommen. Tätliche Übergriffe bilden aber weiterhin die Ausnahme im Land, wie das Justizministerium in Magdeburg auf Nachfrage mitteilte. "Bedienstete der Justiz Sachsen-Anhalt berichten, dass sich der Umgangston insbesondere im Rahmen der Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern teilweise verändert hat." Unter anderem werde die allgemeine Stimmung durchaus häufiger als gereizt beschrieben. Eine Statistik gibt es laut dem Ministerium nicht.
"Die Bediensteten der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt sind dafür sensibilisiert und geschult", erklärte ein Ministeriumssprecher. "Die entsprechenden Informationen und Schulungsmöglichkeiten werden den Bediensteten der Justiz landesweit angeboten."
Diffamierungen und Einschüchterungsversuche
Laut Ministerium ist etwa bekannt, dass regelmäßig unter anderem Reichsbürger, Selbstverwalter und Corona-Leugner Diffamierungen äußern und Einschüchterungsversuche – auch in schriftlicher Form – unternehmen. Das betreffe vermehrt Fälle, in denen ihnen die Entscheidungen nicht passten. "Wir wissen auch, dass zum Beispiel Reichsbürger und Selbstverwalter dazu neigen, in zum Teil umfangreichen Schriftsätzen an die Justiz Forderungen geltend zu machen, welche in der Regel schriftlich zurückgewiesen werden." Zuletzt habe es im Zusammenhang mit öffentlichkeitswirksamen Verfahren einen wellenartigen Eingang von E-Mails und Schreiben mit teilweise diffamierenden Äußerungen gegeben.
Das Ministerium nannte auch Einzelbeispiele aus der jüngsten Vergangenheit. In einem Landgericht in Sachsen-Anhalt habe ein Angeklagter beim Verlassen des Sitzungssaales einen Polizisten beleidigt. In einem anderen Landgericht des Landes sei eine Richterin durch einen Reichsbürger schriftlich bedroht worden, nachdem im Prozesskostenhilfeverfahren eine Entscheidung ergangen war.
Hausverbote bei der Staatsanwaltschaft
Durch eine Staatsanwaltschaft wurden seit 2023 bis heute insgesamt acht Hausverbote für die Räumlichkeiten der entsprechenden Staatsanwaltschaft ausgesprochen, nachdem Anzeigeerstatter oder Beschuldigte bei der Vorsprache aggressiv aufgetreten waren.
Gerichtsvollzieher, die etwa Haftbefehle oder Räumungen vollstrecken, stellen ebenfalls einen schärferen Ton fest. "Wir finden, dass es sich deutlich verändert hat", sagte Obergerichtsvollzieherin Daniela Merke aus Köthen. Sie ist die Vorsitzende des Verbands der Gerichtsvollzieher im Land. Allein im Juni habe es zwei tätliche Angriffe auf Kollegen gegeben, beide völlig unerwartet. In einem Fall erlitt der Gerichtsvollzieher sogar eine Platzwunde. Die Lunte sei bei den Leuten schlichtweg kürzer geworden. Auch psychische Erkrankungen und daraus resultierende unerwartete Aggression spiele zunehmend eine Rolle.
Gerichtsvollzieher arbeiten stärker mit der Polizei zusammen
Den Gerichtsvollziehern hilft da die Zusammenarbeit mit der Polizei. Sie können abfragen, ob die Menschen, zu denen sie rausfahren, schon strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Oft böten die Beamten von sich aus an, mitzukommen, sagte Merke. Manchmal sorge das für Eindruck - aber eben doch nicht immer. Positiv hob die Obergerichtsvollzieherin hervor, dass in Sachsen-Anhalt alle Gerichtsvollzieher mit hochwertigen und gut zu tragenden Schutzwesten ausgestattet seien. "Darum bitten Gerichtsvollzieher in manchen anderen Bundesländern noch."